Das Areal: Thriller (German Edition)
als du mit Sirius zusammengearbeitet hast. Du hast deine eigenen Leute angepisst, und das Areal, dessen Herrscher du gern wärst. Du hast dir schwere Verluste zugefügt. Wir haben es dir heimgezahlt, du hast dich an Kirchberg und seinen Leuten gerächt. Du solltest dich damit zufriedengeben und Ghost fortan in Ruhe lassen.«
Sorrow musterte Ghost eine kleine Ewigkeit. Sie erwiderte seinen Blick und senkte das Messer. Beantwortete eine Frage, die sie nur in ihrem eigenen Kopf hörte. »I ch gehöre dir nicht mehr«, sagte sie. »I ch bin anders als du. Ich habe deine Furien verschont und dich auch. Ich bin fertig mit dir.«
»D er Tower hat dir Zuflucht geboten«, erwiderte die Stimme. »E r hat dich aufgenommen und eingegliedert, und du hast ihn verraten.«
»I ch hatte nicht darum gebeten. Ich habe nie bei euch mitmachen wollen. Ich wollte mein eigenes Leben. Ich will meine Familie zurück, aber die hast du mir auch genommen. Jetzt muss ich sehen, wie ich allein klarkomme.«
»L ass sie gehen«, sagte Turner. »A uf diese Weise schwächst du den Tower nicht, sondern trägst zur Legendenbildung bei. Ihr Mythos und ihr Schicksal verbinden sich mit dem deinen.«
Die Stimme schwieg einen Moment. Dann sagte sie: »D u hast recht, es war ein Fehler, mich mit diesen Leuten einzulassen. Sie hätten unser Land und alles, was wir aufgebaut haben, zerstört. Das Buch rief nach Rache für die Getöteten, und sollten wir geirrt haben, dann ist das hier vielleicht nur gerecht.« Sorrow straffte die Schultern, seine Augen funkelten in der Dunkelheit. »D u hast meine Kinder besiegt, und deshalb neige ich zu der Ansicht, dass du dir eine blutige Belohnung verdient hast. Aus dem Kampf bist du geboren, und durch Kampf wirst du frei. Ich entlasse dich. Der Tower wird dich nicht wieder aufnehmen und dich auch nicht verfolgen. Dein Leben gehört dir, und was wir getan haben, ist vergeben und vergessen.«
Ohne ein weiteres Wort trat er zurück und wurde von der Dunkelheit verschluckt. Nach eine r Weile begann Ghost leise zu weinen, und ihre Schultern bebten.
57
D er junge Mann trug einen krawattenlosen Anzug in indischem Stil und eine so kleine Brille, dass es sich auch um gerahmte Kontaktlinsen hätte handeln können. Mit einem Anflug von Missfallen beobachtete er Kate, als sie an ihm vorbeiging. Er wartete vor einer Privatbank, und sie fragte sich unwillkürlich, ob er für einen Drogenbaron, einen Politiker oder irgendeine Berühmtheit arbeitete. Er lebte in einer anderen Welt als die ehemalige Polizistin in T-Shirt, Shorts und Sandalen, mit Sand zwischen den Zehen und einem salzverkrusteten Pferdeschwanz. Sie beachtete ihn nicht weiter, sondern konzentrierte sich auf die Händler auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die auf Decken ihre billigen Andenken ausgebreitet hatten, um sie an amerikanische Touristen zu verhökern.
Kate warf eine bemalte Muschel von einer Hand in die andere und überquerte die Straße. Und da waren noch mehr, zu Gruppen geordnet neben bunten Stickern aus alten Kronkorken und Batikhalstüchern. Sie lächelte die Frau an, die die Muscheln verkaufte, betastete die Waren und dachte an den Abschied von Turner und Ghost am Flughafen. »W enn sonst nichts klappt«, hatte er gesagt, »k annst du den Surfern immer noch Souvenirs verkaufen. Du kannst doch Perlenketten machen, oder?«
Sie war von Newport hierhergeflogen und hatte ihr altes Leben zurückgelassen und gegen ein neues eingetauscht. Harry Bishop hatte Wort gehalten, und mit ihrer neuen Identität war sie problemlos ins Land gekommen. Hier kannte sie niemand. Sie war frei.
»M achen Sie hier Urlaub?«, fragte die Muschelverkäuferin.
»I ch warte auf jemanden«, antwortete sie.
Und warten würde sie. Hier auf den Inseln spürte sie die Zukunft. Sie hatte zugesehen, wie die Sonne wie ein glühendes Kohlestück im Meer versunken war, Holzrauch in der Luft und im Hintergrund die tosende Brandung. Sie hatte Rum getrunken und bis spät in die Nacht getanzt. Sie würde leben. Und früher oder später würde sich ihr eine Gelegenheit bieten, und dann wäre sie bereit, sie beim Schopf zu packen.
Ghost war weg. Turner spürte es in dem Moment, als er nach dem Aufwachen ins Wohnzimmer trat. Alles sauber und aufgeräumt, das Federbett auf dem Sofa ordentlich zusammengelegt. Er schaltete den Wasserkessel ein, und erst als es nach frisch gebrühtem Kaffee duftete, las er ihre Nachricht.
Danke, Turner. Für alles. Ich kann nicht anders. Das ist nicht
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