Das Band spricht Bände
bis
sie wieder aus dem Schlafzimmer kam. Sie hatte sich ordentlich gekämmt, das Gesicht
wirkte gewaschen, und auch die Lippen waren säuberlich erneuert. Das weiße Cape
klaffte vorne, und ich sah, daß die Brustplatten wieder an Ort und Stelle
hingen.
»Vielleicht verrät dir dieser
Brief, was das alles zu bedeuten hat«, sagte sie ruhig.
»Brief?« meinte ich.
»Hier drin.«
Sie griff in ihre Handtasche
und förderte eine Schußwaffe zutage. Es war ein Achtunddreißiger, und ich hätte
seine Fabrikationsnummer auswendig hersagen können, denn was sie da in der Hand
hielt, das war mein eigener Revolver! Derselbe, den ich in der Bademanteltasche
auf dem Bett hatte liegen lassen, entsann ich mich tiefbetrübt.
Es schien an der Zeit, den
Beruf aufzugeben und mir etwas anderes zu suchen, mit dem ich eher zu Rande
kam, Schneeschaufeln vielleicht oder so.
Liz Ames ging vorsichtig
rückwärts bis zum Tisch, die Waffe dabei stets auf meine Brust gerichtet. Sie
legte die Tasche auf den Tisch, kam bald dahinter, daß sie Tasche und
Tonbandgerät mit einer Hand nicht zusammenpacken konnte, und entschied sich
daher für das Gerät allein.
»Zieh dich aus«, sagte sie
aufgeräumt.
»Du bist wohl übergeschnappt!«
»Du hast gehört, was ich gesagt
habe!« schnauzte sie. »Wenn du nicht tust, was ich sage, schieße ich!«
Der Ausdruck ihrer Augen
verriet, daß sie es ernst meinte, und der Gedanke daran, was eine
achtunddreißiger Kugel meiner behaarten Brust zufügen konnte, ließ mich rasch
meine gekränkte Eitelkeit überwinden. Ich entledigte mich aller Sachen bis auf
die Shorts, dann blickte ich sie flehend an.
»Die auch«, zürnte sie.
Sie hatte vorhin etwas gesagt,
von wegen ein Mädchen wirke komisch, wenn es vor Männeraugen die Hose ausziehe.
Die Umkehrsituation ließ einen Mann nicht nur wie einen Tropf aussehen und sich
ebenso fühlen — mein Verstand litt förmlich Schmerzen und hörte auf der Stelle
zu funktionieren auf, während ich die Shorts fallenließ.
»Nun?« Ihre Blicke musterten
mich von Kopf bis Fuß und ließen sich kein Detail entgehen. »Der Körperbau ist
nicht schlecht.« Sie lachte rauh und herzhaft auf, und dies tilgte den Rest meiner
Selbstachtung wie ein glühendes Eisen. »Aber du enttäuschst mich doch ein
wenig, Danny. Ich habe wohl gar keine Wirkung auf dich, wie?« Wiederum wollte
sie sich ausschütten vor Lachen.
Dann fuhr sie herum und eilte
aus dem Zimmer, und zwei Sekunden später hörte ich die Wohnungstür gehen. Das
Telefon klingelte, unmittelbar nachdem ich mich wieder angezogen hatte und noch
immer nicht druckreife Aussprüche von mir gab.
»Chuck MacKenzie hier, Danny«,
sprach eine heitere Stimme. »Ich habe Nachricht von Stirling Wayland, da hielt
ich es für angebracht, Sie gleich mal anzurufen.«
»Geht’s ihm gut?« fragte ich.
»Offenbar war seine
vertrauliche Untersuchung erfolgreich — was auch immer sie zum Inhalt hatte.
Ich habe ihm erzählt, was heute abend bei der Party los war, und er möchte, daß
Sie ihn morgen in seinem Hotel in Santo Bahia aufsuchen.«
»Schön«, brummte ich.
»Ferner bat er mich,
nachzufragen, ob Sie das Tonband sicher verwahrt hätten?«
»Ich hab’s bei einem...«, ich
wäre beinahe an dem folgenden Wort erstickt, »... Freund untergebracht, dem ich
unbedingt vertrauen kann.«
»Gut so.« Er zögerte einen
Augenblick. »Verstehen Sie mich bitte nicht falsch — ich meine, ich weiß ja,
daß Sie ein Profi sind und so. Aber ich wollte Sie schon heute abend vor dieser
Alysia Ames warnen. Sie ist nicht nur gerissen, sondern auch tückisch.«
»Besten Dank, Chuck«, murmelte
ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. »Ich will versuchen, immer dran zu
denken.«
»Wahrscheinlich war es dumm von
mir, es überhaupt zu erwähnen.« Er kicherte. »Ich denke, Sie würden selbst dann
mit ihr fertig, wenn Ihnen die Hände auf den Rücken gebunden wären.«
Ich legte auf und erinnerte
mich, daß Liz Arnes außer dem Tonband auch meinen Revolver besaß, was so
ungefähr die schlimmste denkbare Kränkung darstellte. Dann fiel mir ein, daß
sie ihre Tasche hatte zurücklassen müssen, was wenigstens ein ganz kleiner
Ausgleich war. Ich leerte den Inhalt auf den Tisch und fand ein paar
interessante Dinge. Ihren Führerschein, auf dem eine Adresse in der 50. Straße
stand, dazu einen Schlüsselbund an einem kostspieligen Platinring. Ganz gewiß
war auch ihr Wohnungsschlüssel dabei, und das hieß, daß sie den Hausmeister
bemühen
Weitere Kostenlose Bücher