Das Band spricht Bände
fragte ich höflich.
»Notfalls mit Gewalt«, brummte
er.
»Nun ja, ich kann Ihnen ja
nicht verbieten, es mal zu versuchen«, meinte ich. »Jedenfalls gehe ich jetzt!«
Als ich zwei Schritte weit
gekommen war, stand Thatcher unmittelbar vor mir, ein beharrliches Grinsen im
Gesicht. Ich ging geradewegs auf ihn zu, und er setzte mit der rechten Faust zu
einem Schlag gegen mich an. Er war langsam und ungeschickt, und ich hatte mehr
als genug Zeit, ihm auszuweichen und nach seinem Handgelenk zu greifen. Meine
Finger bekamen aber nur Luft zu fassen, denn er wirbelte graziös auf einem Fuß
herum und im nächsten Augenblick hieb er mir die Kante der anderen Hand
gewaltig an den Hals. Die Wucht ließ mich seitwärts schwanken, aber die rechte
Handkante gegen die andere Halsseite richtete mich wieder auf. Mir blieb der
Bruchteil einer Sekunde, mich zu fangen, ob mein Kopf sofort oder gleich
abfallen würde, dann senkten sich seine steifen Finger in meine Magengrube, und
ich klappte zusammen wie ein Taschenmesser.
»So steht’s zwar nicht im
Regelbuch«, lachte Thatcher, »aber gezählt wird ja nur der Sieg. Stimmt’s,
Boyd?«
Ich war zu sehr damit
beschäftigt, nach Luft zu schnappen, als daß ich ihm geantwortet hätte. Seine
Handkante traf mich im Genick und ließ mich in die Knie gehen, und ich griff
verzweifelt nach dem Fußboden, der mir so plötzlich entgegenkam.
»Halt!« Eine befehlsgewohnte
Stimme sagte das; wie’s schien, aus weiter, weiter Ferne.
Der Boden bequemte sich mählich
wieder in die Horizontale, nachdem ich mehrfach den Kopf geschüttelt hatte. Ich
hielt ihn mit beiden Handflächen in dieser Stellung, für den Fall, daß er sich
nochmals bewegen wollte, dann hob ich ungemein behutsam den Kopf. Es war nur
der unfehlbar wirkende Jeeves dort in der Tür, der gesprochen hatte. Und dann
fragte ich mich erstaunt, was, zum Teufel, ein Butler wohl mit dem Revolver in
der Rechten wollte.
»Die Party ist zu Ende«, sprach
er im Konversationston, »und alle außer Mr. Boyd gehen jetzt nach Hause. Und
versuchen Sie nicht, den Helden zu spielen, Mr. Thatcher, sonst muß ich Ihnen
ein Loch ins Bein schießen!«
2
»Sie sind weg.« Er ging hinter
die Bar und stellte zwei Gläser zurecht. »Wie geht es Ihnen denn jetzt, Boyd?«
»Am meisten schmerzt der
Ärger«, antwortete ich. »Vielen Dank, daß Sie zu Hilfe kamen. Da hält man sich
für einen Profi, und dieser Mensch geht mit einem um wie mit einem Wickelkind.«
»Das kann jedem mal passieren«,
tröstete er und schob mir ein Glas hin. »Versuchen Sie mal Stirlings
dreißigjährigen Scotch. Für seine Heilwirkung wird garantiert.«
»Danke«, sagte ich. Ich
schluckte den goldgelben Whisky, dann sah ich Jeeves an. »Es kam mir per
Geistesblitz, in dem Augenblick, als ich Sie mit diesem Revolver erblickte — Butler
sind Sie doch nur im Nebenberuf, nicht wahr? Und wo ist denn Ihr falscher
britischer Akzent geblieben?«
Er grinste. »Klang er so
schlecht? Ich dachte mir, das paßt ganz gut zur Dienerkleidung. Ich bin ein
alter Freund Stirlings, der ihm einen Gefallen schuldig war — Chuck MacKenzie.
Er hat mich vor drei Tagen aus Kalifornien angerufen und mir erklärt, worum es
ging — daß er das Tonband per Luftpost schicken würde und ich die Party für ihn
arrangieren solle.«
»Sie haben die Einladungen
abgeschickt?«
»Und ich mußte ja anwesend sein,
um sicherzugehen, daß alle Gäste eingetroffen waren, ehe ich Ihnen Tonband und
Anweisungen übergab.« Das Grinsen wich aus seinen Zügen. »Ich mache mir Sorgen
um Stirling. Er hätte mich gestern abend anrufen sollen, aber er hat sich nicht
gemeldet. Ich habe heute nachmittag in seinem Hotel angefragt — dem Ambassador — , und man sagte mir, er sei zwar nicht ausgezogen, aber man habe ihn seit
gestern früh nicht mehr gesehen.«
»Vielleicht ist er ganz mit
dieser vertraulichen Untersuchung beschäftigt, von der er sprach?« meinte ich.
»Vielleicht. Ich will ja nicht
behaupten, ich wisse alles, was hier gespielt wird, Danny, aber immerhin kenne
ich Stirling Wayland. Er leidet nicht unter Wahnvorstellungen und machte auch
keine dummen Witze. Wenn er sagt, jemand habe ihn umbringen wollen, dann glaube
ich das.« MacKenzie fuhr sich mit den Knöcheln über die Nasenspitze. »Ich
sollte Ihnen das eigentlich nicht an vertrauen, aber ich besitze einen Scheck
über fünftausend Dollar von ihm, den ich Ihnen im Falle seines Todes
aushändigen soll — als Honorar für Ihre genaue
Weitere Kostenlose Bücher