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Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes

Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes

Titel: Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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ich hätte schon in etliche Abgründe geblickt, weswegen meinem Geist auch keine Gefahr drohe. Und der Diener betrachtete mich erstaunt und sprach: »Weißt du denn nicht, in welches Haus du gekommen bist?
    Dies ist das Haus, das am Rande der Schöpfung steht. Hinter diesem Fenster liegt nicht bloß ein Abgrund, sondern das vollkommene Nichts. Ich weiß nicht, warum du in dieses verlassene Haus gebracht wurdest. Ich weiß nur, du sollst dieses Spiel verfolgen, bis der Sturm, der dich hierhergetrieben hat, sich wieder legt, und dann sollst du deines Weges gehen.«
    Und so kam es, daß ich die ganze lange Nacht hindurch die beiden gesichtslosen Spieler bei ihrem Spiel beobachtete, das ich nicht einmal ansatzweise begriff. Und die Züge, die sie taten, sagten mir nichts. Wenn der eine einen König zog, antwortete der andere, indem er einen Kometen oder eine Sonne oder ein Sandkorn bewegte. Und da waren Bettler und Diebe und Huren auf dem Brett und ebenso Könige und Ritter und Königinnen. Und manchmal zogen die Spieler schnell, und dann wieder überlegten sie lange zwischen ihren Zügen. Und ich beobachtete ihr Spiel und sagte nichts in jener langen Nacht.
    Und als der Morgen graute, kehrte der Diener zurück und führte mich durch die düsteren Hallen des Hauses, das am Rande der Schöpfung steht. Und als er die Tür öffnete, sah ich, daß das Unwetter vorübergezogen war. Und ich wandte mich an den Diener, und ich sagte: »Was ist das für ein Spiel, das sie spielen?«

    Und er antwortete und sprach: »Es ist das Spiel der beiden Bestimmungen. Alle Spielsteine enthalten zwei Möglichkeiten, und alle sind miteinander verbunden. Wenn ein Spielstein bewegt wird, bewegen sich auch alle anderen. Die beiden Spieler wollen schon lange nicht mehr gewinnen. Sie suchen nur noch das Gleichgewicht zwischen ihnen aufrechtzuerhalten.« »Warum spielen sie dann weiter?«
    »Weil sie müssen. Das Spiel muß zu Ende gespielt werden, obwohl es bis ans Ende aller Tage dauert. Du wurdest an diesen Ort gebracht, weil es sein kann, daß du oder einer von denen, die dir nachfolgen, eines Tages einen Zug in diesem ewigen Spiel werdet tun müssen. Ich weiß es nicht, und es kümmert mich nicht. Meine Aufgabe ist es, das Haus zu hüten, und das habe ich getan, seit es erbaut wurde. Nun gehe deines Weges!« Und mit diesen Worten schloß er die Tür und ließ mich auf der Schwelle stehen. Nun war der Morgen strahlend, und die Vögel sangen lieblich, und ich schritt kräftig aus auf der Heide, und am frühen Nachmittag fand ich den Weg, der mich in mein eigenes Land zurückführte.

    *
    Einst fand ich mich erschöpft und allein in einem Dämmerwald wieder. Offenbar war ich vom rechten Weg abgekommen. Dennoch wußte ich nicht, warum ich mich dort befand oder wohin ich hatte gehen wollen, bevor ich mich verlief. Als sich die Nacht über den finsteren Wald legte, meinte ich meinen Weg vor Einbruch der Dunkelheit nicht mehr wiederfinden zu können, und so gut ich es vermochte, bettete ich mich zur Ruhe, hüllte mich in meinen Umhang und lehnte mich mit dem Rücken an den Stamm eines mächtigen Baumes.

    Ob ich schlief oder nicht, werde ich nie erfahren, denn es schien, als erwache ich unvermittelt auf der breiten Straße einer dichtbevölkerten Stadt, und aufgeregte Massen eilten auf den Platz zu, der in er Mitte dieser Stadt ist, und ich wu
    mitgerissen, so groß war der Sog. Ich wandte mich an den Mann, der neben mir in der Menge

    Lesen Sie zum Vergleich den einleitenden Gesang der ›Göttlichen Komödie‹.
    schwamm, und fragte ihn so höflich wie möglich, welches Ereignis eine solche Masse von Menschen dazu bewege, zu dem Platz hinzuströmen. »Sie kommt«, antwortete er inbrünstig.
    Ich gestand, fremd in der Stadt zu sein und nicht zu wissen, von wem er spreche.
    »Nun, von ihr natürlich«, versetzte er, »der höchsten Herrin der ganzen Welt. Es heißt, daß sie tausend Jahre alt ist und unglaublich weise.« »Ist es denn dann klug«, wandte ich ein, »sie mit solchen Menschenmassen zu überfallen? Falls sie wirklich dies gesegnete Alter erreicht hat, wird sie gewiß schwach und krank sein und den Lärm und die Aufregung einer so großen Menschenmenge nicht schätzen.«
    Mein Gefährte jedoch wurde von mir weggetrieben, und ich konnte seine Antwort nicht mehr verstehen.
    Schließlich erreichte ich den großen Platz, zu dem jedermann in dieser Stadt geeilt war, und zu meiner Enttäuschung fand ich heraus, daß die verehrte Dame noch nicht

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