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KR127 - Ich bluffte den Hafenboß

KR127 - Ich bluffte den Hafenboß

Titel: KR127 - Ich bluffte den Hafenboß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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Ich fand die Bude erst nach längerem Suchen. Ein einfaches, schmales, leicht angefaultes Holzhaus, das wie ein Zwerg zwischen den Riesen zweier Getreidesilos stand. Die Rückfront reichte bis zum Rand des Quai. Eine Holztreppe führte von da zu einem Bootssteg, und ein schnittiges Motorboot schaukelte vertäut an den Pflöcken.
    Eine Anzahl von Hafenarbeitern lungerte um das Haus herum. Es mochten an die zehn Mann sein.
    »Morning, Bruder«, redete ich einen von ihnen an. »Ist hier das Sektionsbüro der Hafengewerkschaft?«
    Er maß mich von oben bis unten mit einem müden Blick, nickte träge und wandte sich wieder ab.
    Ich stiefelte auf das Holzhaus los. Links neben der Tür war ein Schild, verwaschen vom Regen und der salzigen Luft. »Allgemeine Gewerkschaft der Hafen- und Transportarbeiter. Sektion Europaquai des Hafens von New York.«
    Fünf Männer saßen in dem Büro. Einer polierte seine Fingernägel, einer las Zeitung, einer jonglierte im Sitzen mit drei Bällen, einer stocherte in seinen Zähnen und der letzte kritzelte in seinem Notizbuch.
    Sie unterbrachen ihre so nützlichen Tätigkeiten und starrten mich an.
    »Morning«, wünschte ich, »kann ich mich hier in Eure Gewerkschaft aufnehmen lassen?«
    Sie sahen sich an, als hätte ich ein ungeheuerliches Anliegen vorgebracht. – »New Yorker?«, fragte der Notizbuchschreiber.
    »No, Connecticut«, antwortete ich, und das war ja nicht einmal eine Lüge.
    »Ach so«, sagte der Mann mit dem Notizbuch, der übrigens ein ganz hübsches Schwergewicht darstellte, und er sagte es so, dass es soviel wie »Greenhorn«, hieß. »Papiere!«
    Ich blätterte auf den Tisch, was ich an bedruckten und gestempelten Papierchen bei mir trug. Sie sahen durchaus so aus, als ruhten sie schon mehr oder weniger lange in der abgegriffenen Brieftasche eines Mannes, der sich bei der Arbeit die Hände schmutzig zu machen pflegt. Die Dokumentarabteilung des FBI macht so etwas wunderhübsch. Ich hatte also bei einem Bauern gearbeitet, bei der Eisenbahn Strecken gebaut, in Nevada Flugplätze planiert und in Oakridge den Beton für die Atommeiler gerührt. Und jetzt war ich hier, und wollte Schiffe für und von Europa be- und entladen. Und mein Name lautete William D. Gordon.
    Das Schwergewicht prüfte die Papiere eingehend. Der Zeitungsleser kam an seinen Tisch und prüfte mit. Sie flüsterten miteinander, und ich hörte, wie der Zeitungsleser ›Warum nicht‹ sagte. Übrigens kam mir das Gesicht von dem Schwergewicht bekannt vor. Er mochte kurz vor den Vierzig sein, aber wenn ich mich recht erinnerte, hatte er irgendwann einmal eine Rolle im Boxsport gespielt.
    »Hast du Piepen?«, fragte er mich jetzt.
    »Wie viel?«
    »Zehn Scheine für die Aufnahmegebühr und sieben für den ersten Wochenbeitrag.«
    »Ihr seid verdammt teuer«, schimpfte ich. »Die Eisenbahnergewerkschaft nimmt nur die Hälfte.«
    »Dafür verdienst du bei uns das Doppelte«, sagte er und grinste. Er schob dem Mitprüfer meine Papiere zu und befahl: »Schreib ihm eine Mitgliedskarte aus.« Ich kramte unterdessen siebzehn Dollar aus der Tasche und zählte sie einzeln vor. Er steckte das Geld ein und schien das Ausschreiben von Quittungen für eine bürokratische Übertreibung zu halten. Der Zeitungsleser schrieb meinen Namen und mein Geburtsdatum auf eine rote Karte und gab sie mir mit den anderen Arbeitspapieren.
    »Komm morgen zur Arbeitsverteilung«, sagte das Schwergewicht. »Vielleicht ist der Chef dann da. Er wird dir die Karte unterschreiben. Du lernst ihn bei der Gelegenheit gleich kennen. Ein prächtiger Mann.« Er verdrehte träumerisch die Augen. »Ein Mann, der sich wirklich um eure Rechte kümmert.«
    Ich grinste unmerklich. Wahrscheinlich wusste ich über seinen Chef mehr als er, und ich war nur hier, um noch einiges von ihm zu erfahren, zum Beispiel, warum in den letzten sechs Monaten drei biedere Hafenarbeiter des Europaquais so scheußlichen Unfällen zum Opfer gefallen waren.
    Dennoch bedankte ich mich artig, verstaute meine Dokumente und schob ab. William D. Gordon war Mitglied der Hafen- und Transportarbeiter.
    ***
    Ich denke, es ist an der Zeit, dass ich Ihnen erkläre, warum der G-man Jerry Cotton so großen Wert darauf legte, Mitglied der Hafengewerkschaft zu werden.
    Auch ich habe in den Schulstunden für Staatsbürgerkunde gelernt, dass eine Gewerkschaft ein höchst ehrsamer Zusammenschluss von Arbeitern oder Angestellten ist, damit die Fabrikbesitzer und sonstige Unternehmer nicht mit dem

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