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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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kleiner Mann mit braunen Haaren, den die anderen Aslak nannten, zog Folkes Aufmerksamkeit auf sich. Seine geringe Größe machte er anscheinend durch Stärke und Härte wett. Er saß auf einer Ruderbank hinter dem Segel - als einziger mit bloßem Oberkörper, während die anderen sich mit kurzärmeligen Wämsen gegen die kühle Witterung schützten und Folke sogar ein langärmeliges trug.
    »Bei allen Ferkeln Freyrs, das hast du gut gemacht«, sagte Aslak und nickte Folke anerkennend zu.
    »Wie meinst du?« fragte Folke und riß die Augen auf, denn von Freyrs Ferkeln hatte er noch nie gehört. Der Eber war das Tier, das zum Gott Freyr gehörte.
    Aslak schmunzelte, und die vielen Runzeln in seinem braunen Gesicht verschoben sich wie Ackerfurchen, die der Bauer pflügt: »Hast du schon mal einen vergreisten Eber gegessen? Der schmeckt wie ein Bock aus Geirmunds stinkendem Ziegenstall. Aber junge Ferkel! Ach, ich wünschte, ich hätte eins! Ich habe schon lange kein Spanferkel mehr gegessen. Und du wärst herzlich eingeladen.«
    »Danke«, sagte Folke überwältigt.
    »Bei der Gelegenheit mußt du mir eine Geschichte aus deiner Stadt erzählen. Erzähl mir von euren Christen.«
    Folke nickte, sowohl zur Einladung wie zu den Christen. Danach schwieg Aslak und sah nachdenklich vor sich hin. Folke verstand, daß er die Geschichte nicht aus Verlegenheit verlangt hatte.
    Kaum war Aslak still, schüttete Bard einen Schwall von Lobsprüchen über Folke aus. Er saß in der Bankreihe von Aslak und war dessen genaues Gegenteil: ein baumlanger, rappeldürrer blauäugiger Kerl. Er schien sehr redselig zu sein, aber im Gegensatz zu Aslak hatte sein Wort wenig Gewicht bei den anderen Ruderern.
    Als Folke nach vorn in den Bug kam, war selbst Hrolf weniger zurückhaltend, und dessen Nebenmann Ulf klopfte anerkennend auf seinen Schild, der an der Reling hing.
    Sven aber war mürrischer denn je. Sicherlich hatte er noch kaum ein Wort mit irgend jemandem auf dem Schiff gewechselt.
    Ohne Zwischenfälle kamen sie durch die Schlei. Seitdem König Knuba die Wachtürme im Norden und im Süden der Insel Gath hatte ausbauen und ständig mit einer Wachmannschaft besetzen lassen, war der Schutz von der Seeseite gut. Die Menschen an der Schlei wären noch glücklicher gewesen, wenn der Schutz auf Land gegen die kriegerischen Sachsen nur halb so gut gewesen wäre.
    Hinter der Kappeiner Biegung kam der Wind etwas südlicher. Das Drachenschiff begann in den kurzen Wellen zu springen wie ein spurensuchender Wolf. Wormshafen mit seinen Hütten und Fischerbooten blieb bald hinter ihnen zurück, und vor ihnen lag der Wachturm von Gath. Dahinter blinkte die offene See.
    Plötzlich erhoben sich einige Männer und geiten das Segel auf. Das Schiff lief aus und wurde von den Wellen vor den kleinen Steg getragen, der zur hölzernen Oeher Burg gehörte. Bard, der zu den Steuerbordmännern unter dem Segel gehörte und mit der Festmacheleine in der Hand sprungbereit am Bug stand, mußte schnell springen, damit er die Brücke nicht verfehlte. Ein heftiger Ruck ging durch das Boot, als er anzog und der »Graue Wolf« herumschwojte und im Wind liegenblieb.
    »Was ist los?« fragte Folke.
    »Hjalti will mit den Wachleuten einen Schwatz halten. Es dauert eine Weile«, antwortete Hrolf. »Wir können vom Schiff gehen. Hier versäumt niemand die Abfahrt.«
    So war es auch, denn das Nordende von Gath war buschlos und der Steig, der vom Landeplatz auf die kleine Anhöhe zum Wachturm führte, war von überall einsehbar. König Knuba hatte höchstpersönlich für freie Sicht des Wachpersonals gesorgt und den Wald abschlagen lassen, der die Insel ansonsten bedeckte und in dem er gern Hirsche und Wildschweine jagte. Glatt, grau und unauffällig wie eine Schäre wollte er seine Aussichtspunkte haben, so erzählte man sich, aber an den süddänischen Wäldern biß er sich die Zähne aus.
    Die Männer wußten offenbar Bescheid, denn sie stiegen gemächlich an Land. Zurück blieben nur der angebundene Sklave und Sven, der sich mißtrauisch umsah. Während die meisten Männer über die Höhe liefen und auf der anderen Seite am Seestrand verschwanden, um Bernstein zu suchen, ging Folke zum Schleiufer hinunter. Jenseits des schmalen Wasserlaufes sah er die Häuser von Hasselberg, die einen eigenen kleinen Fischerhafen hatten. Er schlenderte um die Nordspitze herum an den Strand. Von Hjalti war nichts zu sehen; er war vermutlich im Turm. Um einen Schwatz zu halten. Was das wohl für

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