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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Klaus
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auffliegen?“
    „Sie wähnten mich tot.“
    „Um ein Haar Ihr wart das.“
    Betroffen schwiegen sie.
    Und wie schon so oft, war es Juli, die dem nachdenklichen Schweigen ein Ende setzte, das plötzlich auf ihnen lastete, da sie den bedrohlichen Erinnerungen nachhingen. Juli erwachte und krähte.
    Sie mussten lachen. Alle drei. Alle drei gemeinsam und aus vollem Halse, und sie bannten damit den Schrecken, sie bannten den Nachhall von Angst und Gefahr, von Schmerz und Qual, sie waren drei Menschen, für jetzt alledem entronnen, zusammen, gegenwärtig, lebendig.

Zweiundfünfzig
    „Das wird nicht nötig sein. Mit Eurer Beschreibung es ist leicht zu finden nach Speyer.“
    Nefoedd Wen
, sie ließen ihn nicht aus. Sie bemühten sich um ihn. Bezeugten Dankbarkeit und Gastfreundschaft. Wollten ihm morgen Geleit geben. Es tat ja wohl, wenn er ehrlich war. Hedwigs gesamte Familie war anwesend, und alle waren mehr als freundlich zu ihm. Man feierte den Namenstag ihrer Großmutter Katharina. Diese saß eingequetscht zwischen all den Leuten auf der Bank und zupfte zufrieden an einem weißen Haar herum, das ihr seitlich vom Mundwinkel abstand. In der Küche war es eng, warm und laut. Im Schein von Öllichtern und einer dicken Kerze saß man auf Kasten und Holzklötzen, da Bank und Stühle nicht ausreichten. Mehr als ein Dutzend Leute waren versammelt, die Jungen und Mädchen nicht mitgerechnet, die abseits der Erwachsenen um ihre eigenen Spiele kreisten und die hin und wieder gescholten wurden, weil sie beim Hinaus- und Hereinrennen kalte Luft in die traulich erhitzte Küche wehten.
    „Aber es macht keine Mühe, wirklich nicht!“, sagte der Große mit den schwarz untermalten Augen. Hedwigs Oheim? Er wollte ihn unbedingt nach Speyer geleiten. Er müsse ohnehin mal wieder bei seinen Eltern vorbeischauen, die dort lebten. Einige der Jungen sollten mit, ebenso einer seiner Freunde, Ryss hatte dessen Namen vergessen.
Nefoedd Wen
, sie machten wirklich eine große Sache daraus. Ewigkeiten besprachen sie das nun schon. Ryss lehnte sich auf dem Stuhl zurück und hörte ihrem Gerede um den rechten Weg nur mit halbem Ohr zu. Er war satt, so viel hatte er lange nicht mehr gegessen. Man hatte im Hof eine Schweinekeule am Spieß über offenem Feuer gebraten, dazu gab es Schüsseln voll Lauchgemüse in einer sämigen Butter-Mehlsoße, es gab Brot, Ziegenkäse und einen in Streifen geschnittenen, bitteren grünen Salat. Und Kuchen. Ein honigsüßer Traum aus den wohl letzten Äpfeln des Jahres. Der Lauch erinnerte ihn an zu Hause. Seit alters her galt er als Zeichen von Wales. Lange hatte er keinen mehr gegessen. Dass er es hier tat, an seinem letzten Abend mit Maid Hedwig, im Kreise ihrer Familie – es erschien ihm erst recht wie ein Ruf zur Heimkehr.
    „In Gesellschaft reist es sich besser, Ryss!“, hörte er Philipp sagen und sah zu ihm hin. Hedwigs Mann hatte die kleine Juli auf dem Schoß, die aufgeweckt in die Runde blickte, und lachte zu ihm herüber. „Die Männer kennen den Weg und bringen Euch sicher ans Ziel.“
    Ryss schmunzelte ihm zu und senkte dann den Blick. Willst wohl sichergehen, dass ich auch
wirklich
abreise!, dachte er. So, wie du grinst. Nun, er an Philipps Stelle wäre womöglich ebenso erpicht darauf, denjenigen aus den Augen zu haben, der seinem Weib recht nahe gekommen war. Ryss wusste nicht, wie viel Hedwig ihrem Mann erzählt hatte, doch es war offensichtlich, dass Philipp spürte, dass Hedwig und ihn ein besonderes Band umspann. Es war eine Verbindung, die Ryss selbst am meisten in Erstaunen setzte. Lediglich zu Anfang hatte er in seiner üblichen Art an Hedwig gedacht. Doch wie von selbst hatte sich dies gewandelt, und langsam wie eine Pflanze war etwas in ihm gewachsen, das mit Vertrauen in und Verantwortung für einen anderen Menschen zu tun hatte. Es wärmte ihm das Herz, das so lange kalt gewesen war.
    Lauthalses Lachen. Er hatte nicht mitbekommen, um was es ging. Der mit den schwarz untermalten Augen – Seeleute hatte er derart geschminkt gesehen – hieb ihm mit ausladender Geste auf die Schulter und streckte ihm seinen Bierkrug entgegen. Hatten sie einen Spaß über ihn gemacht? Gleichwohl, Ryss stieß mit ihm an, hob seinen Becher in die Höhe, blickte reihum. Von Trank und gutem Essen gerötete Gesichter lächelten ihm zu, entspannt und wohlgesonnen.
    „Also dann, ich bin einverstanden und bereit“, rief er, und er sah Philipps Lächeln und wunderte sich über den leisen Stich, den es ihm

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