Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)
Rhiannon saßen wieder mit Kaylin im Wohnzimmer, und alle drei blickten auf, als ich eintrat. Ich sah sie zögernd an.
»Es tut mir leid. Ich …«
»Kaylin hat uns erklärt, was vielleicht passiert ist«, sagte Rhiannon. Sie hielt Der Aufstieg des Indigo-Hofs in den Händen. »Ich hab’s noch weiter durchgesehen. Hör zu:
Wie echte Vampire, so haben auch Vampirfeen ein Gift entwickelt, das durch den Biss verabreicht wird. Doch ihr Gift ist zielgerichtet. Die Mutation ereignete sich, als die ersten vom Dunklen Hof verwandelt wurden. Die sexuelle Macht der Feen floss in das Toxin und legte den Schwerpunkt der Kontrollmöglichkeit fest. Anders ausgedrückt, kann ein Angehöriger des Indigo-Hofs jemanden durch den Biss sexuell versklaven. Bei echten Vampiren bezieht sich die Manipulierbarkeit auf alles – von so simplen Aktionen wie die Herausgabe von Geld bis zu Auftragsmord. Der wichtigste Unterschied neben der sexuellen Komponente ist die Dauerhaftigkeit der Wirkung: Während das Gift der echten Vampire irgendwann nachlässt, sofern es zu keiner gegenseitigen Blutsverbindung gekommen ist, wird Feengift durch häufige Verabreichung verstärkt, so dass es irgendwann zu einer totalen Versklavung der anderen Person kommt. Wie vieler Bisse es bedarf, bis das eintritt, ist allerdings nicht bekannt. «
Sie sah zu mir auf. »Wie oft hat er dich bisher gebissen?«
In meinen Eingeweiden begann es zu brennen. Meine Gefühle konnten doch nicht gänzlich auf eine Droge zurückzuführen sein, oder? Zwischen uns bestand eine Verbindung, dafür gab es Beweise.
Ich zuckte mit den Achseln. »Nur einmal, höchstens zweimal vielleicht.«
»Das darfst du auf keinen Fall mehr zulassen«, sagte Leo.
»Jedenfalls nicht, bis wir nicht genau wissen, auf wessen Seite er steht«, fügte Rhiannon sanfter hinzu. Ich fuhr zu ihr herum, und sie lächelte. Sie verstand mich.
Sie versteht dich besser als die anderen, flüsterte Uleans Stimme hinter mir. Es ist wahr, dass Grieve eine Gefahr darstellt, aber auf andere Weise, als sie denken.
Ich wollte protestieren, entschied mich dann aber, es einfach zu lassen. »Ich passe auf. Und ich sage ihm nichts von meinem Vertrag mit Regina, ohne vorher mit euch gesprochen zu haben.« Ich seufzte tief und wollte gerade in die Küche gehen, um mir etwas zu essen zu machen, als es an der Tür klingelte. »Erwartet ihr jemanden?«
Sie schüttelten ihre Köpfe. Zögernd bewegte ich mich auf die Tür zu. Aber die Indigo-Feen, die uns töten wollten, würden wohl kaum höflich an der Vordertür klingeln.
Ich öffnete, sah aber niemanden. Neugierig öffnete ich auch noch die Drahttür, und da entdeckte ich es. Auf der Veranda stand ein großer Korb, der randvoll mit etwas gefüllt war, was nach teuren Köstlichkeiten aussah.
Misstrauisch stieß ich ihn leicht mit dem Fuß an, aber nichts kroch heraus oder explodierte. Schließlich hob ich ihn auf, schleppte ihn ins Wohnzimmer – das Ding war verflucht schwer – und stellte ihn auf den Couchtisch.
»Da mag uns anscheinend jemand«, sagte ich. »Weihnachten ist zwar erst in ein paar Wochen, aber wir kriegen schon jetzt Geschenke.«
»Von wem ist das?« Rhiannon beugte sich vor.
»Keine Ahnung. Schauen wir mal, ob irgendwo eine Karte zu finden ist. Aber in der Zwischenzeit könnten wir ja vielleicht etwas essen. Ich habe einen Mordshunger.« Behutsam zupfte ich an dem Zellophan, das den Inhalt des Korbs einhüllte. Ich war es nicht gewohnt, Geschenke zu bekommen. Krystals Vorstellung von einer Geburtstags- oder Weihnachtsüberraschung erschöpfte sich in einem Happy Meal oder ein paar fürstlichen Joints.
»Ich mache uns Abendbrot«, sagte Leo. »Sagt mir Bescheid, was da drin ist – und schreit, wenn ihr mich braucht. Rhiannon, du könntest doch schon mal Anadey anrufen.« Und damit verschwand er in Richtung Küche.
Das Zellophanpapier wurde von einer großen, dunkelroten Schleife zusammengehalten. Vorsichtig band ich sie auf, schob das Papier zur Seite und holte Packung um Packung teurer Schokolode und Kekse, importierten Käse und Süßigkeiten heraus, alles noch in die Originalverpackung eingeschweißt. Endlich stieß ich auf einen blutroten Umschlag. Stumm erbrach ich das Siegel, das aus goldenem Wachs mit blutroten Spänen bestand.
Du weißt, von wem das Geschenk kommt. Ulean war direkt hinter mir, und ich spürte den sanften Hauch ihres Atems an meinem Ohr. Das Gefühl war vollkommen anders als das, welches Grieve verursachte.
O ja,
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