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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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mit dem Zählen von Töpfen und Schüsseln die Zeit vertreiben. Ja, was noch schlimmer ist, sogar zum Spott werden wir. Da heißt es: >Den Jungen Konfekt und Wein, den Alten das Zipperlein<, und was solcher schlechten Reden noch mehr sind. Doch was soll ich dich jetzt mit Worten noch länger hinhalten. Soviel kann ich dir sagen: du konntest niemandem deine Gesinnung offenbaren, der besser als ich dir zum Ziele zu helfen vermocht hätte; denn kein Mann ist so eitel und geschniegelt, daß ich mich nicht getraute, ihm das Nötige zu sagen, und keiner so ungehobelt und tölpelhaft, daß ich ihn nicht kirre zu machen und dahin zu bringen wüßte, wo ich ihn haben will. So beschreibe mir nur, wen du willst, und überlasse dann das Weitere mir. Um eins aber muß ich dich noch bitten, meine Tochter, vergiß mich nicht und bedenke, daß ich eine arme Frau bin. Dafür sollst du aber auch von heute an teilhaben an jedem Ablasse, den ich bekomme, und jedem Vaterunser, das ich sage, damit der liebe Gott sie als Kerzen und Lampen für deine verstorbenen Angehörigen aufnehme.«
    Mit diesen Worten schloß die Alte. Das junge Weibchen aber einigte sich mit ihr dahin, daß die Alte das ihrige tun werde, sobald sie einen jungen Menschen zu sehen bekäme, der öfter durch die Straße gehe, und den jene ihr nach vielen Merkmalen genau bezeichnete. Dann gab sie ihr ein Stück Salzfleisch und entließ sie mit Gott.
    Erst wenige Tage waren seitdem vergangen, als die Alte ihr auch schon den jungen Menschen, den sie ihr beschrieben hatte, heimlich in die Kammer brachte, und bald darauf einen zweiten und so fort, je nachdem der jungen Frau ein neues Gelüste ankam. Diese aber ließ, wiewohl sie sich dauernd vor ihrem Mann fürchtete, keine Gelegenheit ungenutzt, die sich ihr in dieser Beziehung darbot.
    So geschah es denn, daß eines Tages das Weibchen, als ihr Mann bei einem seiner Freunde, namens Ercolano, zu Abend essen sollte, der Alten auftrug, einen jungen Burschen zu ihr zu bestellen, der zu den schönsten und muntersten von Perugia gehörte. Diese tat alsbald, wie ihr geheißen war. Kaum aber hatten das Weibchen und der junge Bursche sich zu Tische gesetzt, um das Abendbrot zu verzehren, als Pietro an der Haustür rief, daß ihm aufgemacht werde. Das Weibchen hielt sich für verloren, als sie seine Stimme erkannte; doch wollte sie, wenn immer möglich, ihren Buhlen verbergen. Indes hatte sie nicht Besinnung genug, ihn fortzuschaffen oder zu verstecken. Sie hieß ihn also, sich auf dem Hausflur, der an das Zimmer stieß, in dem sie speisten, unter einen Hühnerkorb ducken. Dann warf sie Leinwand von einer Matratze darüber, die sie am selben Tage hatte ausleeren lassen, und als auch dies geschehen war, ließ sie dem Manne eilig die Tür aufmachen.
    »Nun«, sagte sie, als er ins Haus getreten war, »ihr habt ja das Abendessen gewaltig schnell heruntergeschluckt.« »Wir haben es gar nicht einmal gekostet«, antwortete Pietro. »Wie ist denn das zugegangen?« sagte die Frau. Darauf erwiderte Pietro: »Das will ich dir sagen: Ercolano, seine Frau und ich, wir saßen schon bei Tische, da hörten wir es plötzlich ganz in unserer Nähe niesen. Das erste und das zweite Mal kümmerten wir uns nicht darum. Als aber jener Unsichtbare ein drittes, ein viertes und noch viele andere Male zu niesen fortfuhr, wunderten wir uns alle. Ercolano war ohnehin nicht gut auf seine Frau zu sprechen, weil sie uns, ohne aufzutun, eine Weile vor der Tür hatte stehen lassen. In größter Heftigkeit rief er also: >Was soll das heißen? Wer ist das, der hier so niest?< Damit sprang er vom Tische auf und ging auf eine nach jener Richtung liegende Treppe zu. Unter dem ersten Absatz dieser Treppe war ein Bretterverschlag, wie man dergleichen alle Tage zur Bequemlichkeit der Bewohner in den Häusern herrichten sieht, um dort etwas aus der Hand legen zu können. In diesem Bretterverschlag aber war ein Türchen, und kaum hatte Ercolano, der das Niesen in dieser Richtung wohl glaubte vernommen zu haben, es aufgerissen, als der unleidlichste Schwefelqualm daraus hervordrang.
    Schon früher hatten wir diesen Schwefelgeruch gespürt und uns darüber beklagt, worauf die Frau uns gesagt hatte, sie hätte ihre Schleier vorhin mit Schwefel gebleicht und die Kohlenpfanne, auf die sie ihn zum Räuchern gestreut, unter jene Treppe gestellt, so daß der Geruch sich von dorther verbreite. Als Ercolano nun das Türchen geöffnet hatte und hineinguckte, nachdem der Qualm ein wenig

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