Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
Nehme sie fest. Führe sie auf dem Markt zum Schafott. Lass ihre Verbrechen verlesen … und dann, als Geste guten Willens, und um den Beginn deiner Herrschaft nicht mit blutigen Händen zu begehen, erweise ihnen Gnade, wenn sie dort, vor dem Schafott und vor den Priestern der Götter ihre Treue schwören. Die drei jedoch, die am ärgsten in den Verrat verstrickt waren, lass hinrichten, mit aller Härte und Schrecken. Und der, der die größte Schuld getragen hat … an ihm übe nach altem Recht das Urteil aus. Render hat nichts Geringeres als die große Tortur verdient.«
»Du meinst … die ganze Familie?«, fragte Leandra heiser.
»Was ist die große Tortur?«, fragte Serafine.
»Sie wurde seit Jahrhunderten nicht mehr durchgeführt«, erklärte Sieglinde. »Sie ist Königsmördern oder denen vorbehalten, die unsägliche Verbrechen begangen haben. Der Hauptschuldige wird über Tage lang gerichtet, indem man ihn in kleine Stücke schneidet, ohne ihn sterben zu lassen … doch bevor er stirbt, darf er zusehen, wie man an seiner gesamten Familie die kleine Tortur verübt, auch hier wird das Opfer in Stücke geteilt, doch man lässt es schneller sterben.«
»Für Menschen ist das gründlich«, stellte Zokora fast schon beeindruckt fest. »Ich wundere mich nur, dass du es vorschlägst.«
»Es ist ein hartes Urteil«, sagte ich rau. »Aber es ergibt auch einen Sinn. Lässt man die Kinder leben, werden sie auf Rache sinnen, und manchmal braucht es Härte, um das Reich zu schützen.«
»Aber gleich die ganze Familie?«, fragte Serafine entsetzt. »Sie können doch nicht alle schuldig sein?«
Ich schüttelte den Kopf und räusperte mich, da meine Kehle trocken war. »Wer sich derart verstrickt, wird es nicht ohne Rückhalt seiner Familie tun. Ein solcher Verrat wird von Hass getragen. Es gab zwei andere Erben neben dem Grafen, mit minderem Anspruch, dennoch ließ er sie ermorden, sorgte dafür, dass es keinen gab, der Anspruch erheben konnte. Wer auch immer ihm dabei half, hat selbst nicht gezögert, sich sogar an Kindern zu vergehen.«
»Es gibt einen, der eine Tochter hat«, sagte Leandra leise. »Sie ist erst vier. Sie kann nicht schuldig sein.«
»Sie wird erwachsen werden, Leandra. Lässt du sie leben, wird sie nach Rache trachten.«
»Lass sie nach Askir bringen«, schlug Serafine vor. »Gib sie in eine Familie dort, und lass sie vergessen, wer sie ist. Schaffe sie weit fort von hier … aber vergehe dich nicht an den Kindern.«
»Havald hat recht«, sagte Zokora unbewegt. »Kinder werden erwachsen. Es ist ein Fehler, sie leben zu lassen.«
»Es wäre nicht gerecht«, widersprach Varosch. »Kinder sollten nicht für ihre Eltern haften.«
»Sie tun es immer«, sagte Zokora kühl. »Auf die eine oder andere Weise haften wir alle für die, die vor uns waren.«
»Das mag sein, doch ich morde keine Kinder«, entschied Leandra mit belegter Stimme. »Was das angeht, werde ich Serafines Ratschlag folgen und auf das Beste hoffen. In allem anderen …« Sie schluckte, »werde ich so verfahren, wie es Havald vorgeschlagen hat. Jeder, der mir Treue schwört, wird Gnade erfahren, doch die drei Ersten unter den Verrätern werden mit aller Härte gerichtet werden. Nur die Kinder nicht.« Sie atmete tief durch. »Danke für den Rat. An euch alle. Es gibt noch etwas.«
»Was wäre das?«, fragte Serafine.
»Ihr habt davon gehört, dass man unsere Mauern untergraben wollte?«
Ich nickte.
»Wir haben die Überlebenden gefasst. Einen seltsamen Mann mit seinen zwei Söhnen. Er sagt, er hätte es so eingerichtet, dass die Tunnel zusammenstürzten, als er das Rauchpulver gezündet hat, und hätte so die begraben, die uns überraschen sollten. Er sagt, dass er ein Gefangener gewesen wäre, und bietet uns seine Dienste im Tausch gegen seine Freiheit an. Und mehr.«
»Was mehr?«, fragte ich.
»Der Vater sagt, dass sie Zwerge wären, und er bietet an, für uns zu vermitteln, ein Angebot der Allianz in seine Heimat zu überbringen.« Sie sah zu Varosch hin. »Ich will wissen, ob er die Wahrheit spricht.«
»Wohl kaum«, sagte Zokora entschieden. »Es gibt keine Zwerge mehr. Nicht in diesen Landen. Ich muss es wissen, mein Volk gab sich redlich Mühe, sie aus dem Stein zu tilgen.«
Jarkar Steingrimm
28 Ich hatte Verliese noch nie gemocht. Oftmals waren sie für meinen Geschmack zu sehr in die Tiefe gebaut, dann konnte man meinen, den ganzen Stein über sich zu fühlen, der nur darauf wartete, einen zu
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