Das einzig wahre Handbuch für Agenten. Tricks und Täuschungsmanöver aus den Geheimarchiven der CIA
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Die sowjetischen Geheimdienste hatten in den 50er Jahren weniger Probleme damit, wenn jemand zu Tode kam, sei es durch einen »Unfall« oder durch Mord. Wie sein Vorgänger Josef Stalin erhob auch Nildta Chruschtschow die »Spezialeinsätze« zu seiner Lieblingsmethode im Umgang mit den führenden Köpfen antisowjetischer Emigrantengruppen. 14 Die erste Zielperson in der post-stalinistischen Ära, der ukrainische Nationalist Georgij Okolowitsch, kam mit dem Leben davon, als sein designierter Mörder, der KGB-Offizier Nikolaj Khokhlov, den Plan an das Opfer verriet und zur CIA überlief. Am 20. April 1954 gab Khokhlov eine dramatische Pressekonferenz, auf der er sowohl das Mordkomplott enthüllte als auch seine exotische Waffe vorzeigte. 15 Das Gerät, mit dem er Okolowitsch hätte hinrichten sollen, war eine elektrische Schusswaffe mitsamt Schalldämpfer, die mit Zyankali präparierte Kugeln aus einer Zigarettenschachtel schoss. 16
Diesem vereitelten Anschlag folgte wenig später die tatsächliche Ermordung der ukrainischen Anführer Lev Rebet 1957
und Stephen Bandera 1959. Beide wurden vom KGB-Killer Bogdan Stashinsky getötet, der 1961 überlief und enthüllte, dass er seine Zyanidgaswaffe in eine Zeitung gehüllt und in einem Kanal in der Nähe von Banderas Haus in München entsorgt hatte. 17 Eine Analyse der Zigarettenschachtelwaffe des KGB und der Zyanidwaffe von Stashinsky (die man aus dem Kanal geborgen hatte) befeuerte die Bemühungen der Amerikaner, Vergleichbares für ihr Land zu entwickeln. 18
Von Anfang an erforschten die Wissenschaftler der CIA im Rahmen des MKULTRA-Projekts tödliche chemische und biologische Substanzen, daneben aber auch »Wahrheitsseren« und Halluzinogene, womit sie die Studien fortsetzten, die das Office of Strategie Services im Zweiten Weltkrieg begonnen hatte. In einem gemeinsamen Projekt mit dem Codenamen MKNAOMI arbeiteten TSS und SOD gemeinsam an der Ent-
Eine Zahnpastatube, in der der CIA-STINGER verborgen war, eine kleine Waffe, aus der man einen Schuss mit ,22er-Kaliber abgeben konnte
Wicklung ausgeklügelter Waffen und exotischer Gifte. Eine Handfeuerwaffe, genannt »der nicht erkennbare Bioinokulator«, ähnelte einem .45er-Colt. Damit konnte man einen mit Gift präparierten Pfeil bis zu 75 Meter weit schießen, und zwar geräuschlos und akkurat. Der Pfeil war so ldein - nur unwesentlich dicker als ein menschliches Haar -, dass er kaum gefunden werden würde und auch keine Spuren hinterließ, die bei einer Autopsie ins Auge gefallen wären. 19 Solche Waffen, aus denen man Pfeile feuern konnte, wurden auch in Füller, Spazierstöcke und Regenschirme eingebaut. 20
Des Weiteren studierte man diverse exotische Gifte, darunter Saxitoxine aus Muscheln, Kobragift, Botulin und Krokodilgalle. 21 Im Rahmen des MKULTRA-Programms konnte die CIA acht verschiedene tödliche Gifte zusammentragen sowie weitere 27 Substanzen, die einen Gegner vorübergehend außer Gefecht setzen konnten. Sie sollten entweder bei Spezialaufträgen zum Einsatz kommen oder einfach zur eventuellen zukünftigen Benutzung gelagert werden. 22 Einmal z. B. präparierte man eine Zahnpastatube mit Gift, die man dem Präsidenten des Kongo, Patrice Lumumba, 1960 in den Kulturbeutel legte. Doch der Leiter der CIA-Niederlassung in Leopoldville, Larry Devlin, lehnte den Plan ab und warf die Tube in den nächsten Fluss. 23 Ungefähr zur gleichen Zeit tränkte die CIA ein Taschentuch mit einer Betäubungsflüssigkeit, Brucellosis, die einem irakischen Oberst geschickt werden sollte, 24 doch der Mann wurde erschossen, bevor das Taschentuch bei ihm ankam. 25
Darstellung der Originalgefäße des tödlichen Muschelgifts aus dem. MKULTRA-Programm
Vielleicht einige der kreativsten, fast schon skurrilen CIA-Komplotte, die man sich in den frühen 60er Jahren ausdachte, gehörten zur »Operation Mongoose«, mit der man den kubanischen Führer Fidel Castro in Misskredit bringen oder umbringen wollte, durch Einsatz verschiedener betäubender oder auch tödlicher Substanzen: 26
HALLUZINOGENE SPRAYS UND ZIGARREN: Ein Chemiker schlug vor, LSD in Castros Radiostation in Havanna zu versprühen, um bei ihm Halluzinationen hervorzurufen. 27 Da Castro bekannt dafür war, Zigarren zu rauchen, verfiel man auch auf die Idee, diese mit einer speziellen Chemikalie zu präparieren, die ihn während seiner weitschweifigen, live im Radio übertragenen Reden zeitweise verwirren sollte. 28
VERGIFTETE STIEFEL: Wenn Castro im Ausland
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