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Das Blut der Rhu'u

Das Blut der Rhu'u

Titel: Das Blut der Rhu'u Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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hinunter. Das Haus ist am Ende des Weges. Sie brauchen nur den Touristen zu spielen, der sich verirrt hat. Lassen Sie sich von den Bashirs eine Landkarte zeigen oder bitten Sie sie, ihr Telefon benutzen zu dürfen, oder irgendwas in der Art. Ich brauche nur etwa knapp zehn Minuten, wahrscheinlich weniger.«
    »Und wie kommen Sie dahin?«, wollte Jarod wissen.
    Wolf grinste. »Durch den Wald.«
    Jarod blickte in die Dunkelheit und versuchte, die Entfernung abzuschätzen. »Das dauert doch ewig«, stellte er fest.
    Wolf lächelte geheimnisvoll. »Ich werde schon rechtzeitig ankommen. Vertrauen Sie mir.« Mit diesen Worten war er im Wald verschwunden. Jarod fuhr kopfschüttelnd weiter.
     
    *
     
    Kara starrte aus dem vergitterten Fenster ihres Zimmers und blickte in die Nacht hinaus. Sie konnte nicht schlafen und grübelte fruchtlos über einen Fluchtplan nach. Sie war nicht bereit, einfach aufzugeben und sich von Catunua zur Schachfigur gegen ihren Vater machen zu lassen. Ihre beste – und gegenwärtig einzige – Option war, Camulal dazu zu bringen, sich gegen seine Mutter zu stellen und Kara zur Flucht zu verhelfen.
    Ihre Empathie sagte ihr, dass er sie offenbar gern mochte. Kara drängte ihn nicht mit Worten, sich auf ihre Seite zu schlagen, aber sie folgte ihm jedes Mal bis zur Tür, wenn er wieder ging, nachdem er ihr profanes Essen gebracht hatte, und sah ihn so bittend an, wie sie nur konnte. Die Taktik zeigte Wirkung. Er zögerte jedes Mal ein bisschen länger, ehe er die Tür schloss und verriegelte, begleitet von einem um Verzeihung bittenden Blick. Sie müsste sich schwer täuschen, wenn sie ihn nicht in ein paar weiteren Tagen so weit hätte, dass er mit ihr durchbrannte.
    Ihr Herz schlug schneller, als sie zwischen den Bäumen hindurch die Scheinwerfer eines Wagens sah, der sich dem Haus näherte. Sie öffnete das Fenster und presste den Kopf gegen die Gitterstäbe, um zu sehen, wer dort kam. Vielleicht ihre Familie.
    Doch der Wagen hielt vor dem Haus in einem Winkel, den Kara nicht einsehen konnte. Kurz darauf schallte die Türklingel durch das Haus. Und wenig später hörte sie die vertraute Stimme von Jarod. Ihr erster Impuls war, sich bemerkbar zu machen. Doch das wäre keine gute Idee. Die Bashirs würden mit ihm wahrscheinlich kurzen Prozess machen, wenn sie ihn dadurch als Feind einstuften. Falls sie ihn nicht ohnehin als Defensor erkannten. Außerdem war er wohl nicht zufällig hier. Irgendwie hatte er sie gefunden und demnach einen Plan, sie hier rauszuholen.
    »Entschuldigen Sie die späte Störung«, hörte sie ihn sagen, als jemand ihm die Tür öffnete. »Ich habe mich total verfahren. Mein Navigationsgerät spielt verrückt, und bei meinem Smartphone ist der Akku leer. Können Sie mir sagen, wie ich nach Blairgowrie komme? Wo bin ich hier überhaupt?«
    Die Tür zu ihrem Zimmer wurde geöffnet, und Camulal steckte den Kopf herein. Er legte einen Finger an die Lippen und winkte sie zu sich. Kara ließ sich nicht zweimal bitten. Camulal nahm ihre Hand und führte sie leise durch das Haus in den Keller und durch eine Hintertür ins Freie. »Bleib ganz dicht bei mir«, forderte er sie flüsternd auf. »Um das Haus liegt ein Schutzschild, wie du sicher schon bemerkt hast.«
    »Den deine Mutter kontrolliert.«
    »Ja. Und sie spürt genau, ob einer von uns ihn durchschreitet oder ein Fremder. Ich werde meine Aura über deine legen. Auf diese Weise nimmt sie nur mich wahr, aber nicht dich. Sie wird glauben, ich kontrolliere draußen, ob sich außer dem Besucher noch jemand hier herumtreibt.«
    Camulal legte den Arm um sie, drückte sie dicht an sich und führte sie vom Haus weg in den Wald hinein, der unmittelbar dahinter begann. Als sie die Grenze des Schutzschilds überschritten, fühlte Kara ein leichtes Kribbeln. Camulal führte sie tiefer in den Wald hinein. Kara hatte keine Probleme, in der Dunkelheit zu sehen, als wäre die Welt in das fahle Licht der Morgendämmerung getaucht, kurz bevor die Sonne aufging. Nachtsichtigkeit war eine weitere nützliche Fähigkeit, die das Erwachen ihres Dämonenbluts mit sich gebracht hatte.
    Camulal blieb stehen und deutete nach vorn. »Wenn du noch ein paar Schritte in diese Richtung gehst, triffst du auf die Straße. Da kommt gleich dein ›Taxi‹ vorbei.« Er machte Anstalten, zum Haus zurückzugehen.
    »Kommst du nicht mit?«
    Er schüttelte den Kopf. »Wenn ich jetzt verschwinde, wird Mutter misstrauisch und findet zu früh heraus, dass du weg bist.

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