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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Flotte … Ich habe keine Schiffe mehr …«
    Er sprang zurück ins Bernsteinzimmer, raste dann aus dem Raum, riß die Haustür auf, und sofort erwischte ihn der Sturm, hieb wie eine Faust auf ihn ein, schleuderte ihn gegen die Mauer und jagte ihn dort kreiselnd entlang. An einer schon fast umgeknickten Palme klammerte sich Joe fest, zog den Kopf tief zwischen die Schultern und stürzte sich dann wie ein Rammbock gegen den Sturm. Die Mütze wurde ihm weggerissen, der Rock flatterte wie ein Geistervogel davon … barhäuptig, im aufgerissenen Hemd und mit zerfetzten Hosen, erreichte er den Strand, umklammerte eine in den Strand gerammte Eisenstange, an der er vor zehn Jahren noch ein Ruderboot vertäut hatte, das jetzt längst verrottet war, und sah mit flackerndem, irrem Blick auf die weggeschwemmte Bucht. Kein Schiff mehr, kein Segel, keine russische Fahne … nur ein brüllendes Meer, das alles verschlang.
    »Meine Schiffe!« schrie Joe Williams. Er warf den Kopf weit in den Nacken, hob die rechte Faust zum grauschwarzen Himmel empor, eine einzige klaffende Wunde war sein Mund, und aus dieser Wunde schrillte ein Schrei in das Toben des Orkans hinaus, ein heller, schriller Schrei, der das Herz zerreißen mußte.
    »Meine Flotte! Die Schweden siegen! Mein Rußland … ich habe dich vernichtet. Ich, der Zar! Jetzt ist die Zeit gekommen –«
    Er ließ den Eisenpfahl los, der Wind trieb ihn wie ein Stück Holz auf sein Haus zu, er prallte gegen die Mauer, krallte sich an ihr fest und erreichte den Eingang. Irgendwo blutete er … er wußte nicht, wo, er spürte nichts, er sah nur, wie er eine Blutspur hinterließ, als er durch sein Haus schwankte. Er stieg in den Keller, schleppte auf den Schultern eine Holzkiste hinauf und stellte sie im Bernsteinzimmer ab.
    Ein ohrenbetäubendes Krachen ließ ihn zusammenzucken. Über ihm kreischte und splitterte es, klang es wie ein Ächzen aus tausend Kehlen. Die Riesenhand, die auch die Platane abgedreht hatte, griff nach der Zwiebelkuppel, riß sie aus ihrer Verankerung, hob sie hoch in den Sturm, als habe sie kein Gewicht, und schleuderte sie hinaus ins Land. Das schwere Doppelkreuz wurde gegen die Mauer geschleudert und schlug ein großes Loch in den Verputz.
    »Vernichtung!« schrie Joe Williams mit greller Stimme. Sein irrer Blick glitt über die Bernsteinwände, die Spiegel und Gemälde. »Vernichtet alles! Nichts sollt ihr von mir finden! Ich ergebe mich nicht den Schweden. Ich ergebe mich nicht –«
    Er riß den Kistendeckel auf und warf ihn weg. In der Kiste lagen gelb gestrichene Stangen, eine neben der anderen. In einem gesonderten Fach, in Ölpapier eingewickelt, war eine Kabelrolle eingepackt. Ein kleiner, viereckiger Kasten mit einigen Anschlüssen und einem roten Druckhebel stand daneben.
    Mit zitternden Fingern verteilte Joe die Dynamitstangen rund an den Wänden des Bernsteinzimmers entlang, zog die Zündkabel hinter sich her in die anderen Räume, verteilte auch dort die gelben Stangen an die Wände, und als er in allen Zimmern Dynamit gelegt hatte, verband er die Kabel miteinander, steckte sie in die Anschlüsse des elektrischen Zündkastens und schlug den roten Hebel hoch.
    Draußen riß der Orkan an den Fenstern und Türen, hämmerte mit Eisenfäusten gegen die Außenwände des Bernsteinzimmers, das Meer fraß sich weiter ins Land und klatschte bereits gegen die Mauer. Ganz ruhig, mit einem Lächeln, das überirdisches Glück widerspiegelte, setzte sich Joe auf den vergoldeten, geschnitzten Sessel mitten im Bernsteinzimmer, nahm den Zündkasten auf seinen Schoß, und mit dem gleichen seligen Lächeln, den Blick auf den Bernsteinkopf des sterbenden Kriegers gerichtet, drückte er kraftvoll auf den roten Hebel herunter.
    Die Explosion, die Druckwelle war sogar noch stärker als der Orkan. In Whitesands zerbarsten einige Fensterscheiben, Reverend Killroad sah von seiner Kirche den emporschießenden Feuerball, die Explosionswolke, die schnell vom Sturm auseinandergerissen wurde, und dann die Feuerwand, aus der im Wind die Funken hoch in den Himmel stoben.
    Er rannte zum Telefon, rief David Hoven an, zum Glück konnte man noch innerhalb Whitesands telefonieren, da alle Leitungen unter der Erde verkabelt waren – auch ein Werk des alten guten Williams –, und brüllte:
    »Bei Ron ist etwas passiert! Es brennt bei ihm! Sieht aus wie eine Explosion! Tatsächlich, es brennt bei ihm …«
    »Ich kann nicht raus!« schrie Hoven zurück.
    »Du mußt, David. Du mußt

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