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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Rabbiner der Gemeinde, während seine Gehilfen beunruhigte Blicke tauschten.
    »Ein Graf aus Leiningen, Emicho mit Namen, hat ein neues Heer aufgestellt«, berichtete der Parnes mit bebender Stimme. »Die Männer, die er unter seinen Fahnen versammelt, sind größtenteils nur Arme und Bettler, aber sie sind nicht weniger von ihrer Mission überzeugt als jene, die im Frühjahr in der Stadt waren. Ein Mönch namens Folkmar, der sich in Emichos Gefolge befindet, hält vor dem Volk flammende Reden, und mit jeder Stadt, die sie erreichen, wird die Schar ihrer Anhänger größer. In Trier, wo sie bereits waren, soll es dabei auch zu Drohungen gegen die jüdische Gemeinde gekommen sein, und in Speyer haben sie angeblich geplant, am Sabbat die Synagoge zu überfallen.«
    »Und haben sie es getan?«, erkundigte sich Mordechai und hob fragend die dunklen Brauen.
    »Nein«, räumte Bar Levi ein. »Weil sich unsere dortigen Brüder an den Bischof gewandt und in seinen Schutz begeben haben.«
    »Und ist der Bischof etwa kein Christ?«, verlangte der Kaufmann zu wissen. »W enn es so wäre, wie ihr sagt, und der Zorn jener Soldaten sich auch gegen uns richten würde, wäre dann nicht der Bischof der Erste, der ihnen dabei zur Hand gehen müsste?«
    Die Frage wurde rings von allgemeinem Nicken begleitet. Den Mitgliedern des Rates war anzusehen, dass sie den Beschwichtigungen Mordechais größeren Glauben schenken wollten als den beunruhigenden Berichten ihres Vorstehers. Schon deshalb, vermutete Chaya, weil die Sichtweise des Kaufmanns es ihnen gestattete, ihr Leben fortzuführen, ohne sich Sorgen zu machen oder sich gar vor etwas ängstigen zu müs s en. Lediglich ihr Vater enthielt sich der Zustimmung – wohl weil er Daniel Bar Levi lange und gut genug kannte, um zu wissen, dass der Parnes nur dann seine Stimme erhob, wenn es vonnöten war, und dass er die Mitglieder des Rates und der Gemeinde niemals grundlos in Aufregung versetzt hätte.
    »W ir wissen, dass die Christen, der Botschaft ihres Glaubens und ihrer eigenen Gebote ungeachtet, selten untereinander einig sind«, wandte er ein. »Und wir wissen auch, dass die Privilegien, die wir uns im Lauf einer langen Zeitspanne erworben haben, nicht die Folge der Nächstenliebe sind, die ihre Priester predigen, sondern vielmehr der klingenden Münze, mit der wir dafür bezahlt haben. Die Erfahrung lehrt uns, dass was immer die Christen tun, vom Streben nach Vorteil bestimmt ist. In dem geschilderten Fall mag es dem Bischof günstig erschienen sein, die jüdische Gemeinde seinem Schutz zu unterstellen – aber können wir damit rechnen, dass eine solche Hilfe auch uns zuteil wird, wenn wir ihrer bedürfen?«
    »W as schlagt Ihr stattdessen vor, Isaac?«, fragte Mordechai in unverhohlener Ablehnung. Auch ein Hauch von Spott schwang in seiner Stimme mit. »W ollt Ihr vor dem herannahenden Pöbel die Flucht ergreifen? Ihr habt selbst gehört, dass jener Graf Emicho nichts als Bettler und Tagelöhner unter seinen Fahnen versammelt hat.«
    »Pöbel dürfte es auch gewesen sein, der den Propheten Jeremia gesteinigt hat«, brachte Rabbi Akiba in Erinnerung. »Das wollen wir nicht vergessen.«
    »Unser Freund Mordechai«, fügte Isaac mit betonter Gelassenheit hinzu, »spricht mit dem Ungestüm der Jugend. Wir Älteren hingegen wissen, dass von jenen, die nichts zu verlieren haben, bisweilen größere Gefahr auszugehen pflegt als von den Wohlhabenden. Zumal wenn letztere von ihren Geschäften mit uns profitieren.«
    »Das ist nur zu wahr«, pflichtete Bar Levi ihm bei und sandte ihm einen dankbaren Blick.
    »W as wollt ihr also tun?«, bohrte Mordechai weiter, ohne a uf den Einwand einzugehen oder auch nur den Versuch zu unternehmen, ihn zu entkräften. »W ollt ihr die Stadt verlassen? Wollt ihr aufgeben, was wir hier durch unseren Fleiß und unserer Hände Arbeit aufgebaut haben, nur weil ihr euch fürchtet?«
    »Zumindest wäre es eine Überlegung wert«, antwortete der Vorsteher ohne Zögern, was zu Chayas Bestürzung bewies, dass er sich bereits darüber Gedanken gemacht hatte. »W ir könnten bei den Gemeinden anderer Städte um Aufnahme bitten und dort so lange bleiben, bis die Aufrührer wieder abgezogen sind.«
    »Niemals!«, widersprach Mordechai entschieden und sprang auf. Sein weiter Mantel raschelte, als er die Arme effektheischend ausbreitete. »W isst ihr, was ich viel eher denke?«, fragte er in die Runde.
    »W as?«, wollte Isaac wissen.
    Ein hintergründiges Lächeln

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