Das Auge des Kriegers
ist?«
Die Frage war mehr an sich selbst gerichtet, als an die anderen.
»Es ist eine seltsame Magie«, sagte Thonensen, »leblose Dinge mit einem Scheinleben zu erfüllen… Räder anzutreiben und eiserne Gelenke…«
»Mein Körper kämpft in Vangor für die Finsternis«, sagte Mon’Kavaer düster.
»Das ist lange her«, sagte Nottr. »Selbst wenn uns Gorgans Auge nach Vangor führt, ist es ein anderer Teil der Welt.«
»Meine Hände«, fuhr Mon’Kavaer fort, ohne auf Nottrs Worte zu achten, »die den Eid der Alptraumritter abgelegt haben, kämpfen gegen das Leben…« Er ballte die Fäuste in seiner Hilflosigkeit.
»Das ist lange her«, wiederholte Nottr. »Der Tod mag deinen Körper längst befreit haben.«
»Wenn es diese Welt ist, werde ich mir Gewißheit holen«, murmelte Mon’Kavaer mit grimmiger Entschlossenheit. »Ich werde nicht zurückkehren, bevor ich es weiß!«
»Was wird Lirry dazu sagen?« fragte Nottr.
»Ich werde einen anderen Körper nehmen… einen von diesen Verlorenen. Dilvoog hätte mir helfen können. Aber nun, da er nicht mehr unter uns ist, muß ich einen anderen Weg finden…«
»Vielleicht kann ich dir helfen, Ritter«, sagte der Sterndeuter. »Ich habe genug Kraft, die mir gehorcht.«
»Dilvoog ist bei mir«, erklärte Nottr und grinste über die erstaunten Gesichter der anderen.
Aber es blieb keine Zeit für Fragen und Antworten. Das Horn des fliegenden Kriegers hatte andere herbeigerufen. Ohne einen Laut tauchten sie auf, wie aus dem Nichts. Sie kamen plötzlich zwischen den Bäumen hervor.
Nottr zählte fünf. Seelenwind erbebte in seiner Faust.
»Bleibt hinter mir!« rief Nottr seinen Gefährten zu. Er sah zwei weitere Angreifer aus dem Hintergrund auftauchen.
Es sind zu viele, warnten Dilvoogs Gedanken.
»Nicht für Horcan«, murmelte Nottr. Er spürte den Haß wachsen.
Er wird immer stärker in dir. Spürst du es nicht selbst?
Ich kann ihm nicht Einhalt gebieten. Mein Leben gehört ihm längst. Es ist ein Bund für einen Kampf, den wir beide wollen. Ohne seine Macht wäre ich längst verloren. Mit seiner Macht… kann ich triumphieren!
Mit zwei mächtigen Hieben streckte Seelenwind die vordersten beiden Angreifer nieder, bevor sie mit ihren Streitkeulen zum Ausholen kamen. Es ließ die übrigen unberührt. Auch das Heulen des Schwertes beeindruckte sie nicht.
»Sie bluten«, stellte Mon’Kavaer fest. »Diese Körper leben also noch. Laß mir einen übrig, Nottr!«
Nottr war zu beschäftigt, um zu antworten, und zu sehr von Horcans Grimm erfüllt, um auf die Worte zu achten. Das Kreischen, zu dem sich Seelenwind steigerte, machte es ohnehin kaum möglich, etwas zu hören.
Er wich dem Hieb eines Angreifers aus. Mon’Kavaer wehrte einen zweiten mit dem Schild des Ordens ab. Er ging fast unter der Wucht zu Boden, doch der Schild hielt ohne eine Schramme.
»Da kommen noch mehr!« keuchte er und deutete mit der Ordensklinge zwischen die Bäume. »Sie kommen alle aus dieser Richtung. Wir sollten uns ansehen, was dort…«
Ein Angreifer ließ ihn verstummen. Er hatte den Stab fallen lassen, da er für Schild und Klinge beide Fäuste brauchte.
Thonensen bückte sich, um ihn aufzuheben. Als er sich aufrichtete, sah er sich einem Angreifer gegenüber, der an Nottr und Mon’Kavaer vorbeigekommen war. Er hob abwehrend den Stab. Sein altes Gesicht wurde starr. Der schwarze Rauch kroch aus seinem Ärmel an seinem Arm entlang.
Sein rechtes Auge brannte wie von einem Feuer.
Sein Gegner hielt mitten in der Bewegung inne, und nach einem Augenblick senkte er seine Waffe. Er wollte sich abwenden, wohl um einen anderen Gegner zu suchen, da griff der Sterndeuter nach ihm. Der schwarze Rauch floß über auf das Metall der Rüstung und nach einem Moment wieder zurück. Aber es war mehr, das zurückfloß.
Thonensen triumphierte. Noch nie war es so leicht gewesen, die Kraft an sich zu reißen. Es gab niemanden, der sie lenkte, niemanden, der sie beherrschte, nur diese Krieger… diese Körper.
Es währte nicht lange. Der Krieger schwankte plötzlich, stürzte zu Boden und regte sich nicht mehr.
Thonensen ließ keuchend von ihm ab. Er war nicht erschöpft, im Gegenteil, er spürte die Kraft, die er nun besaß, doch sein Auge, das einst in der Gewalt des Hohenpriesters Parthan gewesen war, loderte in seinem Kopf. Nur mühsam unterdrückte er einen Schrei.
Mit einemmal schwand der Schmerz, und die Welt um ihn wandelte sich, und Thonensen schrie auf vor Entsetzen. Doch das
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