Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)
Feuer. Ich habe euch doch gesagt, dass ich es nicht mehr kontrollieren kann, wenn es einmal wieder freigelassen wurde.«
Jetzt erst bemerkte ich, dass Grieve und Chatter nirgendwo zu sehen waren. »Wo sind die beiden anderen überhaupt?«
»Auf der Veranda und reden.« Sie schniefte. »Du hast recht. Ich muss lernen, das Feuer zu beherrschen. Jetzt, da es frei ist, kann ich es nicht wieder zurückstopfen. Sobald ich wütend werde, wallt es auf.« Sie blickte auf ihre Hand und drehte sie in meiner, so dass die Innenfläche zu sehen war.
»Ich kann töten, Cicely. Wenn ich nicht lerne, wie ich damit umzugehen habe, kann ich töten, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Ich habe es bereits getan, ich kann es wieder tun. Marta hat damals gesagt, man sollte mir meine Kräfte ausbrennen, bevor ich wieder Mist baue. Und vielleicht hat sie recht gehabt.«
»So was darfst du nicht einmal denken!« Ich ließ ihre Hand fallen, packte sie an den Schultern und schüttelte sie leicht. »Du wirst lernen, wie man damit umgeht, und du wirst die Flammen, die in dir brennen, beherrschen.«
Sie betrachtete prüfend mein Gesicht. »Glaubst du das wirklich?«
»Ja. Ja, das glaube ich.« Ich warf Leo einen Blick zu, und seine frustrierte Miene bestätigte mir, was ich mir schon gedacht hatte. »Wir bitten Chatter, dir zu helfen. Er hat es dir beigebracht, als du ein Kind warst, er wird es auch jetzt können.«
»Nein! Ich –«, setzte Leo an, aber ich unterbrach ihn mit nur einem Blick.
»Vergiss es! Du kannst ihr nicht helfen, und weder Kaylin noch ich arbeiten mit Feuer, also können wir es auch nicht tun. Chatter ist im Augenblick unsere beste Chance.«
Und sie braucht Hilfe, ob du nun eifersüchtig bist oder nicht, dachte ich gallig.
»Ach, und was war mit der Idee, Anadey zu fragen?« Leo hatte die Lippen zu einer dünnen weißen Linie zusammengepresst, und in den Augenwinkeln spannte sich ein Netz aus Fältchen. O ja, es hatte ihn mächtig erwischt, und er hatte durchaus mitbekommen, dass Chatter etwas für meine Cousine übrighatte.
Ich warf Rhiannon einen Blick zu. »Es liegt an dir – entweder wir fragen Chatter oder gehen heute Abend zu Anadey und bitten sie um Hilfe. Was immer dir lieber ist, wird gemacht, aber wir müssen etwas unternehmen, und zwar bald.«
Rhiannon sah verunsichert zu Leo, dann zur Eingangstür. Nach einem Augenblick flüsterte sie: »Ich denke, wir sollten zuerst Anadey fragen. Wenn sie nichts für mich tun kann, dann vielleicht Chatter.«
Leo entspannte sich sichtlich. »Gute Idee«, murmelte er, aber ich sah ihn erneut strafend an, und er senkte den Blick. Das Letzte, was wir brauchten, war eine Überdosis Testosteron, die außer Kontrolle geriet.
In diesem Augenblick kehrten Grieve und Chatter zurück.
»Wir sollten jetzt verschwinden und zum Grab zurückkehren«, sagte Grieve. »Man wird uns erwarten.«
»Und was, wenn sie wissen, dass ihr zwei diejenigen wart, die uns zur Flucht verholfen haben?« Ich hielt seinen Blick fest, denn ich wollte nicht, dass er ging, wollte ihn im Gegenteil mit nach oben zerren und mit jedem Zentimeter seines Körpers sehr private Dinge tun.
»Mach dir keine Sorgen, das werden sie nicht. Ich verspreche es. Aber ihr müsst dieses Haus sichern oder noch vor Einbruch der Nacht verschwinden.« Er hob mein Kinn und beugte sich herab, um mich zu küssen. Ich ignorierte Kaylins und Leos Missbilligung, stellte mich auf die Zehenspitzen und schlang die Arme um ihn, um mehr zu bekommen.
Betörend. Er schmeckte nach Sommerwein und Weihrauch, Wildpilzen und Zimt, und ich stieß ein leises Stöhnen aus. Grieve sog scharf die Luft ein und bog den Kopf zurück, die Zähne grellweiß und blitzend und bereit zum Biss.
»Grieve …« Chatters schüchterne Stimme drang durch den sinnlichen Dunst, in dem ich zu schweben begonnen hatte, und ich tippte Grieve sanft auf die Schulter.
Er hielt mich noch eine Minute lang fest und blickte mir triumphierend in die Augen. Dann ließ er los und wandte sich ohne ein weiteres Wort zum Gehen. Chatter murmelte ein Lebewohl, und bevor wir noch blinzeln konnten, waren sie fort, und ich schloss die Tür hinter ihnen.
Ich wandte mich zu den anderen um.
»Sagt es nicht. Sagt am besten gar nichts. Grieve und ich … wir sind … was immer sich da gerade zwischen uns entwickelt und ob es euch nun passt oder nicht. Zwischen uns besteht ein Band.«
»Ja, weil du es so haben willst«, sagte Leo mit leicht vorwurfsvollem Unterton. »Aber
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