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Das Buch Rubyn

Das Buch Rubyn

Titel: Das Buch Rubyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens
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spielte, eine Melodie, die schneller und fiebriger war und irgendwie teuflisch klang.
    »Triff deine Wahl.«
    »Das habe ich schon getan.« Michael legte die Chronik des Lebens auf den Tisch, löste den Griffel und schlug das Buch auf.
    »Deine Hände zittern. Es gibt nichts, wovor du dich fürchten musst.«
    »Ich fürchte mich nicht.« Es stimmte: Er hatte keine Angst. Bloß nervös. Er wusste, dass er etwas Ungeheures tat, etwas Verbotenes, aber er konnte nicht anders. Er wollte seine Schwester wiederhaben, und er war bereit, den Preis dafür zu bezahlen. Michael ahnte, dass alles, was er vorher erlebt hatte – Emmas Schmerz über seinen Verrat, die Verzweiflung der Elfenprinzessin, die Schuld und der Wahnsinn des Wächters –, nichts war im Vergleich zu der abgrundtiefen Schwärze und dem Hass, die ihn im Geist des grässlichen Magnus erwarteten. Wenn er die Magie der Chronik beschwor, würde er diese Schwärze und diesen Hass in sich aufnehmen. Er würde danach nie mehr derselbe sein.
    Michael wusste all das, aber es kümmerte ihn nicht.
    Er stach sich mit der Spitze des Griffels in den Daumen. Dann wandte er sich zu dem anderen Jungen um. »Lass Kate frei. Dann bringe ich dich ins Leben zurück.«
    Der Junge lächelte. »Meine Bedingungen sind nicht verhandelbar. Ich gehe zuerst, oder ich werde deine Schwester an einen Ort bringen, wohin du ihr nicht folgen kannst. Und das wird das Ende sein.«
    »Woher … woher soll ich wissen, dass du sie freilässt?«
    Der Junge, der sich Rafe nannte, streckte die Hand aus und schob sanft eine Haarsträhne von Kates Stirn. »Weil auch ich will, dass sie lebt, genauso wie du.«
    Michael schaute in die leuchtend grünen Augen des Jungen und glaubte ihm.
    Dann packte der Junge ihn am Arm und sagte mit einer Stimme, die plötzlich kalt und herrschsüchtig klang: »Schreib meinen Namen.«
    Michael setzte die Spitze des Griffels auf die Seite und schrieb in blutigen, rauchenden Buchstaben: Der grässliche Magnus.
    Im nächsten Moment war er ein Mann, schlank und mit falkengleichen Gesichtszügen, mit denselben unglaublich grünen Augen, wie der Junge namens Rafe sie hatte. Er lebte in einem staubigen, von Kriegen zerrütteten Land. Der Mann war ein Dorfmagier; hart und stolz, aber er empfand große Liebe für die Menschen, die er beschützte, und auch für seine eigene Familie, Frau und Kind. Und als der Mann eines Tages heimkehrte und sein Dorf niedergebrannt und seine Familie ermordet vorfand, da verwandelte sich Michaels Herz in einen schwarzen Stein aus Hass und Schuldgefühlen. Gemeinsam mit dem Mann jagte er die Männer, die diese schändliche Tat begangen hatten, und nahm Rache. Und als es vollbracht war, da wandte sich der Zorn des Mannes gegen alle Menschen, und Michaels Herz brannte in demselben Zorn.
    Michael packte den Griffel fester. Er zitterte am ganzen Leib; er war drauf und dran, sich selbst zu verlieren …
    Die Magie zog ihn wieder mit sich fort.
    Er war alt. Alle Länder hatte er bereist, hatte Wissen in sich aufgesogen und große Macht erlangt. Jetzt lag er im Sterben. Es war Nacht. Da war ein Feuer, und Michael starrte über die Flammen hinweg einen Jungen an, einen Jungen mit smaragdgrünen Augen, und er hörte, wie er selbst mit einer krächzenden, zitternden Stimme sprach. Von drei Büchern, Bücher voller unvorstellbarer Macht, und er erzählte dem Jungen, dass er – sie beide, denn der Mann und der Junge waren eins – mit diesen Büchern die Welt verändern würden. Dann nahm der Mann ein Messer und schnitt sich selbst die Kehle durch, und Michael wurde zu dem Jungen.
    Die Zeit verging. Der Junge, der auf der anderen Seite des Feuers gesessen hatte, war lange tot, seine Knochen zu Staub zerfallen. Und doch war er noch am Leben, genauso wie jener erste Mann, wie Michael, im Körper eines anderen – eines Mannes mit denselben leuchtend grünen Augen. Der Mann sprach mit einem jungen Feldherrn, einem Eroberer, der an seinen Lippen hing. Er hatte gerade eine Stadt am Meer eingenommen, eine Stadt, die lichterloh brannte. Michael stolzierte durch die Straßen, in denen Schreie gellten, erfüllt von einer entsetzlichen Freude, einem Hochgefühl, seinem Ziel so nahe zu sein. Und dann stiegen Michael und der Mann in das Gewölbe unter dem Turm und stellten fest, dass die Bücher verschwunden waren. Tausend Jahre voller Zorn stiegen in Michael auf und verschlangen ihn.
    Michael spürte, wie er immer tiefer und tiefer in der Dunkelheit versank, und er

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