Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
aufhalten könnte, die wir in den Barbarenländern vermuten. Aber nicht, wenn es dem Nekromantenkaiser gelingt, die Barbaren unter seinem Banner zu vereinen. Die Bedrohung ist real. Bis jetzt ist es noch nie vorgekommen, dass die Barbaren vereint angegriffen haben, und auch so war es schon schwer genug, sie zurückzuhalten. Wenn sie gemeinsam mit den schwarzen Legionen marschieren, werden sie uns wie eine Flutwelle überrennen … dann dauert es nicht mehr lange, bis sie vor unseren Mauern stehen.«
»Das können sie so lange tun, wie sie es wollen«, antwortete die ehemalige Kaiserin grimmig. »Nichts wird diese Mauern durchbrechen können.«
»Selbst wenn dem so wäre, nützt es uns wenig«, erklärte ich ihr. »Es verfehlt doch den Sinn, wenn wir hinter unseren Mauern gefangen sind, während der Feind den Rest der sieben Reiche erobert. Auch Askir kann nicht allein gegen diesen Feind bestehen.«
»Ich verstehe nicht, wieso diese Barbaren eine solche Bedrohung geworden sind«, sagte sie, während ich den Gruß einer Gruppe Offiziere erwiderte, die uns dann interessiert hinterhersahen. »Zu meiner Zeit gab es nur vereinzelt Übergriffe … dafür ließ sich der Handel gut an.«
»Das ist eine Weile her«, antwortete ich. Um die siebenhundert Jahre. Während sie in diesen magischen Ketten gefangen lag, hatte sich die Welt verändert. Nach allem, was ich wusste, nicht zum Besten.
»An was habt Ihr gedacht?«, wollte sie wissen. »Ihr habt doch selbst gesagt, dass unsere Legionen unzureichend sind … und es noch Jahre dauern wird, sie auf Stand zu bringen. Zeit, die, so möchte ich anmerken, uns Kolaron schwerlich gewähren wird. Er ist im Vorteil und wird diesen nutzen.«
»Deshalb sind wir hier«, entgegnete ich. »Ich bat meinen Adjutanten, Schwertleutnant Stofisk, nach Büchern über die Barbaren Ausschau zu halten. Er fand eines, das sich eignen könnte, und versprach mir, es für mich zu besorgen. Das war vor dem Überfall, mittlerweile sollte ihm das gelungen sein.«
»Schaut in den Archiven des Eulenturms nach«, riet sie mir. »Ich weiß, dass einige Eulen Zeit im blutigen Land verbrachten.«
Die Archive des Eulenturms waren nur den Eulen, den Maestros des Kaiserreichs, zugänglich, wie sie darauf kam, ich könnte sie selbst durchforsten, erschloss sich mir nicht, doch sie hatte insoweit recht, als dass ich Kaiserin Desina oder die Eule Asela danach fragen konnte. Nur, dass ich diesen beiden zumindest für den Moment nicht gegenübertreten wollte.
»Weshalb nennt Ihr die Ostmark so?«, fragte ich sie, um davon abzulenken. »Ich dachte, damals wäre die Lage nicht so schlimm gewesen?«
»Die Elfen nannten das Land so. Es gab dort vor Jahrtausenden eine Schlacht um eine der wenigen Elfenstädte, die es dort gab. Ich weiß nicht mehr, worum es ging, aber die Kämpfe waren wohl so blutig, dass man sich bis heute darauf besinnt.«
Sie seufzte. »Kennard hat sich schon immer dafür interessiert, er sandte sogar Expeditionen aus, um diese alte Elfenstadt zu finden und dort vielleicht etwas zu lernen. Nicht eine einzige ist je zurückgekehrt. Er sprach oft davon, dass wir selbst dort hinfliegen sollten, um die Stadt zu suchen …« Ein wehmütiges Lächeln umspielte ihren Mund. »Aber irgendwie kam es dann doch nicht dazu.«
Sie blieb stehen und sah mich mit diesen dunklen Augen an, die mich so sehr an Serafine erinnerten. Wie bei vielen, denen die Magie oder das Erbe der Alten oder sogar beides im Blut lag, war sie mit dieser zeitlosen Schönheit gezeichnet. Die Falten, die sie besaß, waren glatt und leicht zu übersehen und zeigten Charakter … dennoch hatten sich die Spuren tiefen Leids in ihr Gesicht gegraben. Irgendwann musste sie viel gelacht haben, die feinen Fältchen an ihren Augen verrieten es, doch die Spuren von Entbehrung waren tiefer in ihr Gesicht gezeichnet. Zudem umgab sie ein Gefühl von tiefer Traurigkeit und leiser Verzweiflung, oftmals, wenn sie sich unbeobachtet glaubte, sah ich Tränen in ihren Augen oder die Mühe, die sie aufwandte, um nicht zusammenzubrechen. In dieser Hinsicht erinnerte sie mich an Asela, wahrscheinlich die einzige Maestra, die Askannons verlorener Kaiserin an Macht gleichkam, und beide Seras hatten unvorstellbar unter dem Nekromantenkaiser gelitten.
Doch während Asela sich wieder zum Kaiserreich bekannte und nun nach bestem Willen und Fähigkeiten Desina unterstützte, hatte mir Sera Elsine gleich zu Anfang mitgeteilt, dass sie nicht nach Askir
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