Das Beste aus meinem Leben
das wurst
in kühlschrank drin
der schöne deutsche wort
in kühlschrank drin…«
Na, nun, für den Rest kaufen Sie sich bitte die Jandl-Gesamtausgabe von Luchterhand!
Gern hört Bosch aber nach wie vor Reiseliteratur, Chatwin vor allem, auch Jules Vernes Reise um die Erde in achtzig Tagen haben wir schon ein paar Mal durchgenommen, dann natürlich Texte über Abenteuer in Eis und Schnee, letzthin erst einen Bericht über Shackletons gescheiterte Antarktis-Durchquerung 1914 bis 1917. Darin wird beschrieben, wie Shackleton und seine Mannschaft ihr Schiff, die vom Eis zerdrückte Endurance, verlassen und nur wenige persönliche Habseligkeiten mitnehmen. Shackleton selbst steckte eine Bibelseite ein, mit Versen Hiobs:
»Aus wessen Schoß geht das Eis hervor,
und wer hat den Reif unter dem Himmel gezeugt,
dass Wasser sich zusammenzieht wie Stein
und der Wasserspiegel gefriert?«
Danach musste ich Bosch dies auch aus der Bibel reißen und ins Eisfach legen. Wochenlang hörte ich ihn nachts die Verse murmeln. Als ich die Seite wieder aus dem Fach nehmen wollte, war sie weg.
Nur ein Buch erwähne ich ihm gegenüber nie: Mit dem Kühlschrank durch Irland von Tony Hawks, der Bericht eines Mannes, der nach einer Wette mit seinem Kühlschrank vier Wochen lang durch Irland trampte. Bosch würde auch wollen, dass ich mit ihm verreise, sicher würde er es auch wollen, am Ende sogar in die Antarktis. Vor einer ganzen Weile habe ich ihm Arthur Millers Tod eines Handlungsreisenden vorgetragen, schwierig, weil ich selbst alle Rollen lesen musste. Wir kamen an den Beginn des zweiten Akts, wo Linda Loman ihrem Mann Willy, dem Handlungsreisenden, sagt, dass die letzte Rate für den Eisschrank fällig sei:
Willy Er ist doch schon wieder kaputt!
Linda Na, er ist alt, Willy.
Willy Ich hab’ dir ja gesagt, wir hätten eine bekannte Marke kaufen sollen. Charley hat einen General Electric gekauft; der ist zwanzig Jahre alt, und das Drecksding läuft immer noch!
Linda Aber Willy –
Willy Wer hat je im Leben was von einem Eisschrank Marke ›Hastings‹ gehört. Ich möchte nur, dass mir einmal was ganz gehört, bevor’s kaputtgeht. Immer dieser Wettlauf mit dem Schrottplatz. Kaum hab’ ich das Auto abbezahlt, schon ist es schrottreif. Der Eisschrank verschleißt Keilriemen wie ein Wahnsinniger. Ist alles Berechnung. Die berechnen die Dinger so, dass sie nach der letzten Rate im Eimer sind…
Bosch unterbrach mich. »46 Jahre!«, rief er.
»Was meinst du: 46 Jahre?«, fragte ich.
»46 Jahre bin ich alt, nicht wahr? Nicht zwanzig, 46! 1955 haben deine Eltern mich gekauft, nicht wahr?«
»Ja«, sagte ich, »kurz vor meiner Geburt.«
»Ich war nie kaputt. In 47 Jahren war ich nie kaputt.«
»Ich glaube nicht.«
»Was heißt hier: ›Ich glaube nicht.‹ Ich war noch nie kaputt, klar? Abbezahlt bin ich auch. Und noch was.«
»Was?«
»Nenn’ mich nie ›Drecksding‹, ja! So wie dieser Willy. Nie ›Drecksding‹, klar?«
»Aber ich… ich würde niemals auf den Gedanken kommen…«, stotterte ich empört.
»Ich mein’ ja nur. Ich sag’s nur so. Liest du weiter?«
»Aber… aber was soll das? Wieso sollte ich auf den Gedanken kommen…?«
»Liest du jetzt weiter?«
»Ja«, sagte ich und las weiter.
Wenn es weihnachtet
J edes deiner Jahre beginnt mit umfassender Entspannung. Alles ist geschenkt. Niemand hat mehr was zu bekommen. Bis Weihnachten: ein Jahr! Und in diesem Jahr wirst du Weihnachtsgeschenke nicht kurz vorm Fest kaufen wie bisher, sondern übers Jahr verteilt erwerben. Hier was mitnehmen, da was auswählen, dort was bestellen. Sehr locker sein.
Dann vergehen Wochen, Monate.
Weihnachten hast du im Griff, denkst du. Weihnachten ist weit. Nach den Sommerferien ruft Mutter an: Was du dir zu Weihnachten wünschst. Sie wolle allmählich… Plane gern… Fahre zur Kur vorher…
Da steigt ein Gefühl in dir hoch. Weihnachten! Schon will man wissen, was du dir wünschst. Dass Weihnachten nicht komme, wünschst du dir. Oder nicht so bald. Noch drei Monate!
Anfang Oktober: die Kataloge. Philip Morris Design Shop. Manufactum. Heine. Formschöne Saftpressen, unbesiegbare Radiowecker, Füllfederhalter dick wie Maiskolben. Da wird man in der Not was kriegen. Das ist dein Netz. Das entspannt dich wieder.
Dann aber der Dezember. Komischerweise hast du da immer besonders viel Arbeit. Eines Abends fragst du deine Frau, was sie sich wünsche. (Vielleicht sagt sie ja was.) Im September hat sie mal gesagt, was sie
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