Das Blut der Rhu'u
die hintere Tür und setzte sich neben sie, nachdem sie eingestiegen war. Jarod setzte sich wieder hinter das Steuer und fuhr los.
»Nach Inverness bitte«, wies Camiyu ihn an.
Jarod warf ihm im Rückspiegel einen vorwurfsvollen Blick zu. »Ich habe mir doch gedacht, dass Wolf nicht Ihr richtiger Name ist.«
Camiyu grinste. »Gibt es einen besseren Namen für einen Rhu’u, der sich als Wolf im Schafspelz unter die ›Schafe‹ der Gemeinschaft des Lichts eingeschleust hat?«
»Wie hast du das geschafft?«, wollte Kara wissen.
Sein Grinsen wurde breiter. »Ich bin ganz offen zu ihnen gegangen und habe um Aufnahme gebeten. Nach ein paar Jahren Probezeit waren sie davon überzeugt, dass ich mit Herz und Seele von ihrer Sache überzeugt bin, und haben mich in den inneren Kreis eingeweiht und aufgenommen. Und da ich mich die ganze Zeit über mit einem magischen Schild tarne, konnte ich, als sie dich töten wollten, sogar gefahrlos einen der Dämonendolche in die Hand nehmen. Du erinnerst dich?«
Kara nickte.
»Ich gebe zu, das war ein Experiment, von dem ich nicht wusste, ob es funktionieren würde, oder ob ich mir an dem Ding die Finger verbrenne. Aber das ging zum Glück gut.«
Er legte den Arm um ihre Schultern und streichelte beruhigend ihren Arm, eine Geste, die Kara tatsächlich beruhigte. Sie merkte erst jetzt, dass sie innerlich zitterte. »Wieso bist du überhaupt zu denen gegangen, Camiyu? Zu unseren Todfeinden?«
»Ich hielt es für das Beste, gerade bei ihnen mit der Suche nach den fehlenden Kristallen zu beginnen. Die Aufgabe der Gemeinschaft ist nicht nur die Vernichtung unserer Familie, sondern in dem Zug auch die des Arrod’Sha. Seine Macht erlischt nur, wenn der Letzte von uns tot ist. Natürlich mussten sie uns auch daran hindern, die fehlenden Teile zu finden und somit den Kristall wieder zusammenzufügen. Das konnten sie am besten tun, indem sie selbst die fehlenden Teile suchten und an Orten versteckten, von denen sie glauben, dass wir keinen Zugriff darauf haben.«
Kara merkte an seinen aufmerksamen Blicken in den Rückspiegel, dass Jarod die Ohren spitzte und sich kein Wort entgehen ließ. Sie vertraute ihm, weshalb sie keine Veranlassung für Heimlichkeiten sah.
»Ich habe also ihre alten Chroniken studiert und alle Quellen, in denen vielleicht Hinweise auf ihre Suche und etwaige Erfolge zu finden sein könnten«, fuhr Camiyu fort. »Um an die heranzukommen, musste ich zwangsläufig einer von ihnen sein. Sie zu stehlen, wäre zwar eine Option gewesen, aber«, er lächelte verschmitzt, »du kennst vielleicht die alte Mafia-Weisheit, dass man seine Freunde nahe, seine Feinde aber noch näher bei sich halten sollte.«
»Hattest du Erfolg?«
»Oh ja«, bestätigte er. »Die Gemeinschaft hat im Laufe der Jahrhunderte drei Kristalle gefunden. Ich habe das Versteck von zweien lokalisiert. Das dritte finde ich auch noch. Und danach steht der Wiedervereinigung des Arrod’Sha nichts mehr im Weg.«
Genau das bereitete Kara Sorgen. »Aber es sind doch neun Teile. Wir haben fünf, die Gemeinschaft hat drei. Wo ist der neunte Teil?«
Camiyu lächelte zufrieden. »Den habe ich schon eher zufällig gefunden, bevor ich der Gemeinschaft beigetreten bin. Du siehst, wir haben bald alle.« Er bemerkte ihre Besorgnis und fasste sanft ihre Hand. »Carana, willst du mir sagen, warum du davongelaufen bist?«
»Damit der Arrod’Sha nicht zusammengefügt werden kann«, gestand sie. »Als ich das Wissen des Blutes erfahren habe, habe ich gesehen, was für eine furchtbare Waffe der Kristall sein kann, wenn er wieder ganz ist. Und du weißt besser als ich, wozu Catunua seine Macht benutzen, besser gesagt missbrauchen will. Außerdem gibt es keine Garantie dafür, dass die Macht des Kristalls nicht uns alle korrumpiert, wenn er wieder zusammengesetzt ist. Das kann ich nicht zulassen.«
Er drückte sie tröstend an sich und sah sie mitfühlend an. »Und um das zu verhindern, wärst du bereit gewesen, dein Leben lang auf der Flucht zu sein?«
Sie nickte unglücklich.
Er zog sie fester an sich und barg ihren Kopf an seiner Schulter. »Oh Carana! Dafür wäre deine Flucht gar nicht nötig gewesen.«
»Wieso?« Sie lehnte sich an ihn und genoss es, sich einmal auf jemand anderen als immer nur sich selbst stützen zu können. Camiyu strahlte eine Kraft und gleichzeitig Ruhe aus, in der sie sich geborgen fühlte.
Er strich ihr über das Haar. »Du hast das Ritual, um das Wissen des Blutes zu erlangen, wohl nur
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