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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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Hafen machten auf sie großen Eindruck, aber noch wunderbarer fand sie die gepflasterten Straßen und den eingefaßten Bachlauf mit den abschüssigen Waschstegen. »Nein«, sagte sie bewundernd, »das alles gibt es ja gar nicht! Ich bin froh, daß ich es zu sehen bekomme, bevor ich auf Aslaks Hof ziehe.«
    Aud wirkte nun viel freier und jünger als auf Erri, und vielleicht würde sie mit zunehmender Entfernung von der finsteren Männerwirtschaft auf der Insel noch zu einer Schönheit werden. Ansätze davon waren jetzt schon sichtbar, und Folke war froh, daß sie mitgekommen war, und konnte Aslak gut verstehen.
    »Vielleicht willst du gar nicht mehr hier weg!« neckte er sie freundschaftlich, aber da war er bei Aud falsch.
    Ihrer selbst sicherer als früher, schüttelte sie heftig den Kopf, wenn sie auch nichts sagte, um Folke nicht zu kränken.
    »Aber ich will hier nicht mehr weg«, sagte Bjarke fest, »und ich soll ja auch nicht Aslak heiraten.«
    »Wir werden sehen«, erwiderte Folke und zog Bjarke weiter, der einem Glasbläser zusehen wollte. »Du hast Zeit genug, alles kennenzulernen. Jetzt aber komm nach Hause, vielleicht ist meine Mutter Aasa da, die für einen Winter deine Ziehmutter werden wird - wenn du willst, und wenn sie will.«
    Das erschien Bjarke nicht sehr verlockend, aber er folgte doch, und es dauerte nicht lange, bis sie den Hof von Thorbjörn betraten, dem die Bootsbauerei gehörte. Aber Aasa war wieder zu Hause auf dem Bärenhof, wie eine Magd Folke mitteilte. Und dann kam ihnen auch schon der Norweger Lodin entgegen, um dessen Gesundheit willen Aasa länger als beabsichtigt in Haithabu geblieben war. Folke hielt ihm seine gespreizte Hand vor die Augen.
    »Was fuchtelst du mir im Gesicht herum?« fragte der Norweger gereizt und wich zurück. »Ich bin kein Zauberer!«
    Folke lachte. »Ich wollte mich davon überzeugen, daß du wieder sehen kannst. Nimm es mir nicht übel.«
    »Ach, du bist es«, sagte Lodin und lächelte zurück. »Mein Ersatzmann auf dem >Grauen Wolf<. Ich erkenne deine Stimme.«
    »Ja, mich kannst du auch eher erkennen als deinen >Grauen Wolf<«, entgegnete Folke, und sein Gesicht wurde für einen Moment düster. »Von ihm ist nicht viel übriggeblieben.«
    »Bei allen Ferkeln Freyrs«, sagte Lodin beunruhigt, »was ist passiert?«
    Folke freute sich, als er so plötzlich an Aslak erinnert wurde, und erzählte ihm alles, noch bevor Aud die Schwelle zum Haus überschritten hatte.
    Bjarke hatte sich schon längst mit Odd, Thorbjörns Sohn mit einer Sklavin, bekannt gemacht und war mit ihm zum Bach hinuntergelaufen.
    »Eines habe ich noch nicht verstanden«, sagte Folke am Schluß seines Berichtes. »Wie kam die Keule auf euer Boot?«
    Der Norweger dachte eine Weile nach. »Ich sah selbst, daß im Slawendorf ein Mann mit ihr kämpfte, der Dorfältester oder sonst ein geachteter Mann war. Außer ihm hatte niemand eine Keule; vielleicht besaß sie für ihn besondere Bedeutung. Irgendwie gerieten mein Banknachbar vom Schiff und ich mit ihm zusammen, und in unserer Nähe waren Alf und Ulf, die eigene Gegner hatten. Aslak war hinter mir, glaube ich. Mein Banknachbar fiel, und ich wurde ebenfalls getroffen, aber dank deiner Mutter hatte ich Glück. Mehr weiß ich darüber eigentlich nicht.«
    Folke grübelte eine Weile, in der ihn niemand störte, - das vertraute Gegacker der Hühner und das leise Gequake der Enten auf dem Hof erfüllten ihn mit unendlicher Erleichterung, wieder zu Hause zu sein, und dann ging er daran, endlich auch den letzten Knoten zu entwirren. »Wurdest du von Wertizlaw niedergeschlagen?«
    »Ich glaube nicht«, antwortete der Norweger. »Ich hörte die Männer auf dem Boot darüber reden. Nebel füllte mir zeitweise den Kopf, aber zwischendurch war ich wach und bekam zu trinken. Nein, Wertizlaw war es nicht. Als ich ihm endlich gegenüberstand, hatte er seine Keule nicht mehr, und gleich darauf brach er zusammen. Mich muß ein anderer niedergeschlagen haben. Aber Alf rühmte sich, den Mann niedergestochen zu haben.«
    Von hinten. Folke nickte und zog den Gedankenfaden Hand über Hand zu sich heran. Womöglich hatte Alf bereits dort versucht, Aslak zu töten. Vielleicht waren Lodin und sein Banknachbar Opfer von Alf? War Hjalti deshalb so schweigsam gewesen? Hatte er etwas gesehen? Auf jeden Fall mußte Alf damals schon die Keule vorsätzlich aus dem Slawendorf mitgenommen haben, um Aslak zu erschlagen, von dem er behauptete, er sei ein Zauberer. Denn ausgerechnet

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