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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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hochherziger Gesinnung, den er ihr gegeben, indem er einen solchen Falken, nur um sie zu ehren, getötet hatte. Darum sagte sie zu ihren Brüdern: »Am liebsten ließe ich, wolltet ihr es gestatten, meinen Witwenstuhl unverrückt. Ist es aber euer Begehren, daß ich zu einer zweiten Ehe schreite, so werde ich wahrlich keinem ändern mich vermählen, wenn ich Federigo degli Alberighi nicht erhalte.« Auf diese Rede hin verhöhnten sie ihre Brüder und sprachen: »Törichte, was schwatzest du da! Wie kannst du ihn nehmen wollen, der nichts auf dieser Welt hat?« Sie aber antwortete: »Meine Brüder, wohl weiß ich, daß es sich so verhält, wie ihr sagt. Ich aber ziehe den Mann, der des Reichtums entbehrt, dem Reichtume vor, der des Mannes entbehrt.«
    Als die Brüder diese ihre Gesinnung vernahmen und sich überzeugten, daß Federigo trotz seiner Armut ein höchst ehrenwerter Mann war, gewährten sie ihm, Giovannas Wünschen entsprechend, diese samt allen ihren Reichtümern. Er aber beschloß, im Besitze einer so trefflichen und von ihm so überschwenglich geliebten Gattin, überdies noch in dem Besitz eines außerordentlichen Vermögens, nach langen Jahren freudig seine Tage.
     

Zehnte Geschichte
     
     
    Pietro di Vinciolo geht aus, um anderwärts zu Nacht zu essen. Seine Frau läßt ihren Buhlen kommen; Pietro kehrt aber heim, und die Frau versteckt den Liebhaber unter einem Hühnerkorbe. Pietro erzählt, daß im Hause Ercolanos, bei dem er gespeist, ein Jüngling, den die Frau verborgen, gefunden worden sei, worüber Pietros Frau die des Ercolano heftig tadelt. Zum Unglück tritt ein Esel dem Burschen unter dem Korbe auf die Finger, so daß er schreien muß. Pietro läuft hinzu, sieht ihn und erkennt die Falschheit seiner Frau, ist aber niederträchtig genug, sich am Ende doch wieder mit ihr auszusöhnen.
     
    Die Erzählung der Königin war zu ihrem Ende gediehen, und alle hatten Gott gepriesen, daß er dem Federigo würdigen Lohn verliehen, als Dioneo, der einen Befehl nicht erst zu erwarten pflegte, also begann:
    Ich weiß nicht, ob ich es einen merkwürdigen Fehler nennen soll, der erst infolge späterer Sittenverderbnis die Sterblichen befallen hat, oder ob es in der ursprünglichen Natur des Menschen liegt, daß wir lieber schlechte Streiche belachen, als über gute Werke uns freuen, und ersteres vorzugsweise so lange, wie wir nicht selbst davon betroffen werden. Weil nun aber einmal die Bemühung, der ich mich schon früher unterzogen habe und der ich mich jetzt aufs neue zu unterziehen im Begriff stehe, keinen anderen Zweck hat, als eure üble Laune zu zerstreuen und euch zu Lachen und Freude zu bewegen, so will ich euch, ihr liebevollen Mädchen, die nachfolgende Geschichte immerhin erzählen, die zwar mitunter nicht eben anständig genannt werden kann, aber geeignet ist, euch Ergötzen zu bereiten. Ihr aber mögt, indem ihr dieselbe mit anhöret, so verfahren, wie ihr in den Gärten zu tun pflegt, die ihr besucht, wo ihr die Rosen brechet und die Dornen unberührt laßt. So überlaßt denn auch hier den ehrlosen Ehemann seiner eigenen Schmach, belacht in Heiterkeit den verliebten Trug seiner Frau und hegt, wo sich der Anlaß dazu bietet, Mitleid mit fremdem Unglück.
    In Perugia lebte vor nicht gar langer Zeit ein reicher Mann namens Pietro di Vinciolo, welcher, weit mehr wohl um andere zu täuschen und den üblen Ruf einzudämmen, in welchem er bei allen Peruginern stand, als aus innerem Verlangen danach, ein Weib nahm. Dabei gab ihm das Schicksal eine Ehegenossin, die seinen Neigungen nicht sonderlich entsprach. Das Weibchen, das er freite, war ein untersetztes junges Ding mit rotem Haar und warmem Blut, das am liebsten zwei Männer auf einmal genommen hätte, während es nun einem Menschen in die Hände geriet, der zu ganz anderen Sachen Lust hatte, als es zu umarmen. Daß es sich so verhielt, wurde sie nur allzu bald gewahr, und wenn sie dann daran dachte, wie jung und frisch sie sei, und sich dabei voller Kraft und Lebenslust fühlte, so übermannte sie anfangs nicht selten der Zorn, und es gab häufig anzügliche Reden gegen ihren Mann, immer aber ein gar schlechtes Einvernehmen.
    Als sie sich indessen überzeugte, daß sie auf diesem Wege eher sich selber verzehren, als der Abscheulichkeit ihres Mannes irgendwie steuern werde, sagte sie bei sich selbst: »Dieser Elende kümmert sich nicht um mich, weil er in seiner Ruchlosigkeit nur säen will, wo sich nicht ackern läßt. So will ich denn

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