Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
und schlagen uns in den Wald.«
Als wir in den Wald marschierten, sanken unsere schweren Stiefel tief in den weichen Boden ein. Spätestens am Morgen wäre selbst ein Blinder in der Lage, unsere Spuren zu verfolgen, doch dagegen konnten wir nichts tun.
»Oh Götter«, stöhnte einer der Rekruten. »Wie sind meine armen Füße geschunden worden!«
Er sprach damit aus, was wohl jeder Neuling dachte. Feuchtigkeit und neue Stiefel gingen nicht gut zusammen. Meine Stiefel waren alt, gut eingelaufen und gefettet, insofern ging es mir ein wenig besser.
»Was gäbe ich jetzt für ein Pferd«, meinte ein anderer wehmütig. »Ich hoffe nur, dass die Gerüchte wahr sind und der Lanzengeneral uns allen Pferde geben wird!«
»Ein Pferd würde dir jetzt auch nicht helfen«, stellte Armus fest.
»Doch«, widersprach ein anderer. »Wir könnten es essen.«
»Nicht ohne Feuer«, gab Armus bedrückt zurück und zog seinen nassen Umhang enger um sich.
»Wenn wir schon beim Wünschen sind«, meinte ein anderer sehnsüchtig, »dann hätte ich jetzt gerne einen Gasthof mit einem warmen Kamin, gutem Bier und einer willigen Schankmagd!« Ich sah den weißen Fleck seines Gesichts, als er sich mir zuwandte. »Können wir denn gar kein Feuer machen, auch kein kleines?«
»Selbst hier im Wald kann man den Schein weit sehen … und noch weiter kann man das Feuer riechen«, sagte ich und massierte mir den linken Knöchel, den ich mir eben auf einer Baumwurzel vertreten hatte. Ich wies auf die Baumgruppe, die ich mir ausgesucht hatte, hier standen fünf Bäume recht eng zusammen. »Spannt vier Zeltbahnen zwischen den Bäumen dort, damit wir einen Windschutz haben, und die restlichen zu einem Dach.« Ich stand mühsam auf. »Ich werde die erste Wache halten. Ihr zwei habt dann die nächste Wache.«
»Sollten wir nicht losen?«, meinte einer der Rekruten, die ich ausgedeutet hatte, und klang recht unglücklich dabei. Er war es gewesen, der die Wagenspuren entdeckt hatte, und Armus war bei unserem Gang durch den dunklen Wald nicht ein einziges Mal gestrauchelt. Beide besaßen entweder gute Nachtsicht oder eine hohe Aufmerksamkeit.
»Nein«, antwortete ich ihm. »Das sollten wir nicht.«
Ich konnte mich an einige Gelegenheiten erinnern, die unangenehmer waren, als in einer kühlen, nassen Nacht ohne Feuer zu lagern, vor allem, wenn man in Rüstungen schlafen musste, die in den letzten Glocken scheinbar dreifach an Gewicht zugenommen hatten. Aber viele waren es nicht.
Dennoch schlief ich nach der Wache sofort ein, es half schon, dass die Zeltplanen über uns den Regen wenigstens so weit abhielten, dass er uns nicht in Bächen in den Nacken rann. Es roch nach feuchtem Laub, nasser Wolle, Rost und uns. Ab und zu bewegte sich jemand oder stöhnte leise, während der Regen weiterhin unvermindert auf die Zeltplanen über uns prasselte.
Bevor ich einschlief, dachte ich träge darüber nach, warum, bei allen Göttern, ich mich nur in diese Lage gebracht hatte …
Das Rätsel der Ostmark
2 »Ihr wollt in die Ostmark gehen?«, fragte Askannons verlorene Kaiserin fast schon empört, während wir zusammen die Kaiserstraße hinauf zur Zitadelle schritten. »Warum das? Wäre es nicht angebrachter, Eurer Freundin Leandra zu helfen?«
»Leandra hat Hilfe genug«, erklärte ich Kaiserin Elsine. »Die Priester können bestätigen, dass die Königin sie zu ihrer Nachfolgerin bestimmte. Sie ist an Steinherz gebunden, das sollte schon reichen, um ihren Anspruch zu sichern. Sie kommt durch ein magisches Tor, über das wir die Stadt von Askir aus versorgen können … und hat damit fast auch schon die Belagerung gebrochen. Blix wird sie begleiten, und wo Vernunft nicht ausreicht, wird der Anblick von hundert kaiserlichen Legionären schon für Ruhe sorgen. Sie bringt eine Allianz mit Askir mit und Hoffnung auf Rettung. Niemand, der noch klar denken kann, wird sich gegen sie stellen.«
Ich dachte an die alte Herzogin und fragte mich, ob sie es geschafft hatte, rechtzeitig nach Illian zu kommen. »Außerdem wird sie auch vor Ort Hilfe erfahren. Nein, Leandra braucht mich im Moment nicht. Generalsergeantin Kasale ist ungemein fähig, sie wird die zweite Legion so schnell ins Feld bringen, wie es irgend möglich ist, und hier in Askir ist die Lage ruhig. Das Problem war und ist die Ostmark. Dort stehen fast dreißigtausend hartgesottene Soldaten unter Marschall Hergrimms Befehl, eine Armee, die alleine schon die fünf oder sechs Legionen des Feinds
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