Das Echo Labyrinth 05 - Einfache Zauberdinge
zum Tor zwischen den Welten gereist war, um den verlorengegangenen Teil meiner Seele zurückzuerobern und mich dadurch aus der Gefangenschaft zu befreien. Seitdem weiß ich, wie das echte Leben riecht.«
Juffin legte sich auf den Rücken, streckte die Beine aus,
verschränkte die Hände hinterm Kopf, seufzte ein wenig und fuhr fort: »Damals schob ich Wache im Haus am Weg und saß gerade meine zweite oder dritte Nachtschicht ab. Ich war am Schreibtisch eingeschlafen, schrak aber plötzlich hoch, als eine Böe das Fenster aufstieß. Plötzlich bemerkte ich die Schönheit des Regens und den Duft des Schotbaums, dessen herrlicher Geruch der Pracht eines lilafarbenen Sonnenaufgangs gleicht. Ich spazierte durch die Stadt, überquerte alle Brücken - und du weißt, Max, wie viele es davon in Kettari gibt -, kehrte in einem Wirtshaus ein und staunte darüber, wie intensiv ich alles wahrnahm. Ich betastete die Dinge, um mich von ihrer Echtheit zu überzeugen und mich so meiner Existenz zu versichern. In dieser Nacht wurde auch ich endlich echt und wäre beinahe verrückt geworden - so sehr bestürmten mich die Eindrücke von allen Seiten. Bis heute begeistert mich das Dasein, und ich erfreue mich an jedem Zeichen des Lebens, denn zu genau erinnere ich mich der Zeit, da ich nicht wirklich lebte und noch nicht alles spürte. Dann sammelte ich mich und ging wieder zum Dienst, und Machi beschimpfte mich drei Stunden lang, weil ich meinen Arbeitsplatz drei Stunden unentschuldigt verlassen hatte. Heute weiß ich, dass er mich vor mir selbst geschützt hat, aber ich bin mir nicht sicher, ob er das effektivste Mittel dafür wählte.«
Juffin lächelte so verträumt, als sei die Standpauke, die ihm der Sheriff von Kettari gehalten hatte, das angenehmste Ereignis seines Lebens gewesen, und vielleicht war es ja so.
»Und jetzt haben Sie Ihre Schuld beglichen?«, fragte ich.
»Das hast du gut erkannt«, meinte Juffin erfreut. »Besser lässt es sich nicht sagen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich mich freue, dass diese armen Menschen wieder eine intakte Seele haben. Vielleicht wird manch einer von ihnen sogar verrückt, weil er das Leben wieder intensiv wahrnimmt.«
»Das kann ich gut verstehen«, sagte ich wehmütig. »Auch ich hatte mich auf der Spur des Doperst verloren und musste mich mühsam und Schritt für Schritt wiederfinden.«
»Ja«, sagte Juffin nickend, »die Geschichten darüber, wie man zu sich zurückfindet, unterscheiden sich nur im Detail. Doch du weißt, wovon ich rede«, setzte er hinzu, wandte sich an Gugimagon und legte ihm die Hand auf den Kopf. »Hoffentlich hast du unserem Gespräch aufmerksam zugehört. Diese Geschichte hätte ich meinem Kollegen auch später erzählen können, aber jetzt weißt du, was du anderen angetan hast.«
Gugimagon reagierte nicht auf die Worte meines Chefs. Ich wusste nicht einmal, ob er sie gehört hatte. Juffin schüttelte den Kopf und wandte sich an mich. »Schön, dieses Abenteuer geht nun zu Ende, und wir reisen zurück nach Hause.«
»Dazu müssen Sie mich aber aus diesem Grab befreien.«
»Mach die Augen zu und entspann dich. Das erleichtert es mir, die Tür zu öffnen, und schont deine Nerven.«
Ich tat, wie mir geheißen, doch trotz der geschlossenen Lider sah ich ein Rechteck. Bestimmt öffnete Juffin gerade die Tür zum Tor zwischen den Welten.
Ich landete in der kühlen Leere des Tores zwischen den Welten. Kurz darauf aber sah ich einen leuchtenden Punkt.
Das musste die Tür sein, die in mein Schlafzimmer in der Straße der alten Münzen führte.
»Max, versuch bitte, ein wenig länger hierzubleiben.«
Diese Worte kamen zweifellos von Sir Juffin, der mich per Stummer Rede angesprochen hatte. Ich staunte nicht schlecht, denn ich wusste, dass diese Art der Verständigung im Tor zwischen den Welten eigentlich nicht funktioniert. Ich wollte antworten, doch es klappte nicht.
»Du brauchst nicht zu antworten. Außerdem weißt du gar nicht, wie das geht«, beruhigte mich mein Chef. »Bleib so lange hier, bis du mich sehen kannst. Sollte dir das nicht gelingen, ist es auch nicht schlimm. Ich möchte nur nicht, dass du mitbekommst, wie man im Tor zwischen den Welten stirbt. Das zeige ich dir ein andermal.«
Ich wusste nicht, wie ich meinen Aufenthalt im Tor verlängern sollte. Die Tür nach Echo öffnete sich schon, um mich in mein Schlafzimmer zu entlassen, denn die Welten erlauben es den Reisenden eigentlich nicht, im Tor zwischen ihnen zu
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