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Das alte Kind

Das alte Kind

Titel: Das alte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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nicht liebt. Er kann leider erst etwas mit Menschen anfangen, wenn er sich mit ihnen unterhalten kann.« Sie suchte nach einer Reaktion, nach etwas in seinen Augen, das ihr verriet, was er dachte. Aber er hatte seinen Blick gesenkt. »Das geht vielen Männern so, glaube ich. Außerdem arbeitet er sehr viel.«
    Der Beamte spitzte die Lippen, dann sagte er, den Blick weiter von ihr abgewandt: »Sie sagen also, dass Ihr Mann kein geeigneter…Zeuge ist, wenn es um…die Identifizierung Ihrer…und seiner…Tochter geht?«
    Sie wedelte mit der Hand den Zigarettenrauch weg, den sein Kollege seit ein paar Sekunden produzierte. Es sah aus, als würde sie Köhlers Frage wegwischen. »Hören Sie, ich weiß selbst, wie sich das anhört.«
    Köhler blätterte in einer Akte, die auf seinem Schreibtisch lag. Er wollte offenbar Zeit gewinnen.
    Noch weiß er nicht, wer ich bin, dachte Carla. Noch kann ich ihn auf meine Seite ziehen, wenn ich es nur irgendwie schaffe, ihn zu überzeugen. Aber früher oder später würde er es ja doch herausfinden.
    Dann lieber gleich offen und ehrlich sein. Also erzählte sie, wie sie den Arzt angegriffen hatte und dass die Staatsanwaltschaft verfügt hatte, sie unter psychiatrische Aufsicht zu stellen. Sie hatte sich dagegen wehren wollen, aber dann wäre sie wegen Körperverletzung angeklagt worden. Und rückblickend fand sie, es wäre besser gewesen, sich für eine Verurteilung zu entscheiden. Wenn Frederik sie nur nicht überredet hätte.
    »Es ist doch besser, den Leuten zu sagen, dass du im Krankenhaus bist!«, hatte er gesagt. »Wie sieht das denn aus, wenn jemand erfährt, dass Carla Arnim, geborene Mannheimer, in Untersuchungshaft sitzt? Man wird sich fragen, warum, alles wird rauskommen, du verlierst deinen Ruf und deine Arbeit! Du gefährdest alles, was deine Eltern und Großeltern aufgebaut haben. Und was soll ich unserem Sohn sagen?«
    Es hatte gut geklungen, damals. Aber jetzt musste sie dem Beamten sagen: Hören Sie, ich bin offiziell eine Verrückte, aber glauben Sie mir trotzdem meine unglaubliche Geschichte.
    Dieser Köhler war noch zu jung, noch nicht abgebrüht genug, um sie einfach rauszuwerfen. Er hörte ihr zu, bis sie ausgeredet hatte, versprach ihr, sich um den Vorgang zu kümmern – beide wussten sie, dass es eine Lüge war –, und brachte sie schließlich zum Ausgang. Er schüttelte zum Abschied ihre Hand.
    »Alles wird gut, Frau Arnim«, sagte er dann. »Meine Frau hat auch Probleme. Mit unserem Sohn.«
    Sie sah ihn überrascht an.
    »Er kam behindert zur Welt, und jetzt macht sie sich Vorwürfe. Sie überlegt, was sie in der Schwangerschaft falsch gemacht haben könnte. Und ich mache mir Vorwürfe und überlege, was ich falsch gemacht haben könnte. Sie hat schon sehr oft zu mir gesagt: Ich wünschte, ich hätte ihn nie bekommen. Manche Eltern, sagte man mir, haben Probleme damit, ihre Kinder zu akzeptieren, aus den unterschiedlichsten Gründen, aber das wollen sie sich nicht eingestehen.«
    »Was…hat denn Ihr Sohn?«, fragte Carla, und sie spürte, wie Wut in ihr aufstieg.
    »Er ist Spastiker.«
    »Das tut mir sehr leid, aber was um alles in der Welt hat das mit mir zu tun? Meine Tochter ist gesund, und sie war ein Wunschkind!« Es fiel ihr schwer, ihre Stimme zu kontrollieren.
    Köhler zuckte zusammen. »Sie haben recht. Entschuldigen Sie.« Er drehte sich um und ging die Treppe hinauf. Sie wollte ihn zurückhalten, noch etwas Nettes sagen, denn was hatte dieser Mann anderes versucht, als nett zu ihr zu sein. Aber ihr fiel nichts ein, was sie zu ihm hätte sagen können.
    Carla ging vor zur Malteserstraße und wartete, bis ein Taxi vorbeikam. Ihr Mann ließ sie nicht Auto fahren. Wegen der Antidepressiva, die sie nehmen sollte. Die sie aber nicht nahm. Natürlich sagte sie ihm nicht, dass sie sie jeden Abend den Abfluss runterspülte. In der Klinik hatte sie sie nicht so einfach verweigern können. Die Schwestern hatten sich neben sie gestellt, und sie hatte den Mund öffnen müssen, um zu zeigen, dass sie die Tabletten auch wirklich geschluckt hatte. Aber seit sie zu Hause war, nahm sie sie nicht mehr. Sie wusste, dass sie keine Depressionen hatte. Postpartale Depressionen, was für ein Unsinn. Das Einzige, was sie hatte, war die Gewissheit, dass ihre Tochter nicht mehr bei ihr war, und dieses Gefühl zerriss sie. Die Polizei würde ihr auch nicht helfen, so viel stand fest. Was blieb ihr noch?
    Der Fahrer hielt vor ihrer Villa im Dol. Sie blieb sitzen und sah auf

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