Das blaue Feuer - Roman
Männer vom Pynvium-Konsortium hatten sie gebracht, und Papa hatte sie angebrüllt. »Ihr habt das hierher gebracht? In mein Heim? Ihr habt ja keine Ahnung, was es bewirkt!«
Nie zuvor hatte ich gesehen, dass Papa vor Geheimzeichen Angst hatte. Hatten sie ihn auch gequält? Ich hatte mich versteckt, weil ich bei dem Gebrüll Angst hatte und weil mein Bauch sich so komisch fühlte, nachdem ich die Truhe gesehen hatte. Großmama hatte mich im Schrank gefunden und mich ins Bett gebracht. Sie wiegte mich und sang Schlaflieder, bis ich eingeschlafen war.
»Nya, bist du da drin?« Die Tür ging auf, und Aylin steckte den Kopf herein.
»Ja, ich bin hier.«
Sie überflog die Bücher, die in den Regalen standen, nahm diesmal aber keines heraus. Ziemlich viele Bücher fehlten, demnach hatte sie genug zu lesen, zumindest für eine Zeitlang. »Wir haben einen ziemlich hohen Berg mit Schätzen unten zusammengetragen. Ich habe alles auf den Esstisch legen lassen.«
»Danke.«
»Alles in Ordnung? Du siehst aus, als ob dir nicht gut ist.«
»Alles bestens.« Ich stand auf und legte die Handflächen über den Bauch. »Ich glaube, Soeks Fischsuppe mag mich nicht besonders, aber das geht vorbei.«
Sie nickte und durchsuchte eine Schreibtischschublade. »Willst du alles durchsehen oder soll ich?«
»Du kannst das machen. Du hast ein besseres Auge dafür, was sich gut verkauft.«
»Kaufmannstochter.« Sie grinste, war aber gleich darauf wieder traurig. Das war immer so, wenn sie über ihre Mutter sprach. Nicht, dass Aylin überhaupt viel geredet hätte. Keiner von uns sprach über unsere Familien. »Übrigens, ich glaube nicht, dass alle abgeben, was sie finden. Ich habe Kneg erwischt, wie er einen Goldrahmen in seine Tasche steckte.«
»Schon in Ordnung. Wir haben mehr als genug und ich mache ihnen keinen Vorwurf, wenn sie ein bisschen mehr haben wollen. Würdest du nicht auch etwas stibitzen?«
»Wer sagt, dass ich das nicht habe?« Sie streckte mir die Zunge raus und wirbelte zur Tür. »Ich sortiere die Schätze nach Wert. Wir verpacken sie und bewahren sie in deinem Zimmer über Nacht auf.«
»Klingt gut.«
Aylin schloss die Tür hinter sich. Ich seufzte und machte mich daran, die Schubladen und Regale durchzusehen. Aber dort gab es außer Büchern nicht viel. Ein paar Kerzenhalter könnten einen guten Preis einbringen, eine Vase, die wie Wasserkristall aussah, aber ansonsten ...
Mein Magen verkrampfte sich, genau wie im Arbeitszimmer. Meine Hand wurde vor einem Bücherregal steif und fiel nach unten. Noch mehr Pynvium mit Zauberzeichen? Aber nicht nur in einer Schublade eingeschlossen. Dieses steckte hinter Büchern.
Warum eines einschließen und das andere verstecken?
Ich holte tief Luft und riss ein Buch heraus. Dann noch eins, dann ein drittes. Bis das Fach leer war und nur ein kleines Kästchen dastand. Kein blaues Band, den Heiligen sei Dank, nur ein schlichtes eisernes Kästchen mit einem Schloss daran.
Wieder verkrampfte sich mein Magen.
Mach's einfach auf!
Meine Hand bewegte sich nicht.
Nimm es!
Ich schob die Bücher zurück ins Regal und rannte aus dem Raum.
Drittes Kapitel
D er Flohmarkt war keineswegs einer meiner Lieblingsplätze. Nicht nur, weil ich zuvor nie etwas besessen hatte, das ich hätte verkaufen können. Dort waren alle Diebe - gestohlene Ware wurde gekauft und verkauft. Außerdem suchte man dort nach gestohlenen Sachen. Man musste die Taschen und die Zunge hüten. Machte man einen Fehler, wurde man unweigerlich beklaut.
Wir entschieden, dass sechs von uns gehen sollten: Ich, Danello, Aylin, Tali, Soek und Jovan. Mehr würden wahrscheinlich Aufmerksamkeit erregen, weniger konnten nicht genug tragen oder verkaufen, um uns ein Weilchen über Wasser zu halten. Wir wollten paarweise verkaufen, um Rückendeckung zu haben.
»Weiß jeder, wie viel er herausschlagen soll?«, fragte ich einen Blick vom Markt entfernt. Aylin hatte gute Arbeit geleistet, als sie den Wert unserer Bündel eingeschätzt hatte. Wahrscheinlich würden wir nicht die gesamte Summe bekommen, aber je näher wir drankämen, desto besser wäre es.
»Ich weiß es genau.« Jovan machte schon sein Pokergesicht. Gestern Abend hatte er uns alle überrascht, als wir ausprobierten, wer am besten lügen konnte. Tali war längst nicht so gut, aber sie hatte eine listige Art, einen dazu zu bringen, ihr zu geben, worum sie bat. Sie nannte es ihr »Hungriges-Welpen-Gesicht« und meinte, sie habe damit viele zusätzliche
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