Das Auge des Kriegers
still lagen. Er sah, wie O’Marn verblaßte, und er spürte ein schwaches Zittern der Klinge und hörte das Pfeifen eines Windes, der in die Klinge zurückfuhr.
Dann schwand die Starre. Er ließ stöhnend das Schwert sinken. Eine Erschöpfung bemächtigte sich seiner, als hätte er allein dieses gewaltige Heer der Finsternis vernichtet. Er fiel. Die Gefährten, die zu ihm sprangen, sahen verwundert, daß er schlief.
*
Nottrs Schlaf war totenähnlich. Alle Versuche, ihn zu wecken, schlugen fehl. Sie warteten bis zum Morgen und den größten Teil des folgenden Tages. Es war der dritte, den sie auf Vangor zubrachten.
Duston Covall war besorgt. Die unglaubliche Niederlage, die die Finsternis erlitten hatte, würde sie nicht von einem neuen Angriff abhalten.
Da entschloß sich Dilvoog zu einem entscheidenden Schritt. Er nahm Seelenwind an sich und zog sich mit der Klinge in die Höhle zurück. Dort blieb er eine Weile. Als er zurückkam, sagte er:
»Der Herr der Stürme erlaubt, daß ich ihm diene. Er ist neugierig. Ich hoffe, daß in mir genug von den Kräften ist, die seine Seelen brauchen. Er ist sehr beeindruckt von seiner Macht über die Kräfte der Finsternis. Wir werden versuchen, das Auge zu schließen.«
Sie stiegen den Krater hoch. Ein Dutzend von Covalls Männern begleitete sie und trug abwechselnd den schlafenden Nottr. Am Rand des Feuers wünschten sie den Gefährten Glück und kehrten um. Burra und Rujden trugen Nottr durch das Feuer. Den Rest des langen Weges nach oben wechselten sie sich ab mit Mon'Kavaer und Lirry O’Boley.
Dilvoog wartete, bis die Gefährten die Verteidigungsterrassen von Elvlorn erreicht hatten, dann rief er Horcan und die Seelen, und ein gewaltiger Sturm zog auf im Krater und ließ die Glut des Auges auflodern.
Von oben sah es aus, als trübte sich das Auge. Ein schwarzer Schatten flackerte über der Glut und bedeckte sie wie ein Lid. Die Erde bebte. Große Felsen lösten sich von den Kraterwänden und stürzten hinab. Das Licht aus dem Feuer der Zeit, mit dem der Elve Elvlorn verteidigt hatte, begann sich zu verbrauchen und dahinzuschwinden. Es wurde dunkel.
Mehr geschah nicht. Als Dilvoog später die Korridore von Elvlorn erreichte, wo die Gefährten warteten, wußte er nicht zu sagen, was geschehen war, nur daß die Geister des Schwertes das Auge geschlossen hatten und daß sie als Wächter zurückgeblieben waren. Sie würden ausharren, bis sie eines Tages wiedergeboren wurden, wie alle Seelen.
Aber bis dahin würde der Kampf um Gorgan nur noch Legende sein.
8.
Die Korridore von Elvlorn waren still und düster. Eliriuns Lichtkörper schwand mit jedem Schritt, den er tat. Sie eilten durch die Korridore, aber keine Vangorier irrten darin umher. Die Lichtfallen hatten sie alle verschlungen.
Sie nahmen den Weg zum Titanenpfad. Überlebende Vangorier würden sie nur dort finden, und Eile tat not, denn der Elve brauchte einen Körper.
Auch Rujden war unruhig und hatte es eilig, zu seinen Männern zurückzukommen.
Im Titanenpfad entdeckten sie, daß die rätselhafte Steinwand, die den Weg verschlossen hatte und die Thonensen nicht zu durchblicken vermocht hatte, verschwunden war. Der Elve geriet außer sich und vergeudete in seinem Grimm die letzten Spuren des Lichts. Sein Körper löste sich vor den Gefährten auf. Während sie sprachlos und bedauernd auf die leere Stelle starrten, sagte Dilvoog: »Ich werde ihn eine Weile beherbergen, bis sich ein Körper findet.« Sein Mädchengesicht verzog sich zu einem seltenen Grinsen. »So hat er Gelegenheit, sich mit einem Menschenkörper vertraut zu machen.«
»Was hat ihn so aufgeregt?« fragte Thonensen.
»Diese Wand. Sie war ein unüberwindliches Hindernis für Tauren. Sie war der eigentliche Grund für den Bau von Elvlorn.«
»Weiß er von Duzella?«
»Ja.«
»Und den Wächtern, die sie begleiten?«
Dilvoog lauschte in sich hinein. »Sie sind nur Geister… wie er.«
Und er fügte hinzu: »Aber er beruhigt sich. Elvlorn ist nicht das letzte Hindernis für die Tauren. Die Elven waren sehr gründlich.«
»Es ist ein schwerer Weg für ein Kind«, sagte der Sterndeuter. »Selbst für eines von ihren Kräften. Mögen ihre Taurengötter ihr beistehen.«
Als sie ins Freie kletterten, mußten sie erkennen, daß sich die Insel völlig verändert hatte.
Schnee lag fast mannhoch auf den Hängen. Ein Schneesturm heulte über den Berg. Der Abstieg zur Küste wurde zu einem Alptraum. Nun, da das stärkende Licht fehlte, spürten
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