Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling
Piroggenkrümel auf meinem Teller zusammen.
Nach dem Frühstück verließ ich das Haus, ohne auf Melifaro zu warten. Ich streifte in der Gegend herum, bis ich wieder hungrig war, wälzte mich im Gras, schnupperte an allen Blumen, stopfte mir die Taschen meines Mantels mit kleinen Steinen voll und beobachtete wie verzaubert die Wolken. Das war einer der schönsten Tage meines Lebens. Am Abend hatte ich das Glück, Melifaros Mutter zu treffen. Ihre monumentale Silhouette brachte Licht in das Geheimnis der Herkunft des großen Bachba. Dabei war sie so hübsch, dass mir der Atem stockte. Sie schien eine Statue und kein Mensch zu sein - eine erstaunlich lebendige Statue allerdings.
Der nächste Morgen begann mit der schnellsten A- Mobil-Reise, die je in Echo stattgefunden hat. Ich musste den schlafenden Melifaro im Haus an der Brücke abliefern. Unsere rasche Fahrt bereitete ihm allerdings kein Vergnügen, da er die ganze Zeit träumend auf dem Rücksitz schlief. Als wir angekommen waren, kostete es mich viel Kraft, das Tagesantlitz des Ehrwürdigen Leiters dazu zu bewegen, seine Tätigkeit im Büro fortzusetzen. Als meine Bemühungen endlich Erfolg hatten, ging ich nach Hause. Dort nutzte ich die Vorzüge meiner nächtlichen Arbeitszeit und kroch wieder unter die Bettdecke - diesmal aber in Gesellschaft von Armstrong und Ella.
Bei Sonnenuntergang erschien ich im Haus an der Brücke und war angenehm überrascht. Lady Melamori war schon zurückgekehrt. Ihre Stimmung hatte sich deutlich gebessert, und sie schien für neue Abenteuer gerüstet.
»Das trifft sich ja gut«, sagte ich von der Türschwelle her. »Sie schulden mir noch einen Spaziergang, Gnädigste. Daran erinnern Sie sich doch bestimmt?«
»Aber natürlich. Wollen wir jetzt gehen? Sir Juffin wird Ihnen das sicher erlauben.«
»Na klar«, hörte ich die dunkle Stimme meines Chefs hinter der halb geöffneten Tür. »Ich muss sowieso bis spät in der Nacht hierbleiben.«
»Was ist passiert?«
»Nichts - nur der Jahresbericht für den König. In zwölf Tagen endet das Jahr. Hast du das schon vergessen? Und was so einen Bericht angeht, bist du mir keine große Hilfe. Leider! Also genieß das Leben - aber nur bis Mitternacht.«
Ich pfiff vorsichtig durch die Zähne. Bis dahin blieben uns nach meiner Uhr fünf Stunden. In letzter Zeit lief bei mir wirklich alles bestens! Das ließ mich umso erwartungsvoller in die Zukunft schauen.
»Ich habe nur eine Bedingung«, sagte Lady Melamori und blieb auf der Türschwelle stehen. »Kein A-Mobil, bitte. Man hört die schrecklichsten Dinge über Ihren Fahrstil.«
»Na schön«, meinte ich. »Dann gehen wir eben zu Fuß und bleiben auf belebten Straßen. Wenn der Mond aufgeht und ich mich langsam in einen Vampir verwandle, können Sie dann immer noch um Hilfe schreien. Im Übrigen könnten Sie sich an Melifaro ein Beispiel nehmen und mich duzen. Mit uns Vampiren sollte man nicht zu viele Umstände machen.«
Melamori lächelte verlegen. »Ich kann Sie nicht gleich duzen - so bin ich nicht erzogen.«
»Dafür kann ich das. Noch zehn Minuten und ich werde frech - einverstanden?«
»Natürlich, Max. Sie denken bestimmt, ich bin eine dumme Kuh, aber ... Na ja, der Vorschlag, auf belebten Straßen zu bleiben, ist sehr gut. Für den Anfang jedenfalls.«
»Für den Anfang? Klingt verheißungsvoll! Avanti, Gnädigste!«
Wir spazierten gemächlich durchs Zentrum von Echo. Ich wurde den Eindruck nicht los, dass in der Idylle etwas fehlte. Dann begriff ich: Lady Melamori hatte keinen Geldbeutel dabei, den ich hätte tragen können. Später aßen wir Eis in einem hübschen kleinen Cafe auf dem Platz der Siege von König Gurig VII. Nicht alles passte also zur Atmosphäre meiner wiedergekehrten Jugend. Ich kam mir zwölf Jahre jünger vor, und Lady Melamori fühlte sich allem Anschein nach höchstens neunzig. Auch unser Gespräch war seltsam unschuldig - jedenfalls, bis ich mich entschied, das Thema zu wechseln.
»Melamori, was ich Sie schon lange fragen wollte ...«
»Lieber nicht, Max. Höchstwahrscheinlich weiß ich, was Sie ... was du fragen willst.«
»Wirklich? Ich wette eine Krone, dass du es nicht errätst.«
»Ich soll das nicht erraten können! ?«, rief sie frappiert.
Ich hatte offenbar einen Nerv getroffen, denn sie reagierte so leidenschaftlich wie Stammgäste beim Pferderennen.
»Du wolltest fragen, warum ich Angst vor dir habe«, verkündete sie. »Und jetzt gib mir die Krone.« Ihr Gesicht hellte sich nach
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