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Das alte Kind

Das alte Kind

Titel: Das alte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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geriet Ben in der Küche in eine Diskussion zwischen zwei Fotokünstlern und einem älteren Herrn, der eine kleine Galerie in Stockbridge hatte. Nicht, dass Ben Ahnung von Kunst gehabt hätte, aber irgendwie hatten sie ihn zum Schiedsrichter auserkoren, und nach dem fünften Bier schwirrte sein Kopf nicht mehr ganz so schlimm von den Ausflügen seiner neuen Freunde in die Ikonographie, denen er nicht folgen konnte. Unter anderem, weil er noch nie etwas von Erwin Panofsky gehört hatte. Das Künstlerpärchen und der Galerist sahen sich daraufhin bemüßigt, ihn umfassend über Panofsky aufzuklären, was dazu führte, dass sie sich mehr oder weniger zusammenrotteten und endlich über eine gemeinsame Ausstellung nachdachten. Mission erfüllt, dachte Ben, suchte das Bad und musste warten.
    Er überlegte, ob er zurück in die Küche gehen und sich noch ein Bier holen sollte, aber die Fotokünstler und der Galerist standen direkt vorm Kühlschrank, also wartete er, starrte auf seine Schuhspitzen, starrte an die Stuckdecke, fragte sich, ob Marcus und Mòrag gerade in einem der Schlafzimmer Sex hatten, als sich die Badezimmertür öffnete und die Frau vor ihm stand, die er von der Straße aus am Fenster gesehen hatte. Sie sah Mòrag auf den ersten Blick sehr ähnlich. Aber an ihr stimmte alles, was an Mòrag gestört hatte. Er verstand: Diese Frau war das Original, von dem Mòrag die Fälschung gab.
    Er musste sie lange angestarrt haben. Sie lächelte, nicht aufreizend, nicht verführerisch, eher müde. »Fiona«, sagte sie. »Ich wohne auch hier.«
    »Ben«, sagte er, und das Gefühl, das der Moment der Illusion in ihm ausgelöst hatte, kam mit voller Wucht zurück.
    »Du kennst Mòrag?«, fragte sie ihn.
    Er schüttelte den Kopf. »Eben zum ersten Mal gesehen.«
    Sie hob die Augenbrauen. »Ach, ein gatecrasher bist du?«
    »Oh. Nein. Mein Freund Marcus, er kennt Mòrag.«
    Fiona legte den Kopf schief. »Und wo ist Marcus jetzt?«
    Ben hob die Schultern. »Er unterhält sich mit Mòrag«, improvisierte er.
    »Ist Marcus der Typ von der Zeitung?«
    Ben nickte.
    »Dann vögelt sie ihn wahrscheinlich gerade. Sie hat mich die ganze Woche wegen ihm genervt.« Irgendetwas veränderte sich in ihr, aber er konnte nicht sagen, was es war. Sie war wohl kaum eifersüchtig auf Mòrag, die so offensichtlich ihre Freundin nur nachahmte. Warum tat sie das wohl? Er würde mehr über Fiona erfahren müssen, um das herauszubekommen. Er würde auch mehr über Fiona erfahren wollen. Er würde diesen Moment des Zaubers zwischen ihnen wiederholen wollen. Auch wenn der Zauber wohl nur einseitig war.
    »Das Bad wäre dann frei«, sagte Fiona und trat zur Seite, um ihn durchzulassen.
    Er spürte, wie ihre Hand die seine streifte, als er an ihr vorbeiging. Und als er im Bad war, glaubte er, ein Brennen auf der Haut zu spüren.
    Er hatte zu viel getrunken. Obwohl, fünf Bier brachten ihn normalerweise nicht in einen solchen Zustand der offensichtlichen geistigen Umnachtung. Aber seine Hand schien noch immer zu brennen. Er ließ kaltes Wasser drüberlaufen, es hörte nicht auf. Vielleicht hatten sie ihm etwas ins Bier gekippt. Man konnte nie wissen, bei den ganzen Filmnasen und Kunsttypen, die hier herumhingen…Fiona war wahrscheinlich auch eine von ihnen…Vielleicht war sie gar nicht echt…Nur eine Illusion…Ben schüttelte sich, schloss fest die Augen, um sich zu konzentrieren. Es gelang ihm nicht. Jemand hatte ihm etwas ins Bier gekippt, was sonst.
    Als er das Bad verließ, brannte sein Arm bis hoch zur Schulter. Es war Zeit zu gehen. Marcus würde ihn nicht vermissen. Die Fotografen auch nicht, sie knutschten gerade miteinander in der Garderobe, und der Galerist schielte heimlich zu ihnen rüber, während er vorgab, sich mit einer anorektischen Frau um die vierzig zu unterhalten. Die Musik hatte von Sonic Youth zu den Einstürzenden Neubauten gewechselt, während er im Bad gewesen war. Er sah sich nach Fiona um, konnte sie aber nirgendwo entdecken. Holte sich noch ein Bier, trank es viel zu schnell aus, und mit dem letzten Schluck – wer zum Henker hatte die Musik zusammengestellt? – holperte »Feurio« über in Belle and Sebastians »Get Me Away From Here, I’m Dying«. So schlimm ist es auch nicht, dachte Ben. Aber er nahm den Songtext als Stichwort und verließ die Wohnung.
    Es war drei Uhr. Ein Taxi wollte er sich nicht leisten, und für Marcus’ Wagen hatte er keinen Schlüssel, außerdem war er weit über dem Limit. Er könnte zu

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