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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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sprang er über eine Kluft von gut fünf Schritten auf das nächste Dach, das so flach war wie ein Tisch. Er rollte sich ab, sprang wieder auf die Beine und lief über eine Reihe aneinandergrenzender Dächer bis zu einer Palme, die sich aus einem Dachgarten erhob. Kurzerhand kletterte Conn daran herab und wollte über das steinerne Geländer einen vorsichtigen Blick in die darunter verlaufende Gasse werfen, als ihm von dort etwas entgegenkam.
    Es war ein Stein, auf den Weg gebracht von der Schleuder eines Soldaten – und er traf Conn an der Schläfe.
    Der Schmerz war ebenso kurz wie intensiv.
    Conn merkte noch, wie er wankte, dann wurde es dunkel um ihn. Als er die Augen wieder aufschlug, konnten nur wenige Augenblicke verstrichen sein. Er fand sich auf dem Boden des Dachgartens liegend, an Händen und Füßen gefesselt, und blickte zu einem Mann auf, der mit verschränkten Armen über ihm stand und ihn argwöhnisch musterte.
    Er mochte noch keine fünfzig Winter zählen; sein schwarzes Haar, soweit man es unter dem Turban sehen konnte, war von grauen Fäden durchzogen, ebenso wie der gepflegte Kinnbart. Seiner Kleidung nach gehörte er zur fatimidischen Garnison, wo er den Rang eines Unterführers zu bekleiden schien. Er fragte etwas, das Conn nicht verstand – es mochte Persisch oder Aramäisch sein, und eine Stimme, die er nur zu gut kannte, übersetzte.
    »W as willst du hier?«
    Conn wandte den Blick und sah Caleb neben dem Offizier stehen, ein Grinsen der Genugtuung im Gesicht. Die Erinnerung an die zurückliegenden Ereignisse war Conn sofort wieder gegenwärtig – bis hin zu dem Stein, der ihn getroffen hatte. Blut rann warm und feucht an seiner Schläfe herab. Er versuchte sich aufzurichten, aber es gelang ihm nicht, weil Caleb ihm den Fuß auf die Schulter setzte und ihn wieder zu Boden drückte.
    » Hauptmann Bahram hat dich gefragt, was du hier willst«, wiederholte Chayas Cousin eindringlich.
    »Du weißt, warum ich hier bin«, erwiderte Conn stöhnend.
    »W arum beantwortest du seine Frage nicht?«
    Caleb sprach einige Worte in einer fremden Sprache, die Conn für Aramäisch hielt, woraufhin der Hauptmann Conn prüfend musterte und dann erneut einige Worte sagte.
    »W as will er?«, fragte Conn.
    »Er fragt dich, ob du dir der Folgen deines Schweigens bewusst bist.«
    »Ich schweige nicht«, versicherte Conn. »Sag ihm, dass ich um Chayas willen nach Acre gekommen bin. Dass sie die Mutter meines Kindes ist.«
    Caleb sprach einige Worte. Ob er allerdings tatsächlich übersetzte, bezweifelte Conn ernstlich. Denn auf der dunklen Stirn des Hauptmanns bildeten sich Zornesfalten, und er stieß erneut einige unfreundlich klingende Sätze hervor.
    »Hauptmann Bahram empfiehlt dir, nicht mit ihm zu spielen«, übertrug Caleb genüsslich ins Französische. »Er weiß, dass du ein Spion der Kreuzfahrer bist.«
    »W oher weiß er das?«
    »W eil ich es ihm gesagt habe«, erklärte Caleb grinsend.
    »W arum hast du das getan?«
    »Sehr einfach, Christ – weil ich Chaya liebe.«
    »Ich ebenso.«
    »V ielleicht. Aber deine Liebe wird sie früher oder später zerstören. Meine nicht.«
    Erneut sprach er einige Worte auf Aramäisch, woraufhin Bahram barsche Anweisungen erteilte. Soldaten, die Conn bislang nicht wahrgenommen hatte, traten hinzu, packten ihn und stellten ihn unsanft auf die Beine. Conns Knie waren weich, und so wäre er um ein Haar gestürzt, wenn sie ihn nicht festgehalten hätten. Jedoch rutschte die lederne Schnur mit dem Medaillon Bischof Adhémars aus seinem Gewand hervor. Hauptmann Bahram streifte es nur mit einem flüchtigen Blick, d och etwas daran schien seine Aufmerksamkeit zu fesseln.
    Er erteilte eine knappe Anweisung, worauf einer der Soldaten die Schnur kurzerhand abriss und das Medaillon dem Hauptmann reichte, der es mit einer Mischung aus Argwohn und Staunen betrachtete.
    Dann fragte er etwas.
    »Hauptmann Bahram will wissen, woher du das hast.«
    »V on einem Freund«, erwiderte Conn ausweichend. »Es ist ein Symbol.«
    »W as stellt es dar?«, fragte Caleb.
    »Ein Labyrinth. Ein Irrgarten, aus dem es nur einen Ausweg gibt.«
    Diesmal schien Caleb die Worte angemessen zu übertragen. Mit offenkundiger Bestürzung, deren tieferen Grund Conn nicht zu erkennen vermochte, pendelte der Blick des Hauptmanns zwischen ihm und dem Anhänger hin und her, ehe er prüfend hinauf zu den Sternen schaute. Offenbar schien er dem Medaillon besondere Bedeutung beizumessen – hatte er es womöglich

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