Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
eines der Tore zu verlassen, war längst nicht mehr zu denken. Wenn Conn überhaupt noch Hoffnung hatte, seinen Häschern zu entrinnen, dann nur, indem er sich irgendwo versteckte und darauf wartete, dass der Feind die Suche aufgab. Im Augenblick allerdings schien diese Hoffnung ziemlich gering.
In eine enge Mauernische gepresst, wartete Conn ab.
Er war erschöpft vom schnellen Laufen und Klettern, sein A tem ging keuchend und stoßweise. Zweimal hatten sie ihn entdeckt, zweimal war er ihnen wieder entkommen. Das nächste Mal würde er womöglich weniger Glück haben.
Zwar verstand Conn nicht, was die Soldaten einander zuriefen, aber es klang nicht freundlich. Hin und wieder glaubte er das Wort franca zu hören, was wohl »Franke« oder ganz allgemein »Europäer« heißen sollte. Dass er kein Franke war, interessierte hier niemanden. Er war ein Fremder, ein Eindringling, und vermutlich hielten sie ihn für einen Spion der Kreuzfahrer. Darüber, was mit ihm passieren würde, wenn sie ihn fassten, machte Conn sich folglich keine Illusionen. Dennoch war er froh, allein nach Acre gekommen zu sein und nicht in Baldrics Begleitung. Das Wissen, nun auch noch seinen Adoptivvater, dem er so viel zu verdanken hatte, in die Sache hineingezogen zu haben, hätte ihn umgebracht.
Klirrende Schritte waren plötzlich zu vernehmen, die genau auf ihn zukamen. Fackelschein drang in die Gasse, dem lange, bizarr anmutende Schatten vorauseilten.
Conn musste verschwinden!
Blitzschnell löste er sich aus seinem Versteck und eilte die Gasse hinab. Dass das Licht der Fackeln ihn einen Augenblick lang streifte, konnte er nicht verhindern, und so hörte er schon im nächsten Moment heisere Rufe hinter sich.
Conn rannte, so schnell seine müden Beine ihn trugen. Der schwere Umhang um seine Schultern war ihm beim Laufen hinderlich, aber er hatte ihn behalten, weil er Schutz vor Blicken bot. Er hörte die stampfenden Schritte seiner Verfolger hinter sich, wagte jedoch nicht, sich umzusehen, aus Furcht, dabei zu viel Zeit zu verlieren.
Abrupt bog er in eine Seitengasse ab. Die Hauswände, zwischen denen sie sich hindurchwand, hatten sich einander zugeneigt, sodass sie mit hölzernen Balken gegeneinander abgestützt werden mussten. Conn folgte ihnen durch ein Gewirr von Ecken und Vorsprüngen, die Soldaten noch immer hinter sich – als die Gasse plötzlich endete.
S o unvermittelt tauchte die Mauer aus dem Halbdunkel auf, dass Conn beinahe dagegengeprallt wäre. Entsetzt blieb er stehen, schaute sich nach einer Tür oder einem Fenster um, aber es gab weder das eine noch das andere. Dann der Blick nach oben – und kurz entschlossen sprang Conn hinauf, umfasste einen der Balken und zog sich daran empor.
Mit zusammengebissenen Zähnen stemmte er sich vollends hinauf – und das keinen Augenblick zu früh. Schon konnte er sehen, wie unter ihm seine mit Fackeln bewehrten Häscher das Ende der Gasse erreichten. Unter verblüfftem Geschrei blieben sie stehen, konnten sich einen Moment lang nicht erklären, wohin der Eindringling verschwunden war – bis einer von ihnen den Blick nach oben richtete und Conn gewahrte.
»Franca ! «
Conn hatte die Zwischenzeit genutzt, um sich nach einem Ausweg umzusehen. Ein Stück die Gasse hinab gab es einen Balkon, von dem aus er auf das Dach eines benachbarten Hauses gelangen konnte. Da nicht viel Zeit zum Nachdenken blieb, spurtete Conn einfach los – in riesigen Sprüngen von einem Stützbalken zum nächsten, über die Köpfe seiner verblüfften Verfolger hinweg.
Es kam ihm zugute, dass sich die Meute in der Enge der Gasse gegenseitig behinderte. Um einen Speer auf ihn zu schleudern, dazu reichte der Platz nicht aus, und bis die Bogenschützen dazu kamen, die Pfeile von den Sehnen schnellen zu lassen, hatte Conn den Balkon bereits erklommen. Er duckte sich, worauf eines der gefiederten Geschosse am Mauerwerk zerbarst; ein weiteres zuckte an ihm vorbei ins Leere. Blitzschnell federte Conn aus seiner Deckung empor, kletterte auf das flache, in der Mitte von einer Kuppel gekrönte Dach und hastete weiter. Die wütenden Rufe der Soldaten fielen hinter ihm zurück, und einen Moment lang glaubte Conn bereits, wieder aufatmen zu können – als aus der Gasse, die auf der anderen Seite des Hauses verlief, ein nicht weniger aufgeregter Schrei drang.
S ein Vorhaben, auf dieser Seite des Gebäudes wieder hinunterzuklettern, verwarf Conn rasch wieder. Stattdessen schlug er einen Haken. Ohne Anlauf zu nehmen,
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