Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
rasiert waren … und wer einen Bart trug, trug ihn kurz gestutzt. Viele von ihnen hatten einzelne Tätowierungen in ihrem Gesicht, aber es gab nur einen, der älter war und auf einem kunstvoll gefertigten Klappstuhl saß, dessen Gesicht über und über mit Tätowierungen bedeckt war. Er trug außer einem Dolch mit einem Griff aus Bein keine Waffe, dafür lehnte an seinem Stuhl ein Stab, der mit dem Schädel einer Katze verziert war. Er trug auch keine Rüstung, sondern kunstvoll verzierte Lederkleidung, eine weite Hose und eine Art lederne Jacke, die ihm, wäre er gestanden, wohl bis zu den Knien gegangen wäre. Er trug sie offen, trotz der Kühle, und auf seiner Brust setzten sich die Tätowierungen fort.
Den anderen Anführer zu finden, war schwerer. Ich fand ihn schließlich etwas abseits, wo er auf einem Stein saß und sich sorgfältig das kaiserliche Langschwert besah, das er auf seinen Knien liegen hatte. Neben dem Schamanen war er der Einzige, der nicht getrunken hatte, seitdem ich sie beobachtete.
Was die Reinlichkeit anging: Weiter unten am Bach ließen sich drei der Barbaren von einer Sklavin waschen.
Keine Heldentaten, hatte Sergeant Anders befohlen. Wir waren zehn, sie mehr als dreißig, wenn es nicht noch ein paar gab, die ich nicht gefunden hatte. Nach den Narben und der gelassenen Ruhe, die sie zeigten, auch wenn sie sich als Köder scheinbar ungeschickt auf Wache stellten, handelte es sich hier um erfahrene Krieger … und von unserer su’Tenet war ich der Einzige, der bislang im Kampf gestanden hatte. Und mit Bemmert hatte ich schon einen der Rekruten verloren.
Es war eine Falle, erinnerte ich mich selbst, als ich wieder zurückkroch. Sie lagerten mitten auf der Straße, damit wir sie leicht finden konnten, machten Lärm und taten unbeschwert.
Wussten sie, dass die fünfte Legion nach Braunfels verlegt worden war und dass sie zum größten Teil aus blutjungen Rekruten bestand, oder galt die Falle den hartgesottenen Schlächtern von Marschall Hergrimm? Sergeant Anders hatte erwähnt, dass man kürzlich eine Raubbande von mehr als zweihundert Mann gesehen hätte … es war wie mit den Wachen, die so offensichtlich waren. Die einzelne Wache war ein Köder, das scheinbar so verletzliche Lager auch.
Irgendwo in der Nähe musste sich der Rest befinden. In Akenstein, so hatte der Sergeant gesagt, lebten fünfhundert Menschen, und sie hatten ihr Dorf befestigt, auch wenn es sich in seinen Augen nur um einen Gartenzaun handelte. Wer hier siedelte, gehörte zu der Sorte Menschen, die sich nicht leicht nehmen ließen, was sie hart erarbeitet hatten; wenn es hier wie in meiner Heimat war, dann wusste jedes Bauernkind, das laufen konnte, schon mit einem Bogen oder zumindest mit einem Messer umzugehen. Abgesehen von Barbaren gab es genügend Gefahren, vorhin erst hatte ich die Spur eines großen Bären gesehen, er hatte in der Nacht unserem Lager einen Besuch abgestattet … und war dann weitergegangen, ohne dass wir ihn bemerkt hatten.
Eine Bande von dreißig Mann konnte sich nicht sicher sein, ob sie den Kampf gegen Dörfler gewinnen konnten, die ums nackte Überleben kämpften. Es musste also mehr von ihnen geben. Zweifelsohne wäre es am klügsten, dem Befehl zu folgen und uns zurückzuziehen, mit etwas Glück konnten wir vor dem Abend wieder in der Feste sein.
Doch von den entführten Seras lebten noch vier, auch wenn in ihren Augen schon der stumpfe Blick zu sehen war, der so oft auf Gewalt und Schrecken folgte. Man konnte es überleben, passte sich an, musste nur zusehen, wie die Kinder zu Barbaren wurden, und vergaß dann irgendwann, dass es auch ein anderes Leben geben konnte. Und die beiden Legionäre … bei ihnen war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis man einen passenden Baum für sie gefunden hatte.
Nachdem Askannons Kaiserin mich einen sturen Kerl geschimpft hatte, seufzte sie vernehmlich. »Vielleicht kann ich Euch helfen, von Thurgau. Nur müsst Ihr etwas für mich tun.« Sie richtete sich gerader auf und atmete tief durch. »Ich hörte, auch Asela wäre die Flucht vor dem Nekromantenkaiser geglückt. Ich muss sie sprechen.«
»Es gibt einen Ort, an dem Asela und ich uns schon öfter getroffen haben«, teilte ich ihr mit. »Den Kaisergarten. Dort … dort, wo auch Euer Grab und das Eurer Tochter zu finden ist.«
»Ja«, sagte sie gefasst und tat eine kleine Geste. »Ich weiß. Geht voran.«
Asela gehörte nicht zu der Sorte, die man finden konnte, wenn sie es nicht wollte.
Weitere Kostenlose Bücher