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Das Deutsche als Männersprache

Das Deutsche als Männersprache

Titel: Das Deutsche als Männersprache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F. Pusch
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statt ihn eigenmächtig zu leugnen oder wegzudefinieren, wie wir es sonst so gern mit Widersprüchen tun. Wir hätten ja, in dem verständlichen Streben nach Widerspruchsfreiheit, einfach einseitig beschließen können, daß der Begriff >Mensch< auf Frauen zutrifft oder aber nicht zutrifft, ähnlich wie wir die Männer immer ein- und die Tiere immer ausschließen und dort kein Kuddelmuddel dulden. Sätze über Menschen, die Männer aus- oder Tiere einschließen, lehnen wir als abweichend oder unsinnig strikt ab:

    ?. Alle Menschen werden Schwestern.
    ? Mit der Geschlechtsreife wird der Mensch gebärfähig.
    ? Die Deutschen sind tüchtige Hausfrauen.
    ? Manche Menschen gebären lebende Junge , andere legen Eier.
    ? Die Menschen bewegen sich auf zwei oder vier Beinen oder mit Hilfe von Flossen oder Flügeln fort.

    Anders bei den Frauen. Sie können entweder ein- oder ausgeschlossen werden. Beides ist recht:

    Alle Menschen werden Brüder.
    Die Portugiesen behandeln Frauen schlecht.
    Die Deutschen sind tüchtige Soldaten.
    Ein Mensch ohne Frau ist überhaupt kein Mensch.
    Die Menschen unterscheiden sich von den Tieren durch ihre Sprachfähigkeit.
    Beim Menschen spricht man nicht von »Männchen und Weibchen«, sondern von »Mann und Frau«.

    Im »Lied der Deutschen« von Hoffmann von Fallersleben, das wir »Deutschlandlied« nennen, heißt es in der zweiten Strophe:

    Deutsche Frauen, deutsche Treue,
    Deutscher Wein und deutscher Sang
    Sollen in der Welt behalten
    Ihren alten schönen Klang,
    Uns zu edler Tat begeistern
    Unser ganzes Leben lang:
    Deutsche Frauen, deutsche Treue,
    Deutscher Wein und deutscher Sang.

    Ähnlich wie die Gehilfin des Menschen »menschlich« genannt werden darf, dürfen die Frauen der Deutschen »deutsch« genannt werden. Die Deutschen lassen sich von deutschen Frauen zu edler Tat begeistern. Auch deshalb sagen sie ja zur Frau, nicht nur weil sie ja zur Familie sagen, Herr Bundeskanzler!

    Und weil das alles möglich, üblich und rechtens ist in unserer Sprache, sagen wir Frauen nein zu dieser Sprache.

    1983

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, doch weiter kommt man ohne ihr *

    Eine Antwort auf Kalverkämpers Kritik an Trömel-Plötz’ Artikel über »Linguistik und Frauensprache«

    Vorbemerkung 1984: Dieser (mein erster feministisch-linguistischer) Artikel hat, wie schon am Untertitel abzulesen, eine Vorgeschichte, die interessierte Leser-innen in der Fachzeitschrift Linguistische Berichte nachlesen können (Trömel-Plötz 1978 und Kalverkämper 1979; s. Bibliographie). Ich habe ihn jedoch bewußt so abgefaßt, daß er weitgehend auch ohne Kenntnis dieser Vorgeschichte, »aus sich heraus«, verständlich sein sollte. Trömel-Plötz hatte 1978 in ihrem Beitrag die wichtigsten Positionen der Feministischen Linguistik vorgestellt. Kalverkämper fühlte sich dadurch aufgefordert, ihr und damit allen gleichgesinnten Linguist-inn-en zu erklären, was Linguistik wirklich ist und daß die Probleme, die wir diskutieren wollten, wenn nicht überhaupt Scheinprobleme, so doch mindestens keine linguistischen Probleme seien.
    Wir hätten seinen Beitrag nachsichtig ignorieren können, hielten es aber strategisch für besser, nun unsererseits eine Kritik seiner Darstellung zu publizieren, da das Gesamtgebiet »Feministische Linguistik« damals in der Bundesrepublik noch jung und relativ unbekannt war und vielen gezielten, in der Regel jedoch nur mündlich kursierenden Mißeinschätzungen seitens männlicher Kollegen ausgesetzt war.

1 Einleitung: Wie Hund und Katze 1

    Man 2 stelle sich folgendes vor: Herr Kalverkämper kommt in ein Geschäft. Auf seiner Schulter sitzt eine Katze (weiblich). Der Verkäufer sagt zu ihm: »Sie sind heute schon die dritte Kundin mit einem Kater .«
    Was ist passiert? Ein Ereignis, das man (mindestens) auf zweierlei Weise analysieren kann — linguistisch und sozialpsychologisch.

    A. Linguistische Analyse

    Der Verkäufer macht zwei Fehler, die linguistisch gesehen demselben Typ angehören:
    1. Fehler: Er referiert auf ein Individuum männlichen Geschlechts (Herrn Kalverkämper) mit einem femininen Gattungsnomen (Kundin), obwohl für dieses Individuum ein geschlechtsspezifisches maskulines Gattungsnomen (Kunde) und ein geschlechtsneutrales, ebenfalls maskulines Archilexem (Kunde) zur Verfügung stehen:

    (Die Grafik übernehme ich von Kalverkämper (59).)

    2. Fehler: Er referiert auf ein Individuum weiblichen Geschlechts (die Katze) mit einem maskulinen Gattungsnomen

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