Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling
hünenhafter junger Mann stampfte mit den Füßen auf den Boden, stützte sich dabei auf der Tischplatte ab und jammerte nach Leibeskräften: »Vater, warum?«
»Weil es so besser ist«, antwortete sein Gesprächspartner mit der Stimme eines Menschen, der viel gelitten hat. Es handelte sich um einen nicht besonders großen, elegant gekleideten Mann, dessen rotes Haar zu einem fantastischen Zopf geflochten war, der - das schwöre ich! - bis auf den Boden reichte. Nach einer Schrecksekunde war mir klar, dass Sir Manga Melifaro vor mir stand, der Verfasser der von mir so geliebten Enzyklopädie.
»Guten Tag, meine Herrschaften.«
Vor Zufriedenheit strahlend kam ich ins Zimmer, was ziemlich seltsam war, da ich Leuten gegenüber, die ich gerade erst kennenlerne, normalerweise sehr vorsichtig bin.
»Guten Tag, Sir Max. Begrüß unseren Gast, Bachba.«
»Guten Tag, Sir Max«, wiederholte der betrübte Riese brav.
»Und jetzt geh endlich zum Händler, mein Junge! Aber pass auf: Wir brauchen nur sechs Pferde. Sechs, also kein Dutzend! Wenn es nach mir ginge, bräuchten wir kein Einziges. Nur weil du so darum bettelst... Aber kein Dutzend! Verstanden?«
»Natürlich, Vater. Auf Wiedersehen, Sir Max. Sie haben mir Glück gebracht«, sagte der Riese und verließ sichtlich erfreut das Wohnzimmer.
»Das war mein Ältester«, stellte Sir Manga deutlich verwundert fest. »Ein Kind jugendlicher Leidenschaft, wie man so sagt. Es ist mir noch immer ein Rätsel, wie das passieren konnte.«
»Sie sind wirklich ein leidenschaftlicher Mensch, Sir Manga«, sagte ich lächelnd und goss mir eine Tasse Kamra ein, die noch besser schmeckte als im Fressfass - Ehrenwort!
»Kaum zu glauben, doch außer ihm und Melifaro habe ich noch einen Sohn, um mein Vaterherz zu ruinieren: Andschifa, den mittleren der drei. Er ist - ich schäme mich, es zu sagen - Pirat, und zwar einer der Schlimmsten, wenn man den Gerüchten im Hafen glauben kann. Und das, obwohl er ebenso unansehnlich ist wie ich.«
»Seemann zu sein, ist prima«, meinte ich. »Reisen macht Spaß. Man soll nicht immer hinterm Ofen hocken - davon wird man nur dick.«
»Sie passen wirklich gut zu meinem Jüngsten«, sagte Sir Manga und lächelte. »Sie haben eine genauso scharfe Zunge wie er.«
»Obendrein hat er nur den Nachnamen, ich nur den Vornamen. Aus uns beiden ließe sich ein vollständiger Bürger machen.«
»Stimmt. Sind Sie wirklich an der Grenze zwischen der Grafschaft Wuk und den Leeren Ländern geboren? Einen wie Sie hab ich dort noch nie getroffen.«
»Ich auch nicht!«, gab ich zurück und zuckte kaltblütig die Achseln. »Ich bin ein echtes Original.«
»Allerdings. Sir Max, ich muss Sie um Verzeihung bitten ...«
»Sündige Magister - wofür!?«
»Während Melifaro schläft, vertraue ich Ihnen ein Geheimnis an. Vor einiger Zeit hat er mich nach Sitten und Gebräuchen Ihrer Landsleute gefragt. Jetzt begreife ich, warum.«
»Wollte er etwas über die Riten der Freundschaft erfahren?«
»Genau. Hat Melifaro schon etwas Schrilles getan?«
»Er nicht, aber ein anderer.«
»Wissen Sie, Sir Max, ich bin ein eitler Mensch. Und wenn ich etwas nicht weiß ... Na ja, ich konnte mich doch nicht vor meinem Jüngsten blamieren. Also hab ich mir aus den Fingern gesogen, dass man in Ihrer Heimat um Mitternacht merkwürdige Lieder auf der Straße singen muss.«
»Er hat sie allerdings um zwölf Uhr mittags gesungen. Nachts bin ich im Dienst und hätte von dem Konzert nichts mitbekommen. Aber wir haben schon alles geklärt. Er hat mir versprochen, sich auf die Musik zu beschränken, die aus seinem makellosen Herzen kommt.«
»Dank sei den Magistern! Weil ich ein wenig übertrieben habe, habe ich auch behauptet ...«
»... man putze sich am letzten Tag des Jahres gegenseitig das Bad? Das hat mich am meisten erschüttert.«
»Was reden Sie denn da, Sir Max! So was hätte ich nie gesagt. Ich weiß ja, wie das Leben - was das angeht - in den Leeren Ländern aussieht. Dort gibt es doch gar keine Badezimmer.«
»Dann hat er sich das selbst ausgedacht und einen eigenen Beitrag zu Ihrer Erfindung beigesteuert.«
»Aber verraten Sie mich bitte nicht, Sir Max. Das passt doch alles sehr gut zusammen«, sagte Sir Manga, nachdem er herzlich gelacht hatte.
»Soll ich Sie diesem Raubtier ausliefern? Das würde ich nie tun«, erklärte ich und verbeugte mich vor ihm. »Vorausgesetzt allerdings, dass Sie mir das Rezept dieser Köstlichkeit verraten«, ergänzte ich und schob
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