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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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Gang. Seine Wände wiesen eine Besonderheit auf. In regelmäßigen Abständen ragten Ziegel zentimeterweit daraus hervor. Leonard stemmte sich gegen den Zug des Strickes, mit beiden Händen versuchte er, die Mauerkante des Durchlasses zu greifen.
„Finger weg von der Wand!“, rief er dem Mann unter ihm zu.
    Zu spät. Die Hand des Malaien touchierte einen der herausstehenden Ziegel. Knirschend sank er in das Mauerwerk. Was sie kurz darauf hörten, kannte Leonard nur zu gut. Seit er es zum ersten Mal vernommen hatte, war das widerwärtige Geräusch in sein Gedächtnis gebrannt. Das hohle Glucksen der schwarzen, seifigen Flüssigkeit. Nur hier kam sie schneller. In Sekunden schoss sie aus unsichtbaren Ritzen, schmierte den Boden und rann hinab. Der Malaie unter ihm verlor den Halt und sackte mit einem Aufschrei weiter hinunter. Der Strick spannte, schnitt in Leonards Handgelenke und warf ihn zu Boden.
„Los! Zieh uns hoch!“, befahl er dem zweiten Mann, der sich gegen das zerrende Gewicht stemmte. In Todesangst zerschnitt der Malaie das Seil. Bäuchlings, die Füße voran, sackte Leonard in den Gang. Im letzten Moment packte er mit beiden Händen die Mauerkante. Das Gewicht des anderen verstärkte sich. In Panik schlingerte der Mann auf dem rutschigen Untergrund. Der verzweifelte wie vergebliche Versuch, Halt zu finden. Von unten wehte ein kalter Hauch hinauf. Der Gang führt an die Außenseite des Berges, durchfuhr es Leonard.

Kapitel 67
    Der Schimmer des aufgehenden Mondes zeigte sich bereits über einem nahen Gipfel, als sie durch Eingang zum Labyrinth an der Ostflanke des Unaussprechlichen traten.
„Wie finden wir hier unseren Weg?“, fragte Manao erschrocken im Angesicht des Wirrwarrs an Gängen und Durchlässen.
„Die Inschriften aus Miss Sandlers Büchlein verraten eine Menge“, erklärte Sen.
Der Weg durch das Labyrinth versteckte sich in einem Zahlencode. Mit Arundhavis Hilfe war es dem Chinesen gelungen, ihn zu entschlüsseln. Ohne Zögern drangen sie in das Innere des Berges vor, gefolgt von dem fahlen Licht des Mondes. Bald darauf vernahmen sie Scharren und Knirschen, das aus allen Richtungen rasch näherkam. Sen meinte, Leonard aus der Ferne rufen zu hören.
„Was sind das für Geräusche?“
„Die Wände!“, schrie Nini auf. „Sie bewegen sich!“
Wie Leonard wusste Arundhavi sofort, was es bedeutete.
„Irgendjemand hat einen Mechanismus ausgelöst. Das Labyrinth wird verschlossen.“
„Schnell. Vorwärts. Bevor es zu spät ist“, hielt Sen sie zur Eile an.
Hinter ihnen schob sich eine steinerne Platte in den Gang, sperrte das Mondlicht aus. Von dem irre herumtanzenden Schein ihrer Taschenlampen begleitet, hasteten sie voran. Nini stolperte und fiel. Die Sinne nach vorn gerichtet eilten Sen und Arundhavi weiter und bemerkten nicht, wie Manao zurücklief und Nini aufhalf. Gerade betraten sie die nächste Kammer, als sich eine weitere Platte aus einer Seitenwand löste und sie verriegelte. Tödliche Finsternis umschloss Manao und Nini.
    „Kavenay!“ , brüllte Leonard. „Helfen Sie uns, verdammt!“
Seine Finger, die Kante umklammernd, begannen zu zittern. Die Bernsteinaugen erschienen vor ihm, der Kris funkelte in der Hand.
„Sieht ziemlich mies für Sie aus, Mister Finney.“
Durch die Gänge rückte das unheilvolle Schaben von Stein auf Stein näher und Dröhnen, wie das Zuschlagen gewaltiger Türen. Nemskys Stimme überschlug sich.
„Verflucht! Wir sollten uns ranhalten.“
Mit der Spitze der Klinge streichelte Kavenay über Leonards Wange. Er beobachtete den stummen, verzweifelten Kampf des Mannes gegen das erbarmungslose Zerren des hilflosen Malaien, zwei Meter weiter unten an dem Strick, der die beiden Leben miteinander verband.
„Eine bessere Gelegenheit, Sie loszuwerden, wird sich mir nicht bieten.“
Der schwarze Stahl zischte und durchtrennte mit einem einzigen Schnitt den Strick. Mit erbarmungswürdigem Gebrüll sauste der Malaie in Tiefe. Das letzte, was er in seinem Leben sah, war der fette Mond, als er durch eine Öffnung in der Felswand hinaus in die Nacht schoss. Kavenay packte Leonards Handgelenke und zog ihn aufwärts.
„Mit Sicherheit die beste Gelegenheit. Aber ich habe so eine Ahnung, als würde ich Sie noch brauchen.
„Du verdammtes Schwein!“, krächzte der dritte Malaie Kavenay zu und legte seine Waffe auf ihn an.
Abzudrücken gelang ihm nicht mehr. Knirschend sauste ein Steinblock aus der Decke herunter, quetschte den Leib zusammen und

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