Das Dornröschen-Projekt - Krimi
Hanna ruckartig in die Kolonne starrte, aber sofort ihren Blick wieder abwendete. Matti drehte sich um und guckte. Da war ein Daimler. Aber er konnte das Nummernschild nicht lesen. Diepgen und Laurien näherten sich dem Wagen und begannen zu putzen. Dann stellte sich Diepgen neben die Fahrertür und schaute hinein. Aber die Scheibe senkte sich nicht. Da hob er das Bein und trat den Seitenspiegel ab. Aus der Manteltasche zog er einen Hammer und schlug auf die Kühlerhaube ein, während Laurien die Beifahrerseite mit ihrem Hammer bearbeitete. Die Fahrertür öffnete sich, und beide rannten davon, was Diepgen aber nicht daran hinderte, drohend die Faust zu heben. Es war ja auch gemein, dass der Typ nicht zahlen wollte.
Die Ampel schaltete auf Grün, der Fahrer wollte erst Diepgen und Laurien nachrennen, doch dann stoppte er abrupt. Die Autos hinter der S-Klasse hupten. Der Fahrer rannte zum Auto, setzte sich hinein, knallte die Tür zu und fuhr los.
Klaus startete das Taxi und fädelte sich ein paar Wagen hinter dem Daimler ein.
Die Frage war, wo Entenmann jetzt hinwollte. Erst nach Hause oder erst in die Werkstatt. Es ging in die Musäusstraße, dort stieg der Erpel aus, und der Chauffeur fuhr gleich weiter. Solche Leute hatten natürlich Werkstätten, die Autos auch nach der Schließzeit annahmen und gleich am nächsten Tag reparierten.
Klaus steuerte das Taxi, als hätte er Verfolgung studiert. Er hielt auf geraden Strecken einen großen Abstand. Matti schaute sich immer wieder um, ob ihnen jemand folgte, aber Entenmann hatte diesmal offenbar keinen Beschützer dabei. Wenn der Daimler abbog, schloss Klaus auf und nutzte, soweit es ging, die Busspuren. In der Musäusstraße fuhr das Taxi an dem demolierten Benz vorbei, und Klaus’ Spekulation, dass der Chauffeur in der engen Straße nicht wenden würde, ging auf. Er bog brav in die Bitterstraße ein, und Klaus fuhr wieder los.
»Jede Wette, es geht zum Ku’damm, da ist diese protzige Daimler-Filiale«, sagte er.
Es ging durch Schmargendorf, und sie querten den Hohenzollerndamm, um schließlich von der Konstanzer Straße in den Ku’damm einzubiegen. Klaus hielt großen Abstand, es war doch klar, wo es hinging.
Matti rief Twiggy und Dornröschen an und sagte ihnen, wo er sie erwartete. Sie würden mit Rainers Fiat dort hinkommen und im Kofferraum mitbringen, was sie vorbereitet hatten. Klaus parkte ein gutes Stück vor der Niederlassung, deren Scheibenfront im Dämmerlicht glitzerte.
Matti bedankte sich bei Klaus und stieg aus. Bevor er die Tür zuschlug, rief Klaus: »Kannst du meine Nachtschicht übernehmen?«
»Alles hat seinen Preis« erwiderte Matti achselzuckend.
»Dafür brauchst du auch nix zu bezahlen für diese Tour.«
»Okay.«
Er sah dem Taxi nach, wie es davonfuhr. Ein guter Typ, der Klaus, dachte er. Dann bummelte er zur Filiale und betrachtete die Protzkisten, deren Lack und Chrom im raffinierten Lichtspiel der Scheinwerfer glänzten. Drinnen wurde noch gearbeitet. Ein schmieriger Verkäufer beredete einen Kunden, an einem Schreibtisch in der Ecke saß eine aufgetakelte Blondine. Es passte alles.
Er überlegte, wie sie es anstellen sollten. Zwei Möglichkeiten gab es: offensiv oder vorsichtig. Matti war ungeduldig, und er hatte Angst. Es drängte ihn, die Sache gleich zu versuchen. Endlich kam der Fiat, er verschwand in der Knesebeckstraße. Matti lief hin und sah Twiggy einparken.
Dornröschen hatte sich schon fein gemacht. Sie trug einen todschicken Hosenanzug, und ihre Haare hatte sie am Hinterkopf verzurrt und ein wenig Make-up aufgetragen. Sie sah streng aus, wie die persönliche Referentin eines Vorstandsvorsitzenden oder Ministers. Matti stieg auf den Beifahrersitz und quälte sich in einen dunkelgrauen Flanellanzug. Die Klamotten hatten ein Heidengeld gekostet. Dornröschen grinste, während sie Mattis akrobatische Umkleideübung verfolgte. Als er fertig war und auch die Schnürsenkel gebunden hatte, sagte sie trocken: »Du solltest als Entfesselungskünstler auftreten.«
Sie gingen los, Dornröschen mit einem ledernen Aktenkoffer in der Hand. Twiggy fuhr an ihnen vorbei und stellte das Auto auf einen Parkplatz im Mittelstreifen. Matti war aufgeregt, aber er ließ es sich so wenig anmerken wie Dornröschen. Sie betraten die Niederlassung und steuerten die Blondine an. Matti schaute auf die Armbanduhr, dann sagte er: »Guten Abend!« Er legte eine Visitenkarte auf den Schreibtisch, die ihn als Privatsekretär von Dr. Werner
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