Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes
Gunst des Kaisers zu erlangen. Die Nachfolger Korzeths ermutigten diese Palastintrigen eher, als daß sie sie unterbunden hätten, erkannten sie doch klug, daß Männer, die durch Mißtrauen und Feindschaft entzweit waren, sich nie zusammentun würden, um die Macht des Throns herauszufordern.
'Zakath, der gegenwärtige Kaiser, kam in seinem achtzehnten Lebensjahr auf den Thron und versprach schon früh ein aufgeklärter Herrscher zu werden. Er schien intelligent, feinfühlig und tatkräftig zu sein. Eine schreckliche persönliche Tragödie brachte ihn jedoch von seinem Weg ab und führte dazu, daß er ein Mann wurde, den die halbe Welt fürchtet. Damit wir verstehen können, was 'Zakath widerfuhr, müssen wir uns zunächst den Entwicklungen in Cthol Murgos zuwenden. Wie häufig zu beobachten, wenn eine Nation mehr als ein paar Jahrhunderte überdauert, werden die Könige von Cthol Murgos der Zweckdienlichkeit halber in Dynastien eingeteilt. Bei ihrer Ankunft im Westen hatten die Murgos ernsthaft erwogen, ob ein König wirklich nötig sei. Ihr aristokratischer Hintergrund jedoch, im Verein mit der Tatsache, daß alle anderen Nationen um sie herum Könige besaßen, machte die Errichtung eines Murgo-Throns unvermeidlich. Anfangs war das Königtum von Cthol Murgos überwiegend zeremonieller Natur, während die tatsächliche Macht in den Händen der befehlshabenden Generäle der neun Militärdistrikte lag. Der Militärkommandant des Distrikts von Goska wurde auf den Thron gesetzt, hauptsächlich deshalb, weil er den ältesten Militärdistrikt im Königreich befehligte und weil man zuvor entschieden hatte, daß Rak Goska die Hauptstadt sein solle, welche die Nation der Welt präsentieren wollte. Mit der Zeit aber wurde die Goska-Dynastie korrupt. Die Insignien der Macht, ohne daß tatsächliche Macht dahintersteht, führen nur allzu oft zu hohler Selbstgefälligkeit. Während andere Königreiche gelegentlich auftretende schwache Herrscher in der Hoffnung auf bessere Nachfolger hinzunehmen pflegen, legen Murgos weniger Geduld an den Tag. Aus diesem Grund zogen nach mehreren Jahrhunderten der Mißregierung durch die zugegebenermaßen beschränkten Könige der Goska-Dynastie die Militärbefehlshaber der anderen acht Distrikte ohne Bedenken gegen den König ins Feld und beseitigten ihn mitsamt seiner Erben, Minister und Beamten. Der Palastrevolte folgten mehrere Jahrzehnte der Herrschaft durch eine Militärdiktatur, bis die Generäle – einmal mehr der Notwendigkeit gehorchend, der Welt eine Galionsfigur zu präsentieren – dem Tüchtigsten von ihnen, dem Befehlshaber des Distrikts von Gorut, die Krone anboten. Der General von Gorut indes wollte die Krone nicht, es sei denn, das Königsamt würde an Bedeutung gewinnen. Diese Prozedur hat sich seither mit jedem Dynastiewechsel wiederholt, so daß der jetzige König von Cthol Murgos mit nahezu absoluter Machtvollkommenheit regiert und der mächtigste Herrscher der Welt ist.
Daß das heutige Cthol Murgos im Verlauf der letzten Jahrhunderte stets am Rande einer Katastrophe stand, hat seinen Ursprung in einer Erbkrankheit der Urga-Dynastie. Die Urgas gelangten mit Hilfe großer Versprechungen auf den Thron, doch die Erbkrankheit brach bereits beim zweiten König aus und befällt seither unweigerlich jeden Urga-Herrscher. Der Wahnsinn im Hause Urga ist schwer zu diagnostizieren, äußert sich aber in Hysterie, krankhaftem Argwohn, abrupten Stimmungsschwankungen und zwanghaftem Verhalten. Bei keinem Urga-König sind diese Symptome krasser zutage getreten als beim gegenwärtigen Träger der Krone, Taur Urgas, dem zehnten UrgaKönig.
Die Regierung Taur Urgas' von Cthol Murgos ist von der Furcht und dem Mißtrauen geprägt, die so kennzeichnend für diese Krankheit sind. Obwohl der wahnsinnige König alle Alorner haßt (insbesondere die Algarier), womit er sich in Einvernehmen mit seinen Vorgängern befindet, treibt Taur Urgas seinen Argwohn noch weiter. Er fürchtet sich vor einem möglichen Bündnis zwischen Tolnedra, Arendien und den alornischen Königreichen, und um dies zu verhindern, hat er den Westen mit seinen Agenten überschwemmt, die soviel Zwietracht wie möglich säen sollen. Die geheime Angst aber, die Taur Urgas im Schlaf heimsucht, ist die Befürchtung, Mallorea könne Schritte unternehmen, um eine größere Rolle im Schicksal der Königreiche des westlichen Kontinents zu spielen. Es liegt auf der Hand, daß seine als junger Mann gemachte Entdeckung, daß Mallorea
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