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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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oder aus dem Lager holte. Vor den beiden kleinen Schaufenstern, in denen Lina nur Oberteile präsentieren konnte, standen innen elegante weiße Paravents, die die Kundinnen vor neugierigen Blicken schützten, und im kleinen Hinterzimmer fanden die Anproben statt.
    Dahinter, im ehemaligen Lager, befand sich die Nähwerkstatt. Zu Linas alter Nähmaschine waren drei weitere aus Amerika gekommen. Lina beschäftigte vier Näherinnen, von denen eine die reinen Handarbeiten übernahm, vor allem die Perlenstickereien. Es gab einen großen Arbeitstisch für die Zuschnitte, einen Bügelplatz und einen Ofen, in dem die eisernen Ochsenzungen für das Bügeleisen erhitzt wurden.
    Mit prüfendem Blick ging Lina an den Nähtischen vorbei. «Das ist sehr schön geworden, Anna», lobte sie eine der jungen Frauen. Dann strich sie dem Säugling, der friedlich in einem Weidenkorb lag und mit einer kleinen Rassel spielte, sanft über den Kopf. Das Spielzeug hatte sie ihm geschenkt, als Annanach der Geburt zurück an ihren Arbeitsplatz kam. Auf Anna Jansen hielt sie große Stücke. Die junge Frau arbeitete sehr sorgfältig, war geschickt mit der Nähmaschine und verstand sich sogar aufs Zuschneiden. Deshalb bekam sie immer die anspruchsvolleren Arbeiten mit wertvollen Stoffen aufgetragen und durfte ihr Kind mit zur Arbeit bringen.
    Die beiden anderen Näherinnen, Susanna und Grete, machten ihre Sache gut, doch manchmal ließen sie der Maschine ihren Lauf, und die Nähte wurden schief oder unsauber. Die vierte, Maria, war die älteste unter den Näherinnen, sie stammte aus einer verarmten Bürgerfamilie und hatte als junge Frau die feinen Handarbeiten ihres Standes gelernt. Ihr Mann war früh verstorben, und eine Weile hatte sie sich mit Handarbeitsunterricht durchgeschlagen. Als Lina ihr anbot, die feinen Stickereien und Näharbeiten in ihrem Geschäft zu übernehmen, hatte sie sofort eingewilligt. Jetzt hatte sie ein kleines, aber sicheres Einkommen und wohnte in einem gemütlichen Zimmer neben dem des Hausmädchens Antonie. Vor ein paar Jahren hatte noch der Commissar diese beiden Räume bewohnt, bevor er und Lina geheiratet hatten.
    In diesen schweren Zeiten war jede der Frauen froh, Arbeit bei Lina Borghoff gefunden zu haben. Susanna und Grete hatten in einer kleinen Textilfabrik gearbeitet, bevor sie zu Lina kamen, und dort Uniformen genäht. Inzwischen hatte die große Krise auch dieses Unternehmen erreicht, die staatlichen Aufträge waren spärlich geworden, und da man die Frauen der entlassenen Stahlarbeiter für immer geringere Löhne einstellen konnte, die kaum zum Überleben reichten, hätten auch Grete und Susanna nicht mehr genug verdient, um ihre Lieben durchbringen zu können. Grete war jungverheiratet, sie und ihr Mann, der Gelegenheitsarbeiten machte, mussten aber noch den kranken Schwiegervater und den achtjährigen Bruder mit durchfüttern. Susanna hatte zehn Geschwister und half mitihrem Lohn und oft genug auch mit Resten vom Tisch der Borghoffs, ihre Familie zu ernähren. Sicher war das, was abfiel, in den letzten Monaten weniger geworden, aber Lina hatte streng darauf geachtet, dass sie zumindest immer den vollen Lohn zahlen konnte.
    So herrschte trotz der schlechten Zeiten eine heitere Stimmung in der Näherei, es wurde gescherzt und gelacht. Und solange die Arbeit darüber nicht liegenblieb, hatte die Chefin auch nichts dagegen.
    Lina begutachtete den Zuschnitt, den Anna für ein leichtes Sommerkleid gemacht hatte. Er war tadellos. «Grete, du solltest bis heute Abend den Rock zusammengenäht haben. Um das Oberteil werde ich mich selbst kümmern.» Sie hatte einige raffinierte Details vorgesehen, und Anna, die Einzige, der sie es zugetraut hätte, das Stück zu nähen, war noch mit anderen komplizierten Aufgaben beschäftigt.
    Sie schaute sich die Ergebnisse von Susannas Änderungen bei verschiedenen Kleidern an und nickte zufrieden. Nur ein Stück fand nicht ihre Zustimmung. Sie hielt es Susanna hin. «Die Naht musst du noch einmal auftrennen und neu nähen, sie beult sich hier.»
    Susanna wurde augenblicklich hochrot. «Entschuldigen Sie.»
    «Mach es noch einmal, dann ist es ja in Ordnung.» Lina lächelte. Sie genoss den Respekt, den die Mädchen vor ihr hatten, aber sie legte Wert darauf, dass sich jeder wohl fühlte in ihrem Haus.
    Sie verließ die Werkstatt durch den hinteren Ausgang und ging hinüber in das kleine Büro, das sie für sich hergerichtet hatte.
    Der junge Mann sprang auf, als sie den Raum

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