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Das dunkle Erbe

Das dunkle Erbe

Titel: Das dunkle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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sich ein ganz anderes Bild als in der Praxis und der Wohnung. Überall standen Kisten und Kartons mit medizinischem Bedarf. Tupfer und Pflaster in allen möglichen Größen und Formen, Spritzen, Ampullen, Verbände, Arzneimittel, das eine oder andere ausgemusterte Gerät. Es schien kein System zu geben, nach dem alles geordnet war. Frau Rosinsky war offensichtlich nicht für diesen Bereich des Hauses zuständig, dachte Photini. Es roch nach Mörtel.
    Und es war ein alter Keller, eng und verwinkelt. In den vergangenen hundert Jahren war hier nur notdürftig renoviert worden. Blanker Estrich als Bodenbelag, schlampig darüberzementiert, in manchen Räumen Holzbohlen. Photini kannte sich damit aus, ihr Vater musste auch zu jeder Neuerung gezwungen werden.
    Sie tastete sich voran. Die Kellerlampen spendeten ein spärliches Licht, einige waren ausgefallen. Ein Blick in den Heizungskeller, der ebenfalls mit einer Stahltür gesichert war. Die anderen Räume besaßen nur klapprige Holztüren. Wenn man nicht achtgab, konnte man sich an den Klinken die Finger einklemmen.
    Als sich Photini in eine weitere Kammer dieses Labyrinths zwängte, traute sie ihren Augen nicht. So einen Untersuchungsstuhl hatte sie noch nie gesehen. Grobe Ledergurte, verrostete Schnallen, angelaufenes Kupfergestänge. Dieses Monstrum schien der Inquisition zu entstammen. Na ja, überlegte Photini, nicht ganz. In den zwanziger, dreißiger Jahren stellte das Ding vermutlich den Gipfel des Fortschritts dar. Es war noch nicht allzu lange her, als Ärzte in Europa Frauen nur bei gelöschtem Licht und vollständig angezogen untersuchten. Die Gynäkologie war eine ziemlich junge Wissenschaft.
    Wem dieser Stuhl wohl gehört hatte? Photini kam der Name »von Barth« bekannt vor, seit sie ihn auf dem Messingschild an der Eingangstür gelesen hatte. War nicht ein Flügel der Klinik, in der ihre Cousine vor einem Jahr einen Jungen zur Welt gebracht hatte, so benannt? Vielleicht der Vater der Frauenärztin.
    Neben dem Untersuchungsstuhl stieß Photini noch auf andere Erinnerungsstücke. Auf einem kleinen Tisch lag ein altertümliches Spekulum. Es sah gefährlich aus, wie eine Zange oder eine Art Zirkel, mit spitzen, gebogenen Enden.
    Eva von Barth schien nicht nur alte Möbel, sondern auch alte medizinische Instrumente aufzubewahren. Das war nicht ungewöhnlich. Dennoch spürte Photini, dass diese Kellerräume mehr waren als bloße Abstellflächen. Das Haus hatte schon viele Jahre auf dem Buckel, es besaß ein Eigenleben. Wenn der erste Stock der Kopf war und die Praxis das Herz, dann inspizierte Photini gerade die Eingeweide. Sie waren nicht schön anzusehen, gewiss, aber man konnte die Vergangenheit fühlen. Ihre Ablagerungen, Ausscheidungen, Gewächse.
    In dem Retsina-Keller ihres Vaters bei Kalamata ging es ihr ähnlich. Dort hatten sich griechische Kommunisten versteckt in der Zeit der Obristendiktatur zwischen 1967 und 1974. Längst waren davon alle Spuren getilgt. Doch das Gemisch aus Angst und Verschwörung haftete den Mauern immer noch an wie feuchtes Moos.
    Ein Knirschen riss Photini aus ihren Gedanken. Es kam aus dem Gang, aber sie hatte keine Tür gehört. Bislang war es hier unten völlig still gewesen, also hatte sie angenommen, allein zu sein. »Frau Rosinsky?«, rief sie.
    Schritte von schweren Schuhen.
    »Ist da wer?« Photini verließ den Raum und spähte um die Ecke. Eine Lampe flackerte unregelmäßig.
    Sie drehte sich um. Und prallte zurück, weil sie fast mit jemandem zusammengestoßen wäre.
    Das Gesicht des Mannes drückte Argwohn und Missmut aus. Er trug einen graublauen Overall, wirkte breit und muskulös. Dabei war er bei genauerem Hinsehen ein normal gebauter Typ, nur einen Kopf größer als die kurzgeratene Photini. Ein sehniger Zug um die Mundwinkel, schütteres, kurzgeschnittenes Haar.
    »Wie kommen Sie hier rein?«, blaffte Photini.
    »Das könnte ich Sie auch fragen.« Mit der linken Hand schlenkerte der Mann einen Schlüsselbund geschäftig herum.
    Photini tastete nach ihrem Ausweis.
    »Sie sind sicher die Polizistin.« Er grinste, wie jemand, dem ein guter Witz gelungen war. »Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe. Hinter dem Haus gibt es einen separaten Eingang.« Ein kurzer, kräftiger Händedruck. »Ich bin der Hausmeister. Sigmar Hornung.«
    »Dirou. Mordkommission.«
    Er zwinkerte ihr zu. »Wie sind Sie denn an unserem Wachhund vorbeigekommen? Die Rosinsky ist nicht gut auf Ihresgleichen zu sprechen.«
    »Ich hab

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