Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das doppelte Rätsel

Das doppelte Rätsel

Titel: Das doppelte Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
Vom Netzwerk:
Henri Bernaud, der Triebwerksingenieur, die Formel.
    „Ich bin bereit …“ Als letzter meldete sich mit zerstreuter Stimme der Leiter der Raketenausbesserungswerft, Kurt Osterriem.
    Der Kommandant nickte befriedigt. Dann befahl er: „Überprüfen Sie noch einmal alle Funktionssysterne. Start in zwei Minuten. Ende.“
    „Verstanden!“ sagte die Stimme des Testpiloten. Dann wurde die Verbindung abgeschaltet.
    Pollux sah, wie der Kopf des Kommandanten leicht nach vorn sank. Er wollte etwas sagen, weil ihm die Stille unbehaglich war, unterdrückte aber dann doch diesen Wunsch. Innerlich murrte er: Ob der mich absichtlich hier herumstehen läßt wie ein ausrangiertes Möbelstück? So ein Wirbel! Tut, als sei wer weiß was passiert! Dabei, was wird schon sein? Ist eben irgendein Gerät ausgefallen, kann doch vorkommen, kommt doch oft genug vor! Nein, stimmt ja nicht, kommt sehr selten vor, und niemals fallen zwei Verbindungssysteme gleichzeitig aus! Aber die beiden sind ja alte Hasen, die werden mit jeder Lage fertig … Ein leises Dröhnen drang in die unterirdische — richtiger: untermondische — Navigationszentrale. Die Havarierakete war gestartet. Der Kommandant begann plötzlich zu sprechen, ohne seine Haltung zu verändern, ohne die Stimme besonders zu heben. „Vor etwa vierzig Jahren wurde eine Rakete von einem Meteoriten durchschlagen. Sie setzte ihren Kurs fort, lebenswichtige Teile wurden nicht gefährdet, nur — hm — das Leben der Piloten. Aber das hätte niemand gemerkt, wenn nicht dadurch zufällig ein Funkspruch unterbrochen worden wäre. Die Retter kamen noch rechtzeitig. Damals wurde die PaN-Meldung eingeführt. Ich kenne den Fall natürlich auch nur aus der Chronik, aber die steht ja für jeden greifbar im Archiv. Man sollte sie einmal lesen. Ja, Sie gehen jetzt ins Archiv und lesen die Chronik. Ich kann Sie hier nicht brauchen.“
    Pollux starrte den Rücken des Kommandanten an, als sähe er dort den immer noch nicht aufgefundenen Mann im Mond. „Soll — soll das eine Strafe sein?“
    „Das ist zunächst mal eine Anordnung!“ antwortete der Kommandant ruhig und sprach ins Mikrophon: „Archiv — Archiv, bitte melden! Zu Ihnen kommt jetzt gleich der diensthabende Navigator. Geben Sie ihm die Chronik Band zwölf oder dreizehn zu lesen, diesen Havariefall, der zur Einrichtung der PaN-Meldung führte. Ende.“ „Aber …“, stotterte Pollux verwirrt, „in der FR siebzehn ist doch mein Freund, ich muß doch …, ich kann doch nicht einfach …“
    „Ach, Sie sind noch hier?“ sagte der Kommandant in gleichgültigem Ton, ohne auch nur den Kopf zu bewegen. Da schlich Pollux mit hängenden Schultern hinaus.
    Der Kommandant drehte sich um und blickte nachdenklich die Tür an, die Pollux hinter sich geschlossen hatte. Ob er's begreift? Er wird wohl eine Weile brauchen, bis er versteht, warum er da im Papier wühlen soll. Aber das hilft nichts, er muß selbst dahinterkommen, sonst hat es keinen Nutzen. Für uns nicht, für seinen Freund nicht — und für ihn schon gar nicht. Es wird wohl bei dieser Geschichte noch mehr Dinge geben, hinter die wir kommen müssen … Wieso eigentlich? Es kann doch alles ganz harmlos sein? Der Kommandant bemerkte, daß er schon nicht mehr über Pollux nachdachte, sondern über sich selbst. Woher war dieses verdammt sichere Gefühl gekommen, daß hier etwas ganz Ungewöhnliches geschehen sein müsse? Wann hatte er dieses Gefühl zum ersten Mal gespürt? Er erinnerte sich: bei der Meldung des Navigators. Ein Gedanke war in ihm aufgeblitzt, und er hatte ihn schnell beiseite geschoben. Schiff in Ordnung, Besatzung — er scheute sich auch jetzt, jenes traurige und schwerwiegende Wort zu denken. Ja, wenn die Rakete Bocksprünge veranstaltet hätte und die Besatzung würde um Hilfe rufen, das wäre eine verständliche Angelegenheit. Komisch, eine unbekannte Gefahr macht die Sinne rebellisch, man schnüffelt, tastet und horcht, und begreifen hat plötzlich wieder etwas mit seinem ursprünglichen Wortsinn zu tun, mit anfassen … Ja, das ist unbedingt das richtige für Pollux — soll er begreifen, soll er anfassen!
    Der Kommandant nagte an seiner Unterlippe. Dann rief er noch einmal das Archiv an: „Suchen Sie die Protokolle aller Fälle heraus, in denen havarierte Raketen ferngesteuert gelandet wurden. Es müssen drei oder vier sein. Geben Sie ihm die auch zu lesen. Und achten Sie darauf, daß er wirklich liest. Aber lassen Sie sich auf keine Diskussion ein!“
    Die

Weitere Kostenlose Bücher