Das Echo aller Furcht
strategischen Lage durch eine Reduzierung um 50 Prozent illusorisch und rein symbolischer Natur ist. Das war auch die Meinung der Abrüstungsexperten unter Ernie Allen, die ich vor Jahren konsultierte.«
»Unsinn!« fuhr Liz Elliot hitzig auf. »Es geht um die Reduzierung der Hälfte...«
»Dr. Elliot, wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, einmal an den CAMELOT-Simulationen teilzunehmen, verstünden Sie das ein wenig besser.« Ryan wandte sich ab, ehe er ihre Reaktion auf die Zurechtweisung wahrnehmen konnte. Fowler stellte fest, daß sie kurz errötete, und hätte fast über ihre Betretenheit gelächelt, denn sie genoß es überhaupt nicht, vor ihrem Freund kritisiert zu werden. Fowler wandte sich wieder Ryan zu und war sicher, von Elizabeth zu diesem Thema noch einiges zu hören zu bekommen.
»Nun wird es sehr technisch und kompliziert«, fuhr Ryan fort. »Wenn Sie mir nicht glauben, fragen Sie Minister Bunker oder General Fremont vom Strategischen Luftkommando. Der entscheidende Faktor ist die Mischung der Trägersysteme, nicht ihre Anzahl. Behalten die Sowjets diese SS-18-Regimenter, kommen wir an einen Punkt, an dem sie einen eindeutigen Vorteil haben. Die Auswirkung auf das Abkommen geht an die Substanz und betrifft nicht nur Zahlen. Aber das ist noch nicht alles.«
»Gut, weiter«, sagte der Präsident.
»Dieser Meldung nach scheint eine geheime Absprache zwischen Militär und KGB zu existieren. Wie Sie wissen, hat das sowjetische Militär zwar die Verfügungsgewalt über die strategischen Abschußsysteme, aber die Sprengköpfe kontrollierte schon immer der KGB. Kadischow ist der Ansicht, daß diese beiden Gruppen sich etwas zu nahegekommen sind und daß die sichere Verwahrung der Gefechtsköpfe nicht mehr gewährleistet sein könnte.«
»Was bedeutet...?«
»Was bedeutet, daß eine Anzahl von taktischen Sprengköpfen zurückgehalten wird.«
»Atomwaffen, die einfach verlorengegangen sind?«
»Ja, kleine. Er hält das für möglich.«
»Mit anderen Worten«, faßte Fowler zusammen, »das sowjetische Militär erpreßt unter Umständen Narmonow und hält ein paar kleine Atomwaffen als Trumpfkarte zurück?«
Nicht übel, Mr. President, dachte Ryan und sagte: »Korrekt, Sir.«
Fowler dachte eine halbe Minute lang nach und starrte ins Leere. »Wie zuverlässig ist dieser Kadischow?« fragte er dann.
»Mr. President, er arbeitet seit fünf Jahren für uns, lieferte wertvolle Informationen und führte uns unseres Wissens nach nie in die Irre.«
»Besteht die Möglichkeit, daß er umgedreht wurde?« fragte Liz Elliot.
»Denkbar, aber nicht wahrscheinlich. Für solche Möglichkeiten sind wir gerüstet. Abgesprochene Codesätze warnen uns vor Problemen. Bisher und auch in diesem Fall waren die Berichte immer von positiven Chiffren begleitet.«
»Ließe sich diese Meldung aus anderen Quellen bestätigen?« fragte die Sicherheitsberaterin.
»Eine Bestätigung liegt leider nicht vor«, antwortete Ryan.
»Sie kommen also mit einer unbestätigten Sache zu uns?« fragte Liz Elliot.
»Richtig«, gestand Ryan ein und wußte nicht, wie müde er aussah. »Aber ich fand, daß die Wichtigkeit und Stellung dieses Agenten das rechtfertigten.«
»Was können Sie tun, um seine Behauptungen zu erhärten?« fragte Fowler.
»Wir können diskrete Nachforschungen über unser eigenes Agentennetz anstellen und mit Ihrer Genehmigung diskret an ausländische Nachrichtendienste herantreten. Die Briten haben einen Mann im Kreml, der erstklassiges Material liefert. Ich kenne Sir Basil Charleston persönlich und könnte ihn ansprechen, müßte ihn aber als Gegenleistung in etwas einweihen, das nur wir wissen. Auf dieser Ebene gilt nur das Quidproquo. Und auf so etwas lassen wir uns nie ohne die Erlaubnis des Regierungschefs ein.«
»Das verstehe ich. Gut, lassen Sie mich einen Tag darüber nachdenken. Ist Marcus informiert?«
»Nein, Mr. President, der Direktor hat die Grippe. Ich wäre nicht zu Ihnen gekommen, ohne ihn zu konsultieren, war aber der Meinung, daß Sie rasch über den Fall informiert werden mußten.«
»Früher haben Sie behauptet, das sowjetische Militär sei politisch zuverlässig«, warf Liz Elliot ein.
»Richtig, Dr. Elliot. Vorgänge, wie sie Kadischow beschreibt, sind ohne Präzedenzfall. In der Vergangenheit waren unsere Befürchtungen über politische Ambitionen beim sowjetischen Militär ebenso grundlos wie permanent. Die Möglichkeit einer De-facto-Allianz zwischen Militär und KGB ist höchst
Weitere Kostenlose Bücher