Das Echo der Traeume
Suñer, Innenminister und Generalsekretär der Falange. Den Achsenminister nennen wir ihn.«
» Francos Schwager?«, fragte ich überrascht.
» Genau der. Sie verheimlichen ihre Beziehung auch gar nicht, besonders die Marquesa nicht, die vielmehr in aller Öffentlichkeit und ohne jede Rücksicht damit angibt, dass sie mit dem zweitmächtigsten Mann in Spanien eine Affäre hat. Sie ist eine ebenso elegante wie hochmütige Frau und sehr charakterstark, seien Sie also vorsichtig. Trotzdem wäre jede vertrauliche Information, die Sie über die Marquesa zu den Unternehmungen und Kontakten von Serrano Suñer erlangen können, für uns von unschätzbarem Wert.«
Ich ließ mir nicht anmerken, wie sehr mich sein Kommentar überraschte. Serrano Suñer war ein Gentleman, das hatte er mir doch selbst bewiesen, als er bei seinem Besuch in Tetuán meine Puderdose aufhob, die ich zu seinen Füßen hatte fallen lassen, aber er war mir damals auch zurückhaltend und diskret erschienen. Als Protagonist einer skandalösen außerehelichen Beziehung mit einer atemberaubend schönen Dame aus dem spanischen Hochadel konnte ich ihn mir nur schwer vorstellen.
» Bleibt noch ein letzter Hefter mit Informationen über verschiedene Personen«, fuhr Hillgarth fort. » Nach den uns vorliegenden Informationen ist die Wahrscheinlichkeit eher gering, dass die Gattinnen der hier namentlich Genannten ein Atelier für elegante Mode aufsuchen müssten, sobald es eröffnet hat, aber für den Fall der Fälle sollten Sie sich dennoch ihre Namen einprägen. Und vor allem die Namen ihrer Ehemänner, denn sie sind unsere eigentlichen Zielobjekte. Vermutlich werden diese Namen auch in den Gesprächen anderer Kundinnen fallen, spitzen Sie also die Ohren. Ich beginne, werde allerdings zügig vorangehen, Sie können sich die Unterlagen ja noch in aller Ruhe durchlesen. Paul Winzer, der › starke Mann‹ der Gestapo in Madrid. Sehr gefährlich, sogar viele seiner Landsleute fürchten und hassen ihn. Er ist der Handlanger Himmlers in Spanien, des Chefs der deutschen Geheimdienste. Er ist erst Ende dreißig, aber schon ein alter Hase. Runde Brille, leerer Blick. Verfügt über Dutzende Mitarbeiter in ganz Madrid, also Vorsicht. Der Nächste: Walter Junghanns, einer unserer besonderen Problemfälle. Er führt die größten Sabotageakte aus. Ziel sind Schiffsladungen von spanischem Obst Richtung Großbritannien. Durch von ihm gelegte Bomben sind bereits mehrere Arbeiter ums Leben gekommen. Dann: Karl Ernst von Merck, ein hochrangiger Gestapo-Mann mit großem Einfluss in der NSDAP . Und schließlich: Johannes Franz Bernhardt, Unternehmer.«
» Den kenne ich.«
» Pardon?«
» Ich kenne ihn aus Tetuán.«
» Wie gut kennen Sie ihn?«, fragte Hillgarth langsam.
» Nicht gut, eigentlich kaum. Persönlich gesprochen mit ihm habe ich nie, aber wir sind uns bei irgendeinem Empfang über den Weg gelaufen, als Beigbeder Hochkommissar war.«
» Kennt er denn Sie? Könnte er Sie an einem öffentlichen Ort wiedererkennen?«
» Das bezweifle ich. Wir haben nie ein Wort miteinander gewechselt, und ich glaube nicht, dass er sich an diese Begegnung erinnert.«
» Woher wollen Sie das wissen?«
» Nun ja, wir Frauen spüren es sehr genau, ob ein Mann uns mit Interesse anschaut oder so, als wären wir ein Möbelstück.«
Er schwieg eine Weile, als würde er über meinen Kommentar nachdenken.
» Weibliche Intuition, nehme ich mal an, nicht wahr?«, bemerkte er schließlich mit skeptischem Unterton.
» So ist es.«
» Und seine Frau?«
» Ich habe einmal ein Kostüm für sie genäht. Sie haben recht, zu den eleganten Damen von Welt würde sie nicht passen. Ihr macht es sicher nicht das Geringste aus, die Kleider der letzten Saison weiterzutragen.«
» Glauben Sie, sie würde sich an Sie erinnern, Sie wiedererkennen, wenn Sie beide sich irgendwo zufällig begegneten?«
» Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht, aber ich kann es Ihnen nicht garantieren. Und wenn, dann wäre es auch nicht weiter problematisch. Mein Leben in Tetuán steht in keinem Widerspruch zu dem, was ich ab jetzt machen werde.«
» Seien Sie sich mal nicht so sicher. Dort waren Sie mit Señora Fox befreundet, und damit bestand auch eine gewisse Nähe zu Oberst Beigbeder. Von alledem darf in Madrid kein Mensch etwas wissen.«
» Aber bei öffentlichen Anlässen habe ich kaum ein Wort mit ihnen gewechselt, und von unseren privaten Treffen dürften Bernhardt und seine Frau nichts wissen. Machen Sie
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