Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)
du darfst ihm nicht trauen, Cicely. Er ist einer von ihnen!«
»Nein! Doch, aber … aber nicht ganz …« Frustriert trat ich gegen den angesengten Stuhl. »Ich kann es euch nicht erklären. Grieve und ich sind schon lange vor seiner Verwandlung verbunden gewesen. Wieso sonst habe ich wohl das Bild des Wolfs auf dem Bauch und er mein Gesicht eintätowiert? Ich vertraue ihm, zumindest soweit ich kann.«
»Schön«, sagte Leo abrupt. »Du vertraust ihm also. Und wie willst du deinen Auftrag von Regina und dem Karmesin-Hof mit deinen Gefühlen für Grieve vereinbaren?«
»Ich habe die Vampire nicht vergessen, keine Sorge. Ich bin genauso verwirrt wie ihr, und was immer ich tue, muss beiden Welten gerecht werden. Und ich muss entscheiden, ob ich Grieve davon erzähle.«
»Du willst Grieve verraten, dass du ihn und seine Leute ausspionierst? Wie dumm kann man denn sein?« Leo sprang auf. »Vögle ihn meinetwegen, sooft und solange du willst. Aber du vergisst eine Kleinigkeit, nämlich dass Grieves neue Familie deine Tante und meine Schwester und unsere Freundin Peyton verschleppt hat! Hast du die etwa vergessen?« Mit vor Wut verzerrtem Gesicht boxte er in die Luft und stürmte auf die Treppe zu.
»Leo –«, begann ich, aber Rhiannon hielt mich auf.
»Nein, lass ihn. Er ist einfach wütend und erschlagen. Ich versuche, ihn zu beruhigen. Ich kann beide Seiten verstehen – leider.« Sie wirbelte herum und lief hinter ihm her.
Hilflos wandte ich mich an Kaylin. »Denkst du, dass er recht hat? Dass ich nicht klarsehen kann?«
Er kam zu mir. »Kleine, du siehst tatsächlich nicht viel mehr als das Bett.«
Bei »Kleine« wollte ich protestieren, aber er schnaubte nur.
»Denk dran, ich bin hunderteins, Cicely, auch wenn ich aussehe, als sei ich so alt wie du. Rhiannon hat recht, und du hast recht. Grieve und du habt eine Verbindung zueinander. Aber ich glaube auch, dass du unter seinem Einfluss stehst. Wahrscheinlich durch ein Gift in seinen Reißzähnen. Die Feen des Indigo-Hofs sind ausgesprochen verführerisch. Sie haben das geerbte Talent der Vampire mit ihrem eigenen Glamour kombiniert, was sie sozusagen zu Hohepriestern des Sex macht.«
Ohne nachzudenken berührte ich den Kratzer an meinem Hals. Hatte Kaylin recht? Spielte Grieve mit mir? Die Erinnerung an seine Berührung, an seine Zunge an meinem Hals drohte mich erneut mitzureißen, und ich stöhnte, als ich gegen die Stelle drückte, wo er mich gebissen hatte.
»Verdammt, Frau, du kannst froh sein, dass ich weiß, was Ehre ist«, flüsterte Kaylin.
Meine Lider flogen flatternd auf. Er starrte mich eindringlich an, und ich sah seine Erregung durch die enge Jeans. Errötend senkte ich die Hand. »Es tut mir leid … ich … Ich weiß nicht.«
»Du dünstest Lust aus. Ich kann dich von hier aus riechen. Und der Ausdruck in deinem Gesicht – du flehst darum, gevögelt zu werden.« Er schüttelte den Kopf, als ich zum Protest ansetzte. »Spar’s dir. Ich brauche keine Versicherungen. Wenn ich ein anderer wäre – einer mit weniger starkem Willen –, dann würden wir uns jetzt schon auf dem Boden wälzen und rammeln, was das Zeug hält. Du solltest besser kalt duschen und dann ernsthaft über unsere Situation nachdenken.«
Verdattert und gleichzeitig wütend ging ich tatsächlich hinauf, zog mich aus und stellte mich unter die Dusche. Dort wusch ich die Wunde und den Rest meines Körpers gründlich mit Vanille-Duschgel, während ich darüber nachdachte, was Kaylin gesagt hatte. Eine gute halbe Stunde ließ ich das Wasser auf mich niederprasseln, und endlich klärten sich meine Gedanken.
Fuck. Konnte Kaylin recht haben?
Irgendwann drehte ich das Wasser ab und trocknete mich ab. Inzwischen war mir der Auftritt peinlich. Vielleicht war Grieve auf unserer Seite – ich wollte es glauben. Aber durften wir Heathers und Peytons Leben riskieren, wenn meine Gefühle für Grieve auf einem starken Aphrodisiakum in meinem Kreislauf beruhten?
Während ich mir nachdenklich ein frisches Top und eine Jeans anzog, stieß ich langsam den Atem aus. Die Wahrheit war, dass mein Herz mir nicht erlaubte, mich abzuwenden. Und die Vampire würden es genauso wenig erlauben. Sie wollten Informationen, und ich war offensichtlich der Kanal, durch den sie sie bekommen würden. Ich war zwischen zwei Feinden gefangen – für den einen ein Bauernopfer, verliebt in den anderen.
Als ich die Treppe hinunterging, wirbelten ein Dutzend Fragen durch meinen Kopf.
Leo und
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