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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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zu verstecken, und hatte dann ein schlechtes Gewissen. Dachte sie so wegen ihrer eingefleischten Opposition gegenüber jeglicher Form von Religionsbezeugung? Oder hatte es etwas damit zu tun, daß sie einerseits glücklich darüber war, daß ihre Tochter anscheinend den schönsten Tag ihres Lebens verbracht hatte, und andererseits eifersüchtig, daß dies trotz ihrer Abwesenheit geschehen konnte?
    Und noch jemand war abwesend, wie sie feststellte. In den letzten Wochen war es interessant zu beobachten gewesen, wie die reale Gestalt Zandra die imaginäre Gestalt Nina verdrängt hatte.
    Wie beiläufig fragte sie: »Nina ist nicht dabeigewesen?«
    »Aber nein«, antwortete Rosie. »Der Nix hat sie wieder geschnappt. Kann ich was Kaltes trinken? Mir ist so heiß.«
    Soviel zu imaginären Freunden, dachte Ellie. Heute geliebt, morgen wieder ins Märchenbuch verbannt!
    Sie sagte: »Kein Wunder, daß dir nach so einem Tag heiß ist. Laß uns mal nachsehen, was wir im Kühlschrank haben, und dann reibe ich dich mit meiner Après-Lotion ein, um sicherzugehen, daß du dich nachher nicht wie eine alte Zwiebel pellst.«
    »Kommt Daddy nach Hause, bevor ich ins Bett gehe?«
    Sie gähnte beim Sprechen. Die Anstrengung, ihre Erlebnisse zu berichten, hatte ihr offenbar die letzten Kräfte geraubt.
    »Das glaube ich nicht«, entgegnete Ellie. »So wie du aussiehst, können wir froh sein, wenn du nicht einschläfst, bevor du ins Bett gehst.«
    »Aber er kommt doch gleich nach Hause, sobald er das kleine Mädchen gefunden hat?«
    Verdammt! Sie hätte aus ihrer eigenen Kindheit noch wissen müssen, wie scharf kleine Ohren waren, wenn es darum ging, Gesprächsfetzen aus den Unterhaltungen Erwachsener aufzuschnappen.
    Sie dachte an Peters Beschreibung von den Eltern dieses vermißten Mädchens –
als hätte jemand was ausgeknipst –,
und noch eine Zeile kam ihr in den Sinn: so
deep in my heart a small flame died.
    Sie legte ihre Arme um Rosie und drückte sie so fest, daß das arme Kind keuchte.
    »Oh, entschuldige«, meinte Ellie. »Komm, holen wir dir was zu trinken.«

Neun
    S ie sind lang, die Tage des Hochsommers, und ihre endlos erscheinende Helligkeit und Wärme geben all jenen, die sich entspannt darauf einlassen können, eine Ahnung jener ewigen Glückseligkeit, die wir besaßen, ehe der Große Grundstücksmakler des Himmels unser erstes Heim mit Garten zurückforderte.
    Auf solche Gedanken kamen die Polizisten in Danby nicht. Sie hatten nicht einmal dieses Gefühl zunehmender Dringlichkeit, das die nahende Nacht in einem Suchtrupp normalerweise weckt, oder empfanden Ärger darüber, die Suche aufgrund der Dunkelheit mehrere Stunden unterbrechen zu müssen. Ein Gefühl der Lähmung hatte sich ihrer bemächtigt, der Sinnlosigkeit ihres Tuns. Wie Pascoe vermutete, beruhte das auf der engen Verbindung dieser Gemeinde zu Dendale und damit auf einer Art kollektiven Erinnerung an die Geschehnisse vor fünfzehn Jahren.
    Nach außen hin kämpfte Andy Dalziel gegen diese Stimmung an, doch in Pascoes Augen schien er dafür sogar einer der Hauptauslöser zu sein. Er vermittelte nicht etwa den Eindruck mangelnder Betriebsamkeit oder gar Betroffenheit. Im Gegenteil, er wirkte persönlich betroffener als bei jedem anderen Fall, an den Pascoe sich erinnern konnte. Anscheinend spürte er aber, daß die ganze technische und bürokratische Struktur der Untersuchung – die Suchtrupps, die Einsatzzentrale, die Ermittlungen von Haus zu Haus – eine Art Mechanismus war, der lediglich die öffentliche Moralvorstellung befriedigte.
    Für Pascoe war dieser Mechanismus ein Trost. Durch ihn wurden mosaiksteinartig Informationen gesammelt – einige unwichtig, wie etwa die Durchsuchung von Garten und Schuppen, andere wichtig. Man setzte diese Informationen an die richtige Stelle, verband sie sorgfältig miteinander wie die numerierten Punkte in einem Kindermalbuch, und mit etwas Glück erkannte man irgendwann das Bild.
    Er wünschte, Wieldy wäre hier. Wenn es darum ging, in einem Haufen Punkte ein Bild zu erkennen, war niemand besser als Sergeant Wield. Aber er und sein Lebensgefährte waren übers Wochenende in die Borders gefahren, um Bücher einzukaufen. Zumindest war es das, was der Lebensgefährte, Buchantiquar Edwin Digweed, tun wollte. Wields Interesse an Büchern begann und endete mit den Werken von H. Rider Haggard. Als Andy Dalziel von Wields Abwesenheit erfuhr, hatte er mit seiner ihm eigenen Derbheit darauf getippt, daß er nur als

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