Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)
bewahren und zu bebauen, und versagt vollends vor der Aufgabe, den Garten zu erweitern, die Wüste ringsherum zurückzudrängen und in fruchtbares Land zu verwandeln. Keine Generation vor uns hatte größeres Glück als wir – und vielleicht wird es damit schon für die nächste Generation wieder vorbei sein. Vielleicht werden unsere Kinder, wenn sie siebzig, achtzig Jahre alt sind, ihren Kindern von ihrer paradiesischen Kindheit erzählen wie von einem untergegangenen Atlantis.
Wir haben unsere Eltern und Großeltern gefragt: Was habt ihr eigentlich gemacht damals in den Jahren, als die Juden verschwanden? Kann sein, dass wir einst als Greise von unseren Kindern und Enkeln gefragt werden: Was habt ihr eigentlich gemacht damals, als die Ressourcen schwanden, die Ozeane sich erwärmten, die Kinder in Afrika verhungerten, der islamische Hass auf den Westen eskalierte und die westlichen Politiker an China und Indien keine andere Forderung stellten, als an ihrem Wirtschaftswachstum beteiligt zu werden?
Gleichgültig ignoriert man in dieser Oase, was sich an ihren Rändern abspielt. Das Denken der Oasenbewohner kreist um sich selbst, die eigene Befindlichkeit, die Sorge, einen zu geringen Teil vom Kuchen abzukriegen – da hat man keinen Nerv und keine Zeit, sich Gedanken um die Mehrheit draußen in der Wüste zu machen. Ängstlich, voller Furcht und zugleich konzeptionslos oder wirtschafts-ideologisch kurzsichtig geht man mit der Tatsache um, dass der Eiserne Vorhang seit anderthalb Jahrzehnten weg ist und der Weltmarkt über zwei Milliarden neue Mitspieler aus Asien verfügt. Wie die sich daraus ergebenden Chancen zu nutzen, die Risiken zu minimieren und die Probleme zu lösen sind, dafür hat niemand einen Plan, keine Regierung, keine UN- und keine EU-Kommission. Die Zukunft, so scheint es, wird ein Ergebnis aus Markt, Macht und Zufall sein, und am Ende könnte etwas dabei herauskommen, das niemand gewollt hat.
Von der Friedensdividende, die man sich nach dem Fall der Mauer erhofft hatte, ist heute keine Rede mehr. Sie geht drauf für den Kampf gegen den Terror, einen Kampf, der die USA allein im Irak pro Woche zwei Milliarden Dollar kostet 4 , aber den Terror nicht verringert, sondern nur vergrößert. Ansätze, dieses Geld lieber in die Entwicklung der Armutsregionen zu stecken, sind nicht erkennbar.
Die gegenwärtig herrschenden Politiker und ihre Beraterstäbe wissen nicht, wie die acht, demnächst fünfzehn Milliarden auf diesem Planeten lebenden Menschen zu ernähren sein werden. Sie wissen nicht, wie eine Welt ohne Terror und Krieg zu realisieren ist. Sie wissen nicht, wie das Problem der Arbeitslosigkeit gelöst werden kann. Sie wissen nicht, wie die weltweiten Flüchtlingsströme zu verhindern sind. Sie wissen nicht, wie der Missbrauch des Wissens über die Atomkraft, die Genetik oder die Informatik zuverlässig unterbunden werden kann. Sie wissen nicht, wie Demokratie unter den Bedingungen der Globalisierung noch realisierbar sein soll. Sie wissen nicht, wie die Probleme alternder Gesellschaften zu lösen sein werden. Und sie wissen nicht, wie das Überleben auf dieser Erde gewährleistet werden kann, wenn jeder Inder und jeder Chinese für sich das Recht in Anspruch nimmt, genauso viel Energie, Wasser und Rohstoffe zu verbrauchen wie jeder Durchschnittseuropäer und -amerikaner.
Zwar tagt die G8, aber ihre Ergebnisse erschöpfen sich in PR-Effekten für die Gipfel-Teilnehmer und dem Ausstoß der üblichen Gipfeltreffen-Kommuniqué-Phrasen, die keinen weiteren Zweck haben, als im Fernsehen wiedergekäut zu werden. Wenn die unerschütterlich in die Kameras lächelnden G8-Politiker zu suggerieren versuchen, alles im Griff zu haben, erinnern sie dabei zunehmend an den ehemaligen irakischen Informationsminister, der auch dann noch tapfer in die Kameras hinein verkündete, alles unter Kontrolle zu haben, als hinter ihm schon die amerikanischen Raketen einschlugen.
Die Weltöffentlichkeit lässt sich davon immer weniger täuschen. Sie sieht ja, dass nach jedem Gipfeltreffen, jeder UN-Friedensmission und jedem Einsatz diverser UN-Löschtrupps die Brandherde weiter schwelen, die Kluft zwischen Arm und Reich unvermindert wächst, der Regenwald schrumpft und der CO 2 -Ausstoß nicht geringer wird.
Lösungen sind nicht in Sicht. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts scheint die Welt mit ihrer Weisheit am Ende zu sein. Die Marxistische Ideologie ist erledigt. Verschwunden ist aber auch der aufklärerische Glaube,
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