Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes
wir lasen, denn das Buch schien zu besagen, daß es das Schicksal des Hüters des Orbs sei, Torak als Erscheinung der Zweiten Bestimmung, welche Kind der Finsternis genannt wurde, zu folgen. Doch wir wußten, daß dies nicht möglich war, denn Belgarion war der Hüter des Orb, und Belgarion war das Kind des Lichtes. Desgleichen lasen wir, daß die Mütter des Kindes des Lichts und des Kindes der Finsternis diese zu der Begegnung leiten würden, und die Zeichen sagten unmißverständlich, daß Polgara die Mutter des Kindes des Lichts sei. Doch es war Polgaras Schicksal, für immer kinderlos zu bleiben, und dies hatte schon vor ihrer Geburt in den Sternen gestanden. Und selbst wenn das Unmögliche wahr werden und Belgarion auf die Seite der anderen Bestimmung gezogen und ein zweiter Abtrünniger wie Zedar werden würde, so war doch Belgarions Mutter Ildera gestorben, als er noch ein kleines
Eriond änderte das.
Kind war. Dennoch fühlten wir eine Wesenheit, verschleiert und in Dunkelheit gehüllt, die gleichwohl die Geschicke der Menschheit beeinflußte, und der Mond sprach ganz deutlich, und er offenbarte uns, daß die dunkle Wesenheit eine Frau war und ihre Macht der von Polgara in nichts nachstand. Aber diese Mutter der Finsternis war ebenfalls kinderlos. Und die Rätsel der Sterne narrten uns, so daß wir ebenso hilflos waren wie ein ungebildeter Sklave, für den die Lichter am Nachthimmel nur Sterne und die Stimmen in der Erde nur das Seufzen des Windes oder das Rauschen der Regentropfen sind. Eines aber erkannten wir mit großer Deutlichkeit. Die Zeitalter der Menschheit wurden mit jedem, das dahinging, kürzer, und die EREIGNISSE, die da sind die Begegnungen zwischen den beiden Bestimmungen, rückten immer näher zusammen. Ehedem war Zeit gewesen, müßige Betrachtungen darüber anzustellen, was wir gelernt hatten, doch nun mußten wir uns sputen, auf das das EREIGNIS uns nicht unvorbereitet antraf. Und so begab es sich im zehnten Jahr nach dem Tod Toraks, daß wir in Kell zusammentrafen, und dort entschieden wir, daß wir nicht länger untätig zuschauen und den Gang der EREIGNISSE betrachten konnten. Die Zeit der Studien war vorüber; nun war die Zeit des Handelns gekommen. Da die Zeichen im Buch des Himmels so rätselhaft geworden waren, faßten wir den Entschluß, daß wir die Teilnehmer des nächsten EREIGNISSES irgendwie, und sei es mit List, dazu bringen mußten, sich an einen Ort zu begeben, den
wir kannten. Denn obgleich wir nicht in Erfahrung bringen konnten, wie das EREIGNIS beschaffen sein würde, wußten wir doch, wann und wo es sich zutragen sollte. Und wir übermittelten diesen Entschluß dem Geist einer Seherin, die in den Ländern westlich des großen Meers lebte, welches die Länder dieser Welt geteilt hatte. Und wir baten sie inständig, sie möchte sich ins Aldurtal begeben, wo die Zauberin Polgara mit ihrem Gemahl und einem Findelkind lebte, das Belgarion aus den Händen des Jüngers Ctuchik befreit hatte, und auf eine solche Weise mit Polgara sprechen, daß ihr keine Wahl blieb, als sich zu der Reise aufzumachen, die sie unausweichlich an den Ort unserer Wahl bringen würde. Und die Seherin in den Ländern des Westens erklärte sich bereit und machte sich auf die Reise, nur mit ihrem stummen Führer als Begleitung. Und dann wandten wir alle uns den Vorbereitungen zu, denn vieles blieb noch zu tun, und wir alle waren entschlossen, daß dieses EREIGNIS das letzte sein solle. Was immer sein Ausgang für diese Welt bedeuten mochte, die Spaltung der Schöpfung währte schon zu lange, und wir wollten, daß mit dieser Begegnung zwischen den beiden Bestimmungen die Spaltung enden und alles wieder eins werden müsse.
BUCH 2
DAS BUCH DER BESTIMMUNGEN
Dies nun sind die Bestimmungen, die uns offenbart wurden:
In den Tagen vor der Spaltung der Welt kam ein Geist zu uns und erzählte uns vom Festmahl des Lebens und dem Geliebten Gast, der eines Tages kommen werde, um am Festmahl teilzunehmen. Und der Geist sprach zu uns auch von den Zeichen am Himmel und dem Flüstern in den Steinen, die sein Kommen voraussagten. Und wir erhoben unsere Augen zum Himmel, um zu lesen, und wir preßten unsere Ohren auf die Erde, um zu hören, und wir erfuhren, daß eine falsche Stimme zu uns sprechen und versuchen werde, uns von der Wahrheit abzubringen. Denn wisset, das Geschick des Menschen ist kein schneller und gerader Weg. Zwei Bestimmungen erwarten uns, und die eine ist wahr, und die andere ist falsch. Und wir
Weitere Kostenlose Bücher