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Das Amulett der Pilgerin - Roman

Titel: Das Amulett der Pilgerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bastian
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mehr so getrübt. Viviana war völlig durchnässt. Sie hatte sich die Ärmel vom Kleid abgerissen und wusch damit das verkrustete Blut von der Wunde.
    »Hier« – sie hielt ihm den Eimer hin –, »trink etwas, ehe das Wasser völlig blutig ist.«
    Julian schöpfte mit den Händen Wasser und trank. Er fühlte sich gleich besser, obwohl sein Arm und sein Hinterkopf immer noch stark schmerzten. Viviana riss den Stoff ihrer Ärmel in Streifen und verband seinen Arm neu.
    »Du hast Glück, es sieht nicht so aus, als ob sich die Wunde entzündet hat.«
    »Ich habe Heilfleisch.«
    »Das kannst du auch brauchen.«
    Sie rutschte um ihn herum und untersuchte seinen Hinterkopf.
    »Es blutet nicht mehr.«
    Sie setzte sich wieder vor ihn hin und reichte ihm eine der kleinen Rüben.
    »Hier, etwas anderes gab es nicht.«
    Julian nahm die Rübe und betrachtete Viviana. Sie war ein bisschen abweisend. Noch immer hatte sie diesen verschlossenen Ausdruck im Gesicht. Er wollte sie in den Arm nehmen und sie trösten. Er wollte ihr sagen, dass alles gut werden würde und dass sie ruhig weinen durfte. Aber natürlich würde er das nicht tun. Sie würde ihm ein Messer in den Bauch rammen, sollte er es auch nur versuchen. Wie könnte er ihr auch sagen, dass alles gut werden würde. Nichts war gut, und es gab auch nichts, das er tun konnte, um das zu ändern. Er betrachtete die Rübe und fühlte sich nutzlos.
    »Wer, glaubst du, waren die Männer?«, fragte Viviana.
    »Ich weiß nicht, ich habe keinen von ihnen jemals zuvor gesehen.«
    »Wie viele Leute wussten, dass wir dort abgestiegen sind?«
    »Eigentlich keiner.«
    »Was meinst du mit eigentlich?«
    »Niemand außer meinem Freund Simeon in London.«
    »Bist du sicher, dass er dein Freund ist?«
    »Er ist absolut vertrauenswürdig. Ich würde meine Hand für ihn ins Feuer legen.«
    »Ich lege meine Hand für niemanden ins Feuer.«
    Julian schwieg einen Moment und fuhr dann fort: »Jemand muss uns gefolgt sein.«
    »Saint Albans scheint nur so von Feinden zu wimmeln.«
    »Ich muss morgen Bericht erstatten, dass wir die Liste verloren haben.«
    »Dann kann ich ja gehen.«
    »Warte doch einfach noch das offizielle Ende der Geschichte ab, Viviana. Dann erhältst du sicheres Geleit zur Küste, obwohl ich nicht glaube, dass der Kardinal dir dein versprochenes Geld geben wird.«
    »Bist du sicher, dass er mir das versprochene sichere Geleit geben wird?«
    »Der Kardinal ist ein Ehrenmann und wird sein Wort halten.« Er konnte ihr Gesicht in der Dunkelheit nicht erkennen, aber er war sich sicher, dass es verächtliche Ungläubigkeit zeigte. Konnte er sich wirklich sicher sein? Würde der Kardinal Wort halten, obwohl sie nichts erreicht und außerdem die Liste verloren hatten? Das Ganze, zusammen mit der Tatsache, dass er eigentlich die Angelegenheit an Thorn hätte abgeben sollen, konnte nur richtig großen Ärger bedeuten. Julian streckte sich aus und schloss die Augen. Vielleicht würde der Kardinal ihn auch einfach wegen Unfähigkeit von seinen Aufgaben entbinden.

• 21 •
    E s begann zu tagen, als Julian erwachte. Er blickte sich um. Der Stall, in dem sie die Nacht verbracht hatten, war noch schäbiger, als es gestern den Anschein gehabt hatte. Im Dach fehlten einige Bretter, und es war recht schmutzig. Viviana lag in einiger Entfernung in ihrem Unterkleid auf einem Haufen alten Strohs. Das neue taubenblaue Reisekleid, das sie in Shaftesbury gekauft hatte, hing über einer der niedrigen Trennwände und war kaum wiederzuerkennen. Vorsichtig stand Julian auf. Er war noch schwach, aber sein Kopf war wieder klar.
    »Ich gehe die Pferde tränken.«
    »Das habe ich gestern Nacht noch gemacht.« Viviana setzte sich auf.
    »Danke. Für alles.«
    Sie winkte ab und schüttelte im Aufstehen das Stroh aus ihrem Unterkleid. Sie schlüpfte in das Kleid und band es in der Taille mit einem der Lederbänder zusammen, die ursprünglich Teil der seitlichen Verschnürung gewesen waren. Wieder hatte Julian das Keuchen des Glatzkopfs und das Johlen seiner Männer in den Ohren.
    »Was jetzt?«, fragte sie.
    »Ich muss mit der Kanzlei Kontakt aufnehmen. Also sollten wir nach Saint Albans reiten. Ich kann verstehen, wenn du jetzt abreisen willst, und würde dich auch nicht daran hindern.« Er lachte leise und blickte an sich hinunter. »Ich könnte dich auch gar nicht daran hindern, selbst wenn ich wollte. Aber wenn du mitkommen möchtest, kann ich sicher zumindest eine Reiseausrüstung für dich

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