Das Echo dunkler Tage
davor. Wir haben immer gevögelt, wenn wir uns gesehen haben. Wie gesagt, sie fuhr total auf mich ab.«
Amaia stand auf und winkte den Wärter herbei.
»Eins noch. Wie war ihre Scham?«
»Scham? Meinen Sie ihre Muschi?«
»Ja, genau«, bestätigte Amaia ungerührt. »Wie war die?«
»Rasiert, bis auf ein paar Resthärchen direkt drüber«, sagte er grinsend.
»Warum hat sie sich rasiert?«
»Wir mochten halt Spielchen, ich zum Beispiel stand total auf …«
Als Amaia und Etxaide zur Tür gingen, stand Miguel Angel auf.
»Inspectora Salazar.«
Der Wärter gab ihm zu verstehen, dass er sich wieder setzen sollte. Amaia drehte sich um.
»Warum jetzt doch und vorher nicht?«
Amaia sah Etxaide an, bevor sie antwortete. Sie überlegte, ob dieser Gockel eine Erklärung verdient hatte. Hatte er, entschied sie.
»Weil ein weiteres Mädchen tot aufgefunden wurde und die Umstände sich gleichen.«
»Da sehen Sie’s! Wann komme ich hier raus?«
Amaia wandte sich wieder Richtung Ausgang.
»Du hörst von uns.«
4
A maia sah aus dem Fenster. Sie hatte die Hände auf die Scheibe gelegt, die mit den mikroskopisch kleinen Tröpfchen ihres Atems besprenkelt war. Hinter ihr begann sich der Saal zu füllen, wurden Stühle gerückt, schwoll Gemurmel an. Es war kalt. Im Februar war Pamplona eine graue, feuchte Stadt, in der sich das letzte Tageslicht schnell verflüchtigte. Eine Sehnsucht nach Sommer erfüllte Amaia, aber der Sommer schien so fern, als gehörte er einer anderen Welt an, einem Universum aus Licht und Wärme, in dem tote, ins eisige Flussbett geworfene Mädchen nicht vorkamen. Jonan Etxaide trat neben sie und reichte ihr einen Milchkaffee. Sie bedankte sich mit einem Lächeln und umklammerte die Tasse, damit sich die Wärme besser auf ihre starren Finger übertrug. Dann setzte sie sich. Montes schloss die Tür, das allgemeine Gemurmel erlosch.
»Was haben Sie rausgefunden, Fermín?«, fragte sie Montes.
»Ich war in Elizondo und habe sowohl mit den Eltern der beiden Mädchen als auch mit dem Schäfer gesprochen, der Carla Huartes Leiche gefunden hat. Von den Eltern habe ich nicht viel erfahren. Die von Carla haben mir erzählt, sie hätten die Freunde ihrer Tochter nicht leiden können, weil sie ständig ausgegangen seien und viel getrunken hätten. Sie sind felsenfest davon überzeugt, dass dieser Miguel Angel sie umgebracht hat. Etwas haben sie noch erzählt: Carla verschwand an Silvester, die Eltern meldeten sie aber erst am vierten Januar als vermisst. Carla war am ersten Januar achtzehn geworden, und sie hatten angeblich gedacht, sie wolle, wie mehrfach angedroht, von zu Hause ausziehen. Erst als sie bei Carlas Freundinnen anriefen, sei ihnen klar geworden, dass sie verschwunden war.
Die Eltern von Ainhoa Elizasu stehen unter Schock. Sie halten sich gerade hier in Pamplona auf und warten auf die Freigabe der Leiche. Ainhoa sei ein wunderbares Mädchen gewesen, es sei ihnen unbegreiflich, wie jemand ihr so etwas antun konnte. Der Bruder war ebenfalls keine große Hilfe, er macht sich schwere Vorwürfe, weil er nicht sofort Bescheid gegeben hat. Ainhoas Freundinnen haben ausgesagt, dass sie erst durchs Dorf gezogen sind und dann bei einer von ihnen zu Hause waren. Ainhoa ist irgendwann aufgefallen, wie spät es schon war. Sie ist Hals über Kopf aufgebrochen, aber weil die Bushaltestelle gleich um die Ecke lag, hat keiner sie begleitet. Niemand hat etwas Verdächtiges gesehen, es gab keinen Streit, und Ainhoa hatte noch keinen Freund und war sowieso noch nicht an Jungs interessiert.
Aufschlussreicher war da schon das Gespräch mit dem Schäfer. José Miguel Arakama heißt der Mann, ist ein ganz schön schräger Typ. Zunächst hatte er seiner ursprünglichen Aussage nichts hinzuzufügen, aber dann ist ihm doch noch ein merkwürdiges Detail eingefallen. Damals hat er der Sache keine Bedeutung beigemessen, weil sie nicht mit dem Fund der Leiche in Zusammenhang zu stehen schien.«
»Jetzt rücken Sie schon raus damit«, drängte Amaia ungeduldig.
»Wie wir bereits wissen, ist diese Gegend ein beliebter Pärchentreff. Eine regelrechte Müllhalde sei das, meinte der Schäfer, überall lägen Zigarettenkippen und benutzte Kondome herum, sogar Slips und BHs. Besonders aufgefallen ist ihm aber eine Paar Schuhe: rot, hochhackig, nagelneu.«
»Passt exakt zu der Beschreibung von denen, die Carla Huarte an Silvester trug und die nie gefunden wurden«, bemerkte Iriarte.
»Und das ist noch nicht alles. Der
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