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0322 - Das Fratzengesicht

0322 - Das Fratzengesicht

Titel: 0322 - Das Fratzengesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Arbeitslos waren sie. Irgendwann von ihren Eltern weggelaufen und nach Hongkong gekommen, um in dieser Riesenstadt, wo sich Menschen auf engstem Raum drängten, abzusahnen.
    Sie schlugen sich mehr schlecht als recht durchs Leben, waren zweimal erwischt und fürchterlich verprügelt worden, doch sie hatten nichts gelernt als zu betrügen oder zu stehlen.
    Neue Märkte zu suchen! Einer von ihnen hatte diesen Slogan einmal aufgeschnappt und seinem Freund davon erzählt.
    Auch sie wollten neue Märkte suchen, zum Beispiel im Hafenviertel.
    Da gab es so manches, was auf den Schiffen lag und wert war, mitgenommen zu werden. Nicht auf den hochmodernen Frachtschiffen.
    Die lagen hier nicht, zudem waren sie gut bewacht. Nein, sie hatten sich auf die sogenannten Brigantinen spezialisiert.
    Brigantinen nannte man die Touristen-Dschunken. Auf diesen Schiffen, die an den Küsten von Hongkong und Kowloon segelten, befanden sich ganze Heerscharen von Touristen. Die meisten Menschen kamen aus Europa und den Staaten, zudem waren sie gut betucht, für die beiden Halbwüchsigen genau richtig. Tagsüber hatten sie sich eine Brigantine ausgesucht. Sie dümpelte ein wenig abseits.
    Starke Taue hielten sie an den Uferpollern fest. Mittschiffs und an Heck befanden sich die beiden großen Mattensegel, wobei das hintere um ein Drittel kleiner war.
    Die Halbwüchsigen hockten hinter großen Containern auf dem schmutzigen Kaiboden. Es roch nach Fisch, nach Gewürzen und nach fauligem Wasser. Der Mond warf sein Licht auf die leicht gekräuselte Oberfläche und gab den laufenden Wellen einen silbrigen Anstrich. Es herrschte Stille. Wo sich die Halbwüchsigen befanden, wurde auch des Nachts nicht gearbeitet. Der Trubel begann erst in den Morgenstunden, wenn die großen Hotels die Touristenströme ausspuckten.
    Sie warfen sich einen Blick zu. Ein jeder suchte das Einverständnis in den Augen des anderen.
    Ihr Nicken kam synchron.
    Das war das Zeichen. Sie wollten auf das Schiff. Den offiziellen Kontrollen hätten sie am Tage nicht entgehen können.
    Geduckt legten die beiden den Weg zurück, bis sie einen der hohen Poller erreichten. Die jungen Diebe hatten es gelernt, sich lautlos zu bewegen. Wenn sie liefen, war kaum ein Geräusch zu vernehmen. Sie duckten sich hinter dem Poller zusammen. Vor ihren dunklen Augen befanden sich die armdicken Taue, die das Schiff hielten. Die Taue waren so stramm um den Poller gewickelt, daß es den Anschein hatte, als wollten sie ihn umreißen.
    Noch einmal schauten sie sich um.
    Beide sahen keine Gefahr, kamen hoch und schlichen zum Kaiende.
    Sie wollten die Dschunke schwimmend erreichen, denn zwischen ihr und dem Kai befand sich kein Steg. Der wurde erst am Morgen ausgelegt.
    Fast wären sie gesprungen. Im letzten Moment hielten sich beide zurück, denn was sie zu sehen bekamen, war unheimlich.
    Das Tau bewegte sich.
    Eigentlich nichts Unnormales, aber in dieser Nacht war es fast windstill. Dennoch schaukelte das Tau, so daß die beiden jungen Diebe vor Staunen Augen und Münder aufrissen.
    Das konnten sie nicht begreifen.
    »Da!« Es war nur ein Wort. Gleichzeitig deutete der junge Mann nach links, wo das Tau eine Brücke zwischen Poller und Schiff bildete.
    Das Tau schwang, es bewegte sich, schien zu laufen. Nur war das unmöglich, da es keinen äußeren Einflüssen ausgesetzt war. Und von allein konnte es sich auch nicht bewegen.
    In der Tat bewegte es sich nicht allein. Es wurde bewegt. Auf ihm tanzten und krabbelten zahlreiche Tiere, die nahezu fluchtartig von der Dschunke dem Land entgegenbalancierten, wobei sich nicht alle halten konnten und einige von ihnen in die schmutzige Hafenbrühe klatschten.
    Als die Tiere fielen, wurden sie bemerkt.
    »Das sind ja Ratten«, flüsterte einer der Halbwüchsigen. »Verdammt, Ratten! Und sie verlassen das Schiff…« Das Gesicht des Jungen erstarrte vor Angst.
    Auch sein Freund wußte, was es zu bedeuten hatte, wenn die Ratten das sinkende Schiff verließen.
    Die Dschunke war verloren.
    Sie war dem Untergang geweiht, denn die Tiere merkten dies stets als erste. Die beiden Halbwüchsigen kannten die alten Geschichten.
    So schnell wie möglich machten sie kehrt und rannten davon.
    Mit dem Tod wollten sie nichts zu tun haben…
    ***
    Auch der Mann auf der Brigantine hörte die Geräusche. Da war das Trappeln der kleinen Füße, wie sie über die Deckplanken huschten und an der Bordwand kratzten.
    Sie kamen von überall her. Aus den Ritzen der Planken, aus Öffnungen, aus

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