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Das dunkle Paradies

Das dunkle Paradies

Titel: Das dunkle Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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immer auf dem Podium kniet und sich bemüht, möglichst ruhig zu wirken. Dabei kann jeder hören, wie sehr er an seinem Leben hängt, wie kindisch er bettelt, wie laut sein Lärm, den keine Arznei mehr unterdrückt, über den ganzen Platz hallt.
    »Und jetzt werdet ihr erfahren«, sagt Bürgermeister Prentiss, »was für ein Mensch euer neuer Präsident in Wirklichkeit ist. Und was er von euch verlangt.«
    Stille, noch immer Stille, nur das Wimmern von Bürgermeister Ledger ist zu hören.
    Bürgermeister Prentiss geht zu ihm hinüber, das Messer in seiner Hand blitzt auf. Die Leute murren, als sie endlich begreifen, was gleich passieren wird. Bürgermeister Prentiss tritt hinter Bürgermeister Ledger und hebt das Messer. Er steht da und blickt auf die Menge herab, die zu ihm aufblickt, er beobachtet die Leute, wie sie ihren früheren Bürgermeister anstarren und hören, wie er vergeblich versucht seinen Lärm zu unterdrücken.
    »Seht her!«, ruft Bürgermeister Prentiss. »Dies ist eure Zukunft!«
    Er hält das Messer hoch, bereit zuzustechen, es scheint, als wolle er nochmals sagen: Seht her …
    Der Protest wird lauter.
    Bürgermeister Prentiss holt aus.
    Eine Stimme, eine weibliche Stimme, vielleicht dieselbe wie vorher, schreit: »Nein!«
    Und plötzlich ist mir klar, was geschehen wird.
    Auf dem Stuhl, in dem Raum mit dem Lichtkegel aus buntem Glas, hat er mich besiegt, hat er mich dem Tod ins Auge blicken lassen …
    Und dann hat er mir Verbände angelegt.
    Und dann habe ich getan, was er von mir wollte.
    Das Messer zischt durch die Luft und durchschneidet die Fesseln an Bürgermeister Ledgers Händen.
    Man hört, wie eine ganze Stadt, ein ganzer Planet den Atem anhält.
    Bürgermeister Prentiss wartet einen Augenblick, dann sagt er: »Seht her, das ist eure Zukunft.« Er sagt es leise, spricht nicht einmal ins Mikrofon.
    Und trotzdem höre ich seine Worte ganz laut und deutlich in meinem Kopf.
    Er steckt das Messer hinten in den Gürtel und tritt zum Mikrofon.
    Und dann legt er den Menschen Verbände an.
    »Ich bin nicht der Mann, für den ihr mich haltet«, sagt er. »Ich bin kein Tyrann, der gekommen ist, um seine Feinde abzuschlachten. Ich bin kein Wahnsinniger, der zerstören will, was ihn vielleicht retten kann. Ich bin nicht …«, und dabei blickt er zu Bürgermeister Ledger hinüber, »euer Henker.«
    Die Menschen, Männer wie Frauen, sind jetzt so still, dass der Platz genauso gut menschenleer sein könnte.
    »Der Krieg ist vorbei«, spricht Prentiss weiter. »An seine Stelle wird ein neuer Frieden treten.«
    Er deutet zum Himmel. Die Menschen schauen nach oben, als würde er gleich etwas herbeizaubern, was ihnen auf die Köpfe fällt.
    »Vielleicht habt ihr schon von dem Gerücht gehört, dass neue Siedler kommen.«
    Mein Magen krampft sich zusammen.
    »Als euer Präsident sage ich euch: Dieses Gerücht ist wahr.«
    Woher weiß er das? Woher, verdammt noch mal, weiß er das?
    Männer und Frauen beginnen sofort zu tuscheln, als sie diese Nachricht hören. Der Bürgermeister lässt sie gewähren und redet ungerührt über das Stimmengewirr hinweg.
    »Wir werden bereit sein und sie willkommen heißen!«, sagt er. »Wir werden eine stolze Gemeinschaft sein und sie im neuen Garten Eden begrüßen!« Seine Stimme ist jetzt wieder lauter geworden. »Wir werden ihnen zeigen, dass sie die alte Welt hinter sich gelassen haben und im Paradies angekommen sind!«
    Das Stimmengewirr nimmt zu, alle sprechen auf einmal wild durcheinander.
    »Ich werde euch das Medikament wegnehmen«, verkündet der Bürgermeister.
    Oh Mann, schlagartig wird es still.
    Der Bürgermeister lässt die Stille zu, wartet, und erst als das Schweigen immer erdrückender wird, fügt er hinzu: »Einstweilen.«
    Die Männer schauen einander an, dann richten sie ihre Blicke wieder auf den Bürgermeister.
    »Wir treten in ein neues Zeitalter ein«, sagt Prentiss. »Ihr könnt mein Vertrauen gewinnen, indem ihr mir helft, eine neue Gesellschaft aufzubauen. Und wenn diese neue Gesellschaft errichtet ist, wir unsere ersten Bewährungsproben bestanden und unsere ersten Erfolge gefeiert haben, dann habt ihr auch wieder das Recht, Männer genannt zu werden. Dann habt ihr auch wieder ein Anrecht auf das Medikament, und genau das wird der Augenblick sein, in dem alle Menschen Brüder werden.«
    Die Frauen würdigt er keines Blicks. Auch die Männer beachten sie nicht. Die Arznei ist eine Belohnung, mit der Frauen ohnehin nichts anfangen können.
    »Es

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